CARIGIET, ALOIS
* 30.8.1902 TRUN, † 1.8.1985 TRUN
Grafiker, Illustrator und Maler.Alois Carigiet wuchs in einer Bauernfamilie in Trun auf. 1911 Umzug der Familie nach Chur. Besuch der Primar-, Sekundar- und Kantonsschule, die er 1918 zugunsten einer Dekorationsmalerlehre abbrach. 1923 Übersiedlung nach Zürich. Im Grafikatelier Max Dalang entwarf er Inserate, Prospekte und Schaufensterdekorationen, daneben Festdekorationen und Kostüme für die Zürcher Künstlermaskenbälle.
1927 Eröffnung eines eigenen Ateliers. 1933 Mitbegründung des legendären Cabaret Cornichon, Gestaltung der Bühnenbilder, Kostüme und Plakate. 1939 Rückzug in die Heimat wegen des immer grösser werdenden Widerspruchs zwischen der zweckgebundenen Arbeit und seinem Selbstverständnis als Künstler. Fortan freier Maler und Zeichner. Nach der ersten Ausstellung 1940 in Chur regelmässige Ausstellungsteilnahme.
1942 Heirat, Geburt zweier Töchter. 1945 entstand Schellen-Ursli (Text von Selina Chönz), das erste von sechs heute weltbekannten Kinderbüchern. 1948 erste Einzelausstellung im Kunstmuseum Solothurn. 1950 temporäre Übersiedlung nach Zürich zur Ausführung des Wandbildes Allegro con Spirito im Muraltengut. Es bezeichnete seinen Durchbruch als Maler und sicherte ihm weitere Wandbildaufträge. 1960 definitive Niederlassung in Trun. 1966 wurden ihm zum zweiten Mal der Jugendbuchpreis und als erstem Schweizer die Hans-Christian-Andersen-Medaille verliehen. 1974 Verleihung des Bündner Kulturpreises. Einzelausstellungen 1973 und 2002 im Bündner Kunstmuseum, Chur, sowie 2015−16 im Schweizerischen Nationalmuseum, Zürich.
Carigiets Werk teilt sich in das des Gebrauchsgrafikers und das des freien Malers. Seine Plakate, die einen wichtigen Beitrag zum weltweiten Ruf der Schweizer Werbegrafik leisteten, sind thematisch und stilistisch vielfältig: Konsumgüter- und Tourismusplakate, politisch oder sozial engagierte und kulturelle Plakate. Anfangs direkt und prägnant, wurden sie mit dem zunehmenden Wunsch nach freier künstlerischer Tätigkeit stimmungsvoller und malerischer. Erzählfreude und Heimatbewusstsein kommen jedoch überall zum Ausdruck. Zu Markenzeichen wurden unter anderem die Tierfiguren für die Herrenbekleidungsfirmen PKZ und Fein-Kaller sowie die Landi-Plakate.
Carigiet schuf auch Zeitschriften-Illustrationen und -Titelblätter (etwa für die SBB-Revue und den Schweizer Spiegel). Für die Bilder und Zeichnungen wählte Carigiet Motive aus der ihn prägenden Umgebung: Landschaften, Bauern, Tiere, Stillleben. Das Stadtleben schlägt sich beispielsweise in der Konfrontation von Sporttouristen oder technischen Einrichtungen mit der Natur nieder. Hauptsächlich in Zürich malte er Harlekine, die oft seine eigenen Züge tragen. Vor religiösen Motiven übte er aus Ehrfurcht Zurückhaltung. Historische und symbolische Inhalte weisen die Wandbilder und Harlekinaden auf, ansonsten ist seine Kunst gegenwartsbezogen und figurativ-erzählerisch, nicht aber naturalistisch.
Nach Skizzen in der Natur schuf er im Atelier expressive, vom Detail gelöste Bilder. Carigiets Kunst ist mit ihren alltäglichen Motiven, der natürlichen Bildsprache und ihrem Ausdruck von Lebensfreude leicht lesbar. Mit seiner der Tradition verpflichteten Auffassung und den gefälligen Motiven folgte Carigiet als Einzelgänger unabhängig vom zeitgenössischen Kunstdiskurs seiner inneren Überzeugung. Die prägnanten Konturen, kräftigen Farben und Komplementärkontraste zeugen von der Erfahrung als Grafiker. Komposition, Form und Pinselstrich wurden im Spätwerk grosszügiger, der zeichnerisch-lineare Duktus und das Kolorit blieben jedoch erhalten. Besonders in den Kinderbüchern fällt der freie Umgang mit der Perspektive auf. Die Zeichnung diente als Grundlage für das Ölbild oder Aquarell, ist aber auch unabhängiges Medium.
SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz
Franziska Lentzsch, 1998, aktualisiert 2016 https://www.sikart.ch/kuenstlerinnen.aspx?id=4000260
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