HUBACHER, HERMANN
* 1.8.1885 BIEL, † 18.11.1976 ZÜRICH
Plastiker und Bildhauer.
Hermann Hubacher, Enkel des Landschaftszeichners Jakob Häuselmann, besucht das Progymnasium und die kunstgewerbliche Abteilung des Technikums Biel; Abschluss als Graveur, Medailleur und Ziseleur. 1905 Kurse beim Bildhauer James Vibert an der Ecole des beaux-arts in Genf, 1906–07 Akademie der bildenden Künste Wien beim Radierer William Unger. Entschluss, Bildhauer zu werden. 1908–09 erneut bei Vibert in Genf, wo er die Bekanntschaft mit Ferdinand Hodler macht. Begegnet 1909 dem deutschen Bildhauer Adolf von Hildebrand. 1910 eigenes Atelier in Bern. 1912 Heirat mit Anna Tscherter. Oft in Paris, wo ihn die Werke von Auguste Rodin und Antoine Bourdelle beeindrucken. Lernt Aristide Maillol und Charles Despiau kennen. 1916 Geburt des Sohnes Hans. Beginn der Freundschaft mit dem Winterthurer Mäzen Oskar Reinhart. Zahlreiche Reisen nach Frankreich und mit Georg Reinhart nach Italien, Ägypten und in den Sudan.
1917 Übersiedlung nach Zürich. Im Sommer arbeitet er in Faulensee am Thunersee. Erste bauplastische Aufträge und Beteiligung an nationalen und ab 1919 an internationalen Ausstellungen, darunter: 1920 Biennale di Venezia; 1934 im Musée du Jeu de Paume, Paris; 1935 Kunsthalle Bern; 1936 Kunstmuseum Winterthur. 1937 Beteiligung an der Weltausstellung in Paris, 1939 an der Schweizerischen Landesausstellung in Zürich, dort auch in der Jury des Plastikwettbewerbs. 1945 Ehrendoktor der Universität Zürich und Einzelausstellung zum 60. Geburtstag im Kunsthaus Zürich. Weitere wichtige Ausstellungen: 1956 Musée Rodin, Paris; 1959 Tate Gallery, London; 1960 Musée d’Art Moderne, Paris. Mitglied der Eidgenössischen Kunstkommission, der Gleyre-Stiftung und der Gottfried Keller-Stiftung. Präsident der Eidgenössischen Stiftung Pro Arte und 1951–1969 Stiftungsrat in der Stiftung Oskar Reinhart, Winterthur. Hubachers Hauptthema ist – neben der Porträtbüste – der freistehende weibliche Akt; Gruppen und männliche Figuren sind seltener. Das Frühwerk, von Jugendstil und Klassizismus beeinflusst, lässt das Bemühen um einen eigenständigen Stil erkennen.
Mit der Schaffung eines neuen plastischen Ideals, das dem Bedürfnis nach Ganzheit, Naturhaftigkeit und Gesundheit Ausdruck verleiht, prägt er von Mitte der 1920er- bis in die 1940er-Jahre den nationalen Zeitgeschmack und befindet sich auf der Höhe seines Erfolgs. Seine Plastiken sind stilistisch zwischen den Traditionen Maillols und Rodins einzuordnen. Die zeitgenössische Kritik betont den naturhaft vegetativen Charme seiner weiblichen und die geistige Verbindlichkeit seiner männlichen Figuren (Gotthard Jedlicka). Ihre aufrechte Haltung sowie die massvolle Armgestik werden als natürlich und als bewusste Abkehr vom Denkmalpathos des 19. Jahrhunderts rezipiert. Hubachers Bestreben nach Typisierung der menschlichen Gestalt zeigt sich auch in den Studien bernischer, italienischer und orientalischer Physiognomien. Während der 1950er-Jahre werden seine Figuren starrer und schematischer. In den zahlreichen zurückhaltend gestalteten Porträtbüsten bekannter Persönlichkeiten wie Augusto Giacometti, Hermann Hesse, Georg und Oskar Reinhart, Bundesrat Philipp Etter, Nelly Bär, General Henri Guisan und Heinrich Wölfflin halten sich Stilisierung und individuelle Charakterisierung die Waage.
Ab 1914 weist die Zeitschrift Das Werk regelmässig, ab 1945 sporadisch auf Hubachers Schaffen hin. In allen Publikationen wird sein Werk wohlwollend gewürdigt, da es dem Kunstverständnis der Zeit entgegenkommt. Eine kritische Aufarbeitung des Œuvres fehlt bis heute.
SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz
Susann Wintsch, 2005 https://www.sikart.ch/kuenstlerinnen.aspx?id=4023397
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