KÜNDIG, REINHOLD
* 15.1.1888 USTER, † 16.6.1984 THALWIL
Maler.Geboren als Sohn des Schlossers Arnold und der Berta Kündig-Honegger, wächst Kündig in Uster und ab 1902 in Zürich-Wiedikon auf, wo er zusammen mit Hermann Huber die Sekundarschule besucht. 1903–06 absolviert er eine Lehre als Theatermaler bei Albert Isler in Zürich und lernt Paul Bodmer kennen. 1906 halten sie sich als Kulissenmaler in Berlin und Düsseldorf auf, wo sich Hermann Huber zu ihnen gesellt. 1907 Studienwanderung durch Sachsen, Bayern und Böhmen, während der er sich für eine Künstlerlaufbahn entscheidet. In München Bekanntschaft mit Otto Meyer-Amden und dem Hannoveraner Maler Victor Schulte. 1908–09 erste Romreise mit Huber, Schulte, Eduard Bick und Paul Osswald. 1910 Rückzug auf den Sternenberg im Zürcher Oberland. 1910–11 Parisaufenthalt mit Huber, 1911 zweite Reise nach Rom; Besuch von Terracina. 1911 und 1914 Eidgenössisches Kunststipendium. Der Eisenhändler Richard Kisling und der Galerist Albin Neupert fördern den Künstler, indem sie Werke in Zahlung nehmen.
1911 tritt Kündig dem Modernen Bund bei und nimmt an dessen zweiter Ausstellung 1912 im Kunsthaus Zürich teil. Im gleichen Jahr Rückzug nach Brig und Aufenthalt in Grächen im Oberwallis, wohin ihm Huber folgt. Im Winter 1913–14 ein Vierteljahr in Tunis, dann bis 1916 in Arth. Nach der Heirat mit Hermann Hubers Schwester Hedwig 1916 ist das Paar auf der Baldern am Uetliberg ansässig und ab 1920 in der Spreuermühle am Hirzel. Freundschaft mit Otto Kappeler und Eugen Zeller. 1924 erneuter Aufenthalt in Terracina und 1927 in Saas Fee.
1937 bezieht der Künstler in der Hinterrüti oberhalb von Horgen ein eigenes Atelierhaus, das sein Jugendfreund Heinrich Bräm gebaut hat; hier lebt und arbeitet der von seinen Zeitgenossen als bescheiden charakterisierte Künstler bis zu seinem Lebensende in ländlicher Umgebung.
1969 und 1977 Stipendium der STEO-Stiftung, Zürich. In Kündigs Œuvre nehmen die Landschaften eine zentrale Stellung ein. Die frühen Ölgemälde weisen eine gebrochene Farbigkeit auf, die um 1910 unter dem Einfluss van Goghs und des Fauvismus einem expressiveren Kolorit weicht; der Pinselduktus lockert sich auf und wird vorübergehend heftig-pastos. Der Zyklus der elf Bogenfelder in der Universität Zürich zeigt flächige, stark farbige Figurenbilder, die eine Berührung mit dem Werk von Meyer-Amden erahnen lassen und sich harmonisch in die Architektur einfügen. Laut Überlieferung durch Künstlerkollegen äusserte sich Kündig rückblickend kritisch zu seiner expressiven Werkphase, die aus heutiger Sicht jedoch einen Höhepunkt in seinem Œuvre darstellt. Unter dem Einfluss der tonigen Landschaften von Courbet und dessen pastosem Farbauftrag tritt in den 1920er-Jahren eine Wende in Kündigs Schaffen ein.
Der Künstler findet zu einem eigenen Stil, ersetzt den Pinsel durch den Spachtel und trägt die Ölfarbe in mehreren Schichten auf. Ohne einer naturalistischen Detailtreue zu folgen, werden die Landschaften durch eine atmosphärische Gegenständlichkeit charakterisiert. Kündigs Betonung der Farbwerte befreit den Gegenstand von seinem materiellen Wert und lässt ihn als blossen Farbträger in den Hintergrund treten. Seinen Wohnorten entsprechend ist die Zürcher Landschaft mit der fernen Alpenkette und den bewaldeten Hügelzügen stetig wiederkehrendes Motiv.
Auch in der Aquarellmalerei, der sich Kündig zeit seines Lebens widmete, herrscht die Landschaft vor. Bei den von Farbreichtum gekennzeichneten Stillleben dominieren zahlenmässig Früchte- und Gemüsebilder, gefolgt von Blumenbouquets. Die verhältnismässig seltenen figürlichen Darstellungen geben Arbeiter sowie Strassen- und Wirtshausszenen wieder. Unter den wenigen Porträts, aus denen ein feinsinniges Gespür für das Gegenüber spricht, ragen die aus kritischer Distanz gesehenen Selbstporträts heraus, die in allen Lebensabschnitten entstanden.
SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz
Susanne Schrödter, 1998 https://www.sikart.ch/kuenstlerinnen.aspx?id=4001031
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