Lot 3045 - Z26 Swiss Art - Friday, 19. June 2009, 02.00 PM
FERDINAND HODLER
(Bern 1853–1918 Geneva)
Frauenkopf. "Italienerin" (Giulia Leonardi). 1910.
Öl auf Leinwand.
Unten rechts signiert und datiert: 1910 F. Hodler.
40 x 33 cm.
Provenienz: - Richard Doetsch-Benziger, Basel. - Auktion Stuttgarter Kunstkabinett Roman Norbert Ketterer, 20. Mai 1960, Lot 178. - Seit 1960 in Privatbesitz. Ausstellungen: - Ferdinand Hodler, 1853-1918, Ausstellung veranstaltet vom Kulturamt der Stadt Wien, Ausst.-Kat. Wiener Secession, Wien, 1962. Literatur: - Ueberwasser, Walter und Spreng, Robert: Köpfe und Gestalten, Zürich, 1947, S. 35, Abb. 105. Dieses Gemälde ist im Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft als eigenhändiges Werk von Ferdinand Hodler registriert. 1910 lernte Hodler bei einem Kaffeehaus-Besuch die Italienerin Giulia Leonardi kennen, die dort gemeinsam mit ihrem Mann als Sängerin auftrat. Weniger das Aussehen der zudem hinkenden Künstlerin, als das ihr zugeschriebene "bezwingend leidenschaftliche Temperament" bewog Hodler, sie zu Modellsitzungen zu bitten. Mehrere Monate lang hat er sich in einer Reihe von gezeichneten und gemalten Porträts mit ihrer Erscheinung auseinandergesetzt und sie auch in ganzfigurigen Kompositionen wiedergegeben. Sie war das Modell für Hodlers in diesem und im folgenden Jahr entstandenen berühmten und mehrfach wiederholten Bild "Das entzückte Weib" (Siehe Abb. 1) und auch die im Kunstmuseum in Glarus befindliche einfigurige Fassung der "Heiligen Stunde" zeigt ihre Gestalt. Den Kopf der Italienerin hat Hodler schliesslich in einer Vielzahl von Skizzen separat gezeichnet und in mehreren Ölfassungen - darunter dieses Fassung - ausgeführt. In diesen Jahren stand Hodler auf dem Höhepunkt seines Ruhmes. Ausstellungsbeteiligungen besonders in der Schweiz und in Deutschland hatten ihm viele hohen Auszeichnungen eingebracht. Die Übernahme öffentlicher Aufträge, seien es Wandmalereien für das Zürcher Landesmuseum (1896-1900) mit Themen aus der schweizerischen Geschichte oder die grosse Komposition des "Auszugs der Jenenser Studenten 1813", 1908 für die Universität in Jena gemalt, liessen ihn in den Augen des Publikums und der Kunstkritik zum gedankenschweren und pathetischen Künder einer neuen Malerei werden, die nicht mehr nur von Dingen sprach, sondern die versuchte, auch Gefühlen und Stimmungen Ausdruck zu verleihen und dies auf ganz neuem Wege. Strenge Kompositionen der Gruppen, oft in paralleler Repetition der Einzelfiguren (eine von Hodler auch theoretisch begründete künstlerische Methode), Suche nach Symmetrie, Betonung der Linie, starke, helle Farben waren die Mittel, deren Hodler sich bediente, um in expressiver Malerei Symbolträchtiges zu verbildlichen. Das Portrait der Leonardi kann als beispielhaft für Hodlers reife Malerei gelten. Schon der Bildschnitt, der von den Schultern nur ein kleines Stück zeigt, lässt die Eigenwilligkeit und Unabhängigkeit seiner Kunst deutlich werden. Die Italienerin selbst, mit leichter Kopfdrehung fast noch "en face" gegeben, hat den Maler fest im Blick. Ihre Gesichtszüge scheinen ihm Drohung und Verlockung zugleich zu sein. Nicht Schönheit ist in diesem Bild dargestellt, die grünlichen Schatten des Inkarnats und das hektische Rot auf Wangen und Kinn sprechen allein schon dagegen, nicht also äussere Form, sondern vielmehr die Wesensart der Porträtierten in ihrer Wirkung auf den Maler. (Czymmek, Götz: Der Fall Hodler in Köln, Kölner Museums Bulletin, Berichte und Forschungen aus den Museen der Stadt Köln, Heft 4/1998, Köln 1998, pp. 21-26 und Wallraf-Richartz-Museum Köln, 120 Meisterwerke der Gemäldesammlung, 1986, S. 236). Wir danken Herrn Dr. Czymmek vom Wallraf-Richartz-Museum in Köln für seine Hilfe bei der Katalogisierung dieses Textes.
CHF 250 000 / 350 000 | (€ 257 730 / 360 820)
Sold for CHF 420 000 (including buyer’s premium)
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