Lot 3301 - A160 Old Master Drawings - Friday, 30. March 2012, 01.30 PM
NORTHERN FRANCE, CIRCA 1120 St Matthew the Evangelist. Red pen with yellow wash. On vellum. Inscribed in the halo: SCTS MATHEUS. Inscribed in the open book: Liber generationis... 33 x 20 cm. Expertise: Prof. Dr. Christoph Eggenberger Literature: La France romane au temps des premiers Capétains (987-1152). Ex Cat Paris, musée du Louvre, 10.3.-6.6. 2005. Bernhard Rupprecht, Romanische Skulptur in Frankreich, Munich 1975. Walter Cahn, Romanesque Manuscripts in the Twelfth Century. A Survey of Manuscripts Illuminated in France. Two vols, London 1996. 1 La France Romane, p. 208. 2 Zweites Viertel des 12. Jahrhunderts. - France romane, p.213 3 Ca. 1100 - France romane, p. 290. - Cahn, Cat.No. 30. Paris, Bibliothèque nationale, ms.lat 5058. 4 Gregor der Grosse in Paris, Bibliothèque nationale, ms.lat. 15307. - Cahn, ill. 156, Cat No. 68. 5 Zöpfe der Apostel beim Abendmahl. Paris, Bibliothèque nationale, ms. lat. 12054. - Cahn, Cat No. 84, ill. 202. - beg 12th century. 6 Paris, Bibliothèque nationale, ms. lat. 17970. - Cahn, Cat No 86, ill. 209. Cat No. 86. - beg 12th century. 7 Paris, Bibliothèque nationale, ms.lat. 17767. - Cahn, Cat No. 95, ill. 234. - Saint-Pierre, Corbie, ca. 1102-23. 8 Valenciennes, Bibliothèque municipale, ms. 75. - Cahn, Cat No. 97, ill. 241. - Saint-Amand? First quarter of the 12th century. 9 Avesnes, Musée de la Société Archéologique. - Cahn, Cat No. 106, ill. 255. - Dated 1146. 10 Antwerpen, Museum Mayer van den Bergh, MS 297. Cahn, Cat No. 132, ill. 320. - Saint-Amand? Ca. 1175.
Der Evangelist Matthäus.
Feder in Rot, gelb laviert. Auf Pergament.
Im Nimbus des Heiligen bezeichnet: SCTS MATHEUS. Im aufgeschlagenen Buch bezeichnet: Liber generationis...
33 x 20 cm.
Der Evangelist Matthäus mit Nimbus und der vielleicht später eingefügten Inschrift "SCTS MATHEUS" sitzt auf einem mächtigen Thron vor dem Lese- und Schreibpult. Die aufgeschlagene Seite des Buches auf dem Pult zeigt den Anfang des Matthäus-Evangeliums mit dem Stammbaum Christi ("Liber generationis..."). Der Text steht bereits da, so schreibt der Evangelist nicht, sondern hält die Seite mit dem Messer in der Linken und fährt mit den rechten Zeige- und Mittelfingern den Zeilen entlang. Die Zeichnung ist in brauner und roter Tinte auf einem für Text liniierten Pergamentblatt ausgeführt; das Blatt war also das Titelbild eines Evangeliars. Es sind einige Besonderheiten zu beobachten so der betonte Zopf und die verdrehte Haltung des rechten Fusses. Auch fallen die unregelmässige Faltenführung und der Thron mit der textilen Musterung der kaum abgetrennten Sitz- und Rückenflächen auf. Die meisten Eigentümlichkeiten lassen sich stilistisch eingrenzen in Nordfrankreich, Burgund, Paris, Flandern um 1100 /erste Hälfte des 12. Jahrhunderts. Der verdrehte Fuss erinnert an den Apostel links aussen am Tympanon von St. Trophîmes in Arles (letztes Drittel des 12. Jahrhunderts). Der Zopf verweist zu den Aposteln im Tympanon von Sainte-Madeleine in Vézelay (um 1120).1 Überhaut sind erstaunliche Parallelen zur Skulptur festzustellen, was für eine bedeutende Werkstatt spricht, wo Buch- und Wandmaler sowie Bildhauer zusammenarbeiteten. So weist der steife Oberarm nach Autun2, mit dem De bello Judaico von Flavius Josephus von Moissac auch zur Buchmalerei.3 Zöpfe finden sich in der Gregor-Handschrift aus Saint-Urbain4 und im Missale von Saint-Maur-des-Fossés.5 Das wackelige Pult mit pflanzlichen Füssen - oder sind es Löwenfüsse -, stellt eine weitere Besonderheit dar, denn die Lese- und Schreibpulte erscheinen sonst meist kräftiger gebaut. Als Vergleich dafür kann ein Evangeliar aus der Region Paris herangezogen werden.6 Die steife Stellung des Matthäus und das Gewandes erinnern an das Dedikationsbild in der Handschrift BN ms. lat. 17767 aus Corbie.7 Sehr wahrscheinlich in Saint-Amand ist die Miniatur des Evangelisten Johannes gemalt worden, wo sowohl der Zopf des Evangelisten auffällt wie die hier eindeutig pflanzlichen Füsse des Lesepults.8 Die Miniatur kann dem sogenannten "Channel style" zugeordnet werden. Der konzentrierte Blick des Matthäus auf seinen Evangelientext weist ebenfalls in den Norden Frankreichs. Aus Saint-Lambert in Liessies ist der Evangelist Markus mit gleichem stechenden Blick auf einem Einzelblatt von 1146 erhalten geblieben.9 Das textile Muster des Thrones -oder ist es ein Kissen? - bleibt dagegen schwierig einzuordnen. Das Muster ist geläufig, wir finden es wieder in Saint-Amand,10 aber die unklare Gestaltung von Sitzfläche und Rücklehne bleibt rätselhaft. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Einzelblatt mit dem Evangelisten Matthäus aus Nordfrankreich im Umkreis von Paris, Corbie, Liessies, Saint-Amand stammt und dem "Channel style" nahe steht.. Prof. Dr. Christoph Eggenberger Literatur: La France romane au temps des premiers Capétains (987-1152). Katalog der Ausstellung Paris, musée du Louvre, 10.3.-6.6. 2005. Bernhard Rupprecht, Romanische Skulptur in Frankreich, München 1975. Walter Cahn, Romanesque Manuscripts in the Twelfth Century. A Survey of Manuscripts Illuminated in France. Zwei Bände, London 1996. 1 La France Romane, S. 208. 2 Zweites Viertel des 12. Jahrhunderts. - France romane, S.213 3 Ca. 1100 - France romane, S. 290. - Cahn, Kat.Nr. 30. Paris, Bibliothèque nationale, ms.lat 5058. 4 Gregor der Grosse in Paris, Bibliothèque nationale, ms.lat. 15307. - Cahn, Abb. 156, Kat.Nr. 68. 5 Zöpfe der Apostel beim Abendmahl. Paris, Bibliothèque nationale, ms. lat. 12054. - Cahn, Kat.Nr. 84, Abb. 202. - Anfang 12. Jahrhundert. 6 Paris, Bibliothèque nationale, ms. lat. 17970. - Cahn, KatNr. 86, Abb. 209. Kat.Nr. 86. -Anfang 12. Jahrhundert. 7 Paris, Bibliothèque nationale, ms.lat. 17767. - Cahn, Kat.Nr. 95, Abb. 234. - Saint-Pierre, Corbie, ca. 1102-23. 8 Valenciennes, Bibliothèque municipale, ms. 75. - Cahn, Kat.Nr. 97, Abb. 241. - Saint-Amand? Erstes Viertel des 12 Jahrhunderts. 1.V.12.Jh. 9 Avesnes, Musée de la Société Archéologique. - Cahn, Kat. Nr. 106, Abb. 255. - Datiert 1146. 10 Antwerpen, Museum Mayer van den Bergh, MS 297. Cahn, Kat.Nr. 132, Abb. 320. - Saint-Amand? Ca. 1175.
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