STÜCKELBERG, ERNST
* 21.2.1831 BASEL, † 14.9.1903 BASEL
Historien-, Portrait- und Genremaler.
Ernst Stückelberg wird in eine künstlerisch begabte Basler Patrizierfamilie hineingeboren. Nachdem er mit zwei Jahren seinen Vater verloren hat, kümmert sich sein Onkel, der Architekt Melchior Berri, um seine Ausbildung. Während der Schulzeit im Gymnasium erhält Stückelberg Zeichenunterricht bei Hieronymus Hess und Ludwig Adam Kelterborn; 1849–1850 Lehre beim Porträtisten Johann Friedrich Dietler in Bern. Auf Empfehlung von Jacob Burckhardt fährt Stückelberg 1850 nach Antwerpen, um an der Akademie bei Gustaaf Wappers weiterzustudieren; dort lernt er Anselm Feuerbach kennen.
Er kopiert nach Rembrandt und van Dyck, später im Pariser Louvre nach Veronese, Correggio und Velazquez. Der Künstler unternimmt Reisen durch die Schweiz, nach Mailand und ins Tirol. 1853 geht Stückelberg an die Kunstakademie München, wo er bei Moritz von Schwind und Wilhelm von Kaulbach studiert. Erste Historienbilder, zum Beispiel Melchtal kehrt zu seinem auf Geheiss Landenbergs, des Vogts von Sarnen, geblendeten Vater zurück (1855) entstehen. Zurück in Basel, führt er mehrere Porträts und den Entwurf für das Glasgemälde Heinrich II. und Kunigunde von Luxemburg im Münster aus. 1856 reist Stückelberg über Florenz nach Rom, wo er bis 1859 lebt; Kontakte zu Arnold Böcklin und Anselm Feuerbach. Aufenthalte im Sabinergebirge und in Anticoli; malt Skizzen, Kinderbildnisse, Landschaften und Genreszenen. 1860 zieht Stückelberg nach Zürich und pflegt Freundschaften mit Rudolf Koller, Gottfried Keller, Friedrich Theodor Vischer und Conrad Ferdinand Meyer.
Ab 1862 lebt er wieder in Basel und heiratet 1866 Marie Elisabeth Brüstlein. 1869 Reise nach München; Bekanntschaft mit Franz von Lenbach. 1871 lehnt Stückelberg einen Ruf an die Akademie Weimar ab. Er kauft in Basel den Erimanshof und malt ihn 1873–74 mit Fresken aus. Das Gemälde Familie des Künstlers (1872) wird an der Weltausstellung in Wien 1873 mit dem Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens ausgezeichnet. 1877 beteiligt sich Stückelberg am Wettbewerb zur Ausschmückung der Tellskapelle am Urnersee, den er gewinnt. Die folgenden fünf Jahre verbringt er vorwiegend in Bürglen und auf der Tellsplatte; es entstehen Entwürfe und Studienköpfe für die Fresken. 1881 ändert er seinen bisherigen Namen Stickelberger in Stückelberg. Am 24. Juni 1883 wird die neue Tellskapelle eingeweiht; erhält den Ehrendoktor der Universität Zürich. Der Tod der Schwester 1890 führt zu einem mehrjährigen Einbruch in Stückelbergs künstlerischer Produktion. 1896–97 Aufenthalt in Südfrankreich.
1901 findet zu seinem 70. Geburtstag eine Jubiläumsausstellung in der Kunsthalle Basel statt. Im selben Jahr entwirft er Studien zu Fresken für die Kapelle in der Hohlen Gasse, die jedoch nie ausgeführt werden. Teilnahme an wichtigen nationalen und internationalen Ausstellungen, wie 1900 an der Weltausstellung in Paris. Zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen. 2003 Ausstellung zum hundertsten Todestag des Künstlers im Kunstmuseum Basel.
Obwohl Ernst Stückelberg immer wieder als Porträtist und Genremaler gerühmt wird, sind bisher in erster Linie seine Historienbilder rezipiert und aufgearbeitet worden. Vor allem den Fresken der Tellskapelle hat er seine Bedeutung in der Schweizer Kunst zu verdanken. Schon seine Lehrer – Hieronymus Hess in Basel, Gustaaf Wappers in Antwerpen und Wilhelm von Kaulbach in München – waren für ihre historischen Szenen bekannt; Stückelberg kam aber über Aufträge und Wettbewerbe zu dieser Gattung der Malerei. Bereits 1860 erhielt er mit seinen Entwürfen für das geplante St. Jakobs-Denkmal in Basel den ersten Preis, konnte sich aber mit Ferdinand Schlöth, der für die Ausführung ernannt wurde, nicht verständigen, so dass die Pläne nicht realisiert wurden.
Im Zusammenhang mit dem Neubau der baufällig gewordenen Tellskapelle am Urnersee veranstaltete der Schweizerische Kunstverein einen Wettbewerb zu ihrer Ausstattung mit Fresken – nicht zuletzt mit der Idee, damit den Tourismus in der Innerschweiz zu fördern. Stückelberg reichte vier Szenen zu Schillers Wilhelm Tell ein, den Apfelschuss, Tells Sprung, den Rütlischwur und Gesslers Tod. Er erhielt unter Vorbehalten den ersten Preis; vor allem der Rütlischwur rief in der Urner Regierung Protest hervor, da der Künstler zwei der schwörenden Figuren kniend dargestellt hatte; in der Ausführung passte er sich den Wünschen an. In der Apfelschuss-Szene sind deutlich Einflüsse des Zürcher Historienmalers Ludwig Vogel erkennbar; dies bemerkte schon Gottfried Keller in seinem Bescheidenen Kunstreischen. Es entstanden Charakterstudien von Leuten aus der Umgebung von Bürglen; sie wurden damals in verschiedenen Städten wie Zürich, Basel, Bern und Genf ausgestellt und nicht nur wegen ihrer künstlerischen, «sondern auch historisch und ethnographisch richtige[n] Ausführung» bewundert, wie die Zeitung Der Bund schrieb. 1905 wurden einige der Studienköpfe anlässlich der Schiller-Feier publiziert.
Parallel zu den Arbeiten an der Tellskapelle malte Stückelberg im Auftrag von Peter Conradin von Planta eines seiner bekanntesten Werke: Der letzte Ritter von Hohenrätien stürzt sich in den Abgrund der Via Mala (1883, Chur, Bündner Kunstmuseum). Wie in den meisten Historienbildern des Künstlers liefert nicht ein geschichtliches Ereignis, sondern eine Sage, ein für das Schweizer Nationalbewusstsein wichtiger Mythos, den Stoff der Darstellung. Dementsprechend ist der Übergang zwischen Historien- und Genremalerei bei Stückelberg fliessend; Motive aus Geschichte, Mythologie und literarischen Vorlagen wechseln sich ab, zum Beispiel Sappho (1897, Kunsthaus Zürich), Jeanne d’Arc (1900), Faust und Gretchen (1865) und Napoleon auf St. Helena (1867). 1886 entstand im Auftrag der Kunstkommission Basel das Gemälde Das Erdbeben von Basel im Jahr 1356.
Auf seinen Reisen, vor allem in den Sabinerbergen, schuf Stückelberg Landschaften und idyllische Genreszenen, etwa die Marienprozession im Sabinergebirge (1860, Öffentliche Kunstsammlung Basel, Kunstmuseum) oder die undatierte Skizze Amorettenhändler (Kunsthaus Zürich). Zu den beliebtesten Werken gehörten seine Porträts, für die er immer wieder Aufträge erhielt. Während seine Historienbilder – aus heutiger Sicht Inbegriff des schweizerischen Patriotismus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts – oft sehr pathetisch wirken, erinnern die intimen Genreszenen und Kinderbildnisse eher an Franz von Lenbach und die Münchner Schule. Wie die Studienköpfe, die zu jener Zeit als «realistisch» bezeichnet wurden, sind sie in einem konventionellen naturalistischen Stil gemalt.
SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz
Regine Helbling, 1998, aktualisiert durch die Redaktion, 2012 ; https://recherche.sik-isea.ch/sik:person-4022846/in/sikart
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