STEFFAN, JOHANN GOTTFRIED
* 13.12.1815 WÄDENSWIL, † 16.6.1905 MÜNCHEN
Landschaftsmaler und Lithograf.
Johann Gottfried Steffan stammte aus einer alteingesessenen, wohlhabenden Bauernfamilie in Wädenswil und wuchs als Einzelkind auf. Mit zehn Jahren verlor er seinen Vater. Seine Mutter erzog ihn streng religiös. Wegen seiner schönen Handschrift durfte er mit sechzehn Jahren auf eigenen Wunsch eine Lithografenlehre bei Friedrich Allamand in Wädenswil beginnen; 1833 reiste er auf Empfehlung des Lithografen Gottlieb Bodmer zur weiteren Ausbildung nach München. Dort besuchte er die lithografische Anstalt des königlichen Staatsrats bei Nikolaus Zach. Dieser führte ihn auch in den Kunstverein ein, wo er 1837 als Mitglied aufgenommen wurde.
Neben der Arbeit als Lithograf Zeichenunterricht am Polytechnikum und bald darauf an der Akademie bei Peter von Cornelius, Heinrich Maria Hess, Julius Schnorr von Carolsfeld und Wilhelm von Kaulbach. Unter dem Eindruck von Carl Rottmanns Zyklus italienischer Landschaften in den Arkaden des Hofgartens wandte Steffan sich 1840 endgültig der Malerei zu. Im selben Jahr heiratete er die Tochter seines Stiefvaters, Emilie Hofmann aus Wädenswil, mit der er neun Kinder hatte und zeitlebens in München lebte. Aufbau eines grossen Netzwerks, unter anderem durch die Mitbegründung des Schweizer Vereins, einer wichtigen Anlaufstelle für Schweizer Künstler.
Steffan gehörte zu den arrivierten Künstlern und konnte mit seiner Familie von seinen Bildverkäufen gut leben. Er nahm regelmässig an Ausstellungen des Münchner Kunstvereins und an den schweizerischen Turnusausstellungen teil. 1861 kaufte Ludwig I. ein heute verschollenes Bild Fall der Aare für die Neue Pinakothek an, für die Johann von Halbig 1864 auch eine Büste von Steffan als einzigem Schweizer anfertigte. Im Sommer unternahm Steffan jeweils Studienreisen, meistens in die Schweizer Berge, oft zusammen mit befreundeten Malern wie Rudolf Koller. 1851 wurde er Ehrenmitglied der Zürcher Künstlergesellschaft. 1858 arbeitete Arnold Böcklin längere Zeit in seinem Münchner Atelier. Schüler nahm Steffan nur gelegentlich auf, so zum Beispiel die beiden Schweizer Landschaftsmaler Traugott Schiess und Otto Frölicher. Steffan unterrichtete ab 1870 auch seinen Sohn Arnold. Mit 84 Jahren Aufgabe der Malerei wegen einer altersbedingten Farbsehschwäche; bei seinem Tod sechs Jahre später hinterliess Steffan ein beachtliches Vermögen.
Während beinahe 60 Jahren malte Steffan Landschaften, Gebirgsbilder, reissende Bergbäche und Seen in den Voralpen. In der Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts bildete die Gebirgsdarstellung ein eigenes Genre, das vor allem in der Schweiz, in Deutschland und Frankreich grossen Anklang fand. Unter Cornelius wurde an der Akademie in München diese Gattung nicht unterrichtet und er lehnte die Einrichtung einer entsprechenden Professur ab. Die Landschaftsmalerei wurde dagegen im Münchner Kunstverein, der 1823 gegründet worden war, gefördert und verkauft.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich, wesentlich beeinflusst von Carl Rottmann, die Münchner Schule, die sich durch idyllische Landschaften auszeichnete. Steffan hatte mit seinen Gemälden, die hauptsächlich die Umgebung von München und die verschiedenen Gegenden in den Schweizer Alpen zeigen, schon früh grossen Erfolg. Seine Bilder wurden von privaten Käufern in Wien, London oder Prag, von wohlhabenden Bürgern und vom Hochadel, aber auch von Museen erworben. Reisen im Sommer führten ihn wiederholt ins Glarnerland, am liebsten ins Klöntal, aber auch an den Walensee, ins Berner Oberland oder an den Genfersee.
Überall sammelte er Motive in Skizzen, aus denen er in den Wintermonaten im Atelier die grossen Ölbilder komponierte. Daneben entstanden hunderte von Ölskizzen, die er jedoch später nicht weiter bearbeitete und die auch nicht für den Verkauf bestimmt waren. Möglicherweise dienten sie aber als eine Art Musterkataloge für Auftragsarbeiten, denn Steffan malte seine Landschaften oft auf Bestellung. Die verschiedenen Repliken, die er ab den 1870er-Jahren schuf, stützen diese Vermutung. Mit Staffagefiguren versehen, wie es zu jener Zeit beliebt war, sind Steffans Gemälde Ausdruck eines idealisierten Landschaftsbildes, der Suche nach dem idyllischen Rückzugsgebiet in der sich industrialisierenden Welt.
Immer liegt den Gemälden aber die Naturbeobachtung zugrunde. So kann seine Malerei zwischen der realistischen Freilichtmalerei und der akademischen Atelierkunst angesiedelt werden, steht ambivalent zwischen den Strömungen der Zeit, von denen er sich keiner wirklich zugehörig fühlte. Die immer wieder geäusserte Bezeichnung des «deutschen Calame» lehnte er ab, doch ist auch in seinem Werk hin und wieder der Einfluss der französischen Schule von Barbizon mit der Suche nach dem Paysage intime zu sehen. Auf der anderen Seite steht die von Rottmann geprägte, spätromantische Münchner Landschaftsmalerei.
Johann Gottfried Steffan befand sich stets auf der Suche nach der von moderner Technik unberührten Natur, wie sein Sohn Rudolf beschrieb: «… das Überwältigende, das Beharrende, das Ernste der Bergwelt war ihm etwas innerlich Verwandtes». Obwohl der Maler den Tourismus verabscheute, trug er mit seinen Gemälden zu dessen Förderung bei. Sie wurden in verschiedenen Zeitschriften wie «Die Gartenlaube», «Über Land und Meer», «Kunst für Alle» oder «Die Schweiz» abgebildet und so weit verbreitet. Sie lockten vermehrt ein kunstinteressiertes Publikum zu Reisen in die Berge. So bildete sich eine Käuferschaft, die seine Gemälde nicht zuletzt auch als Reiseandenken erwarb.
Der Schriftsteller, Kunstkritiker, Politiker und Zeitgenosse Steffans, Gottfried Keller, lobte in einem Aufsatz im Kunstblatt Steffans Malerei, die in der Schweizerischen Kunstausstellung 1846 in Zürich zu sehen war: «Seine Landschaft, Partie bei der Pontenbrücke (im Kanton Glarus), ist die wichtigste und beste der ausgestellten Landschaften, ja vielleicht das schönste Bild der Ausstellung überhaupt. Welche Sättigung, Kraft und Anmuth in den Farben, welch ruhige Meisterschaft in Anordnung und Beleuchtung, welch ein angenehmer Vortrag!» Der Umgang mit Farbe und Licht ist in Steffans Werk zentral. Neben beinahe monochrom braunen Felsausschnitten sind auch grelle Farben dramatischer Gewitterstimmungen zu finden, bei denen die Sonne durch bedrohlich aufgetürmte Wolken einzelne Graspartien, einen Gletscher oder Wasserfall beleuchten. In Steffans Werk ist kaum eine Entwicklung festzustellen, am ehesten könnte man eine verstärkte Hinwendung von See- zu Gebirgslandschaften sehen. Er blieb jedoch seinen Motiven und einem konventionellen, bald etwas rückständigen Naturalismus sein Leben lang treu – auch zu der Zeit, als sich in Frankreich längst der Impressionismus durchgesetzt hatte.
SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz
Regine Helbling, 1998, aktualisiert 2015 https://www.sikart.ch/kuenstlerinnen.aspx?id=4022953
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