FRIES, HANNY
* 27.11.1918 ZÜRICH, † 7.12.2009 ZÜRICH
Malerin, Zeichnerin und Illustratorin.Die Laufbahn als Künstlerin ist für Hanny Fries vorgezeichnet durch ihre Herkunft aus einer Künstlerfamilie. Ihr Vater Willy Fries ist Porträtist der Zürcher Gesellschaft, malt Ansichten Zürichs und führt eine bekannte Malschule; von ihm erhält sie ersten Zeichen- und Malunterricht. Ihre Mutter ist die Schriftstellerin Catharina Fries-Righini, eine unabhängig denkende Frau. Der Grossvater Sigismund Righini ist nicht nur als bedeutender Maler, sondern auch als Kunstpolitiker bekannt.
Nach der Kunstgewerbeschule Zürich bei Ernst Gubler, Heinrich Müller und Alfred Willimann besucht Hanny Fries von 1938 bis1940 die Ecole des Beaux-Arts in Genf (Alexandre Blanchet). Anschliessend arbeitet sie als freie Illustratorin und Malerin. Bis 1948 lebt sie in Genf und ist mit dem Schriftsteller Ludwig Hohl verheiratet, für den sie auch ein Buch illustriert. Danach kehrt sie nach Zürich zurück, arbeitet zeitweise auch in Paris.
Zahlreiche Reisen nach Frankreich, Italien und in die USA schlagen sich in ihren Bildern und Zeichnungen nieder. Bekannt wird sie vor allem durch ihre Theaterzeichnungen für Zeitungen wie die Weltwoche, Die Tat, die Neue Zürcher Zeitung und den Tages-Anzeiger. Erst nach der Verleihung des Zürcher Kunstpreises 1981 (als zweiter Frau nach Helen Dahm) wird auch ihr malerisches Schaffen breiter zur Kenntnis genommen. Hanny Fries wirkt in der Zürcher und Schweizer Kunstszene als Integrationsfigur, geachtet von Künstlerinnen und Künstlern.
Sie ist aktiv in der Gesellschaft Schweizerischer Malerinnen, Bildhauerinnen und Kunstgewerblerinnen (GSMBK), vertritt jahrelang die Kunstschaffenden in der Ausstellungskommission des Zürcher Kunsthauses, ist Mitglied ihres Vorstandes und gehört von 1976 bis 1988 der Eidgenössischen Kunstkommission an. Hanny Fries ist eine leidenschaftliche Zeichnerin, Tausende von Blättern und Skizzenblöcken sind Basis ihres immensen Werkes. In Genf faszinieren sie Caféhausszenen und Parks, in Südfrankreich skizziert sie in den 1950er-Jahren so lange am Hafen und Strand, bis sie buchstäblich jeden Matrosen und jedes Boot kennt, und bei Treffen mit Literaten wie Elias Canetti, Charles-Ferdinand Ramuz, Ernst Jandl oder Marguerite Duras zeichnet sie unbemerkt Porträts.
Die im Theater in Auftrag entstandenen Zeichnungen arbeitete sie anschliessend aus. Die formale und inhaltliche Konstanz in ihrem gemalten und gezeichneten Werk ist erstaunlich. Sieben Themen lassen sich ausmachen: Plätze, Strassenränder, Innenräume mit und ohne Menschen, leere und bevölkerte Strände, Strassenmobiliar, Aussenbezirke von Städten und Tische mit Stillleben. Die frühen Genfer Bilder sind dunkel verhalten und von spröder Farbigkeit. Später hellt sich die Palette auf, ungewöhnliche Zwischentöne und Kontraste von kalt und warm dominieren. Wenige prägnante Konturen gewichten die Kompositionen, die Handschrift wird grosszügiger, die Details werden seltener. Durch Übermalen und Wischen werden die Dinge in der Schwebe gehalten.
Die Malereien wirken bodenlos, und die ungewohnte Perspektive lässt Plätze oder Räume bedrohlich kippen. Das Interesse am Anti-Dekorativen und Randständigen wird stärker, die verkommene Golden Bar reizt mehr als eine mondäne Fassade, ja selbst in den Stillleben werden nicht mehr die üblichen Flaschen, Früchte oder Fische arrangiert, sondern ein gewöhnlicher Eierständer auf der Bar oder liegengelassene Kanister auf einer Baustelle werden zum Sujet. Die Malerin sucht die heikle Balance zwischen Realismus und Expression; sie vereint die Tradition einer gegenständlichen Malerei, wie sie etwa Ernst Gubler lehrte, mit zeitgenössischem Ausdruck.
SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz
Sabine Altorfer, 1998, aktualisiert 2016 ;https://www.sikart.ch/kuenstlerinnen.aspx?id=4000043
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