BRODWOLF, JÜRGEN
* 14.3.1932 DÜBENDORF
Objektkünstler, Plastiker und Zeichner, Professor.Jugend in Brienz. 1948–1952 Ausbildung in der Kunstanstalt Brügger in Meiringen, ab 1950 zugleich Besuch der Kunstgewerbeschule Bern.1953 Parisaufenthalt, 1955–1960 Arbeit als Restaurator mittelalterlicher Kirchenfresken. Lebt ab 1957 in Vogelbach, Südschwarzwald, seit 1995 in Kandern, Südbaden. Von 1961 bis 1968 regelmässige Berlinaufenthalte; seit 1980 regelmässig in Vezia, Tessin. 1976–1982 Professur für Zeichnen an der Fachhochschule für Gestaltung, Pforzheim; 1982–1994 Professur für Bildhauerei an der Staatlichen Akademie der bildenden Künste, Stuttgart. 1955 Eidgenössisches Kunststipendium für Malerei; 1968 Stipendium der Akademie der Künste, Berlin; 1970 Förderpreis der Reinhold-Schneider-Stiftung, Freiburg i. Br.; 1975 Kunstpreis der Böttcherstrasse, Bremen; 1977 Teilnahme an der documenta 6, Kassel; 1981 Hans-Thoma-Preis des Landes Baden-Württemberg; 1986 Kunstpreis der Stadt Darmstadt; 1989 Kunstpreis der Stadt Stuttgart; 1995 Kunstpreis der Künstler, Düsseldorf. Seit 2005 Jürgen-Brodwolf-Stiftung in Kandern.
Nach der Ausbildung als Zeichner-Lithograf arbeitet Jürgen Brodwolf mit diversen Drucktechniken und beginnt während eines Parisaufenthaltes 1953 mit der Malerei; für süddeutsche Kirchen entstehen Glasgemälde mit figürlichen Darstellungen. 1959 findet Brodwolf zur Tubenfigur. Er erkennt das figürliche Potenzial, das die formbaren metallenen, schlauchartigen Farbtuben bergen. Das industrielle Wegwerfprodukt erfährt eine anthropomorphe Umdeutung: Brodwolf quetscht und modelliert die Zinntuben zu langgestreckten menschenförmigen Torsi ohne Kopf und Arme, mit geschlossenen, zumeist angewinkelten Beinen. Zunächst spielerisch erprobt, wird das Objet trouvé zum Bedeutungsträger.
Seit 1966 stellt Brodwolf karge Gehäuse, Objekt- und Guckkästen her, in denen die gebeugten Tubenfigurinen ein trostlos-deprimierendes Welttheater en miniature aufführen. In die Tableaus montierte Fundstücke bieten den szenischen Kontext für die in existentielle Situationen eingebundenen Figuren. Collageparaphrasen nach Werken der europäischen Kunstgeschichte (zum Beispiel nach Giotto oder Bellini) legen Rechenschaft ab über die Grundlagen künstlerischer Arbeit.
1972 entstehen erstmals lebensgrosse Figuren aus Walzblei. Die aus dem geschlossenen Rahmen herausgenommene, grosse Einzelfigur, die Brodwolf auch mit Stoff einwickelt oder verhüllt (Figurentücher), mit Wachs ummantelt oder unbehandelt als Figur in der Landschaft der Witterung überlässt, gewinnt noch deutlicher chiffrenhafte Ausdrucksdimension; Brodwolf rückt weg vom Szenisch-Abbildlichen. Die kopflos anonymen und mumienhaft bandagierten, monumentalen Einzelfiguren und Gruppen werden zu «Denkmalen der Tragik» (Franz Joseph van der Grinten).Zweidimensionale Leinwand- und Pappmaché-Gestalten variieren die Figuren in Seitenansicht.
Brodwolfs Themen kreisen in Eingrabungsaktionen, in Anknüpfung an prähistorische Totenkulte oder Installationen wie die Totenkammer Lieberose (1990, eine Reflexion über den Todesmarsch jüdischer Häftlinge) monothematisch um Vergänglichkeit und Tod. Der individuellen und gesamtgesellschaftlichen Verdrängung des Todes setzt Brodwolf sein Insistieren entgegen. Selbst die im Tessin entstandenen, vom Künstler als «klares Gegengewicht» zur plastischen Arbeit und als «tänzerisch» empfundenen Aquarelle, die die Torsi zu Ganzfiguren komplettieren und das Element Farbe einbeziehen, gerinnen immer wieder zu Totentänzen.
Nach der Bestandsaufnahme mythisch-archaischer Erfahrungen setzt sich Brodwolf seit den 1990er-Jahren vermehrt mit konkreten Themen der neuzeitlichen Geschichte auseinander (Lieberose, Ort für Karl von O[ssietzky]). Seit der Jahrtausendwende nimmt Brodwolf immer wieder auf Monografien und literarische Werke Bezug, die ihm als Ausgangsmaterial für Übermalungen und verschiedene Abdruckverfahren dienen. So liegen der Werkgruppe Das letzte Bildnis der Meret Oppenheim (1985–2006) Brodwolfs eigene Totenblätter für M.O. (1985) sowie das letzte fotografische Porträt der Künstlerin (Christian Vogt, 1985) zu Grunde. Die auf ihre Konturen reduzierte Profilfotografie, das die Künstlerin mit geschlossenen Augen zeigt, erfährt in Brodwolfs Bearbeitung eine substanzielle Vertiefung bis hin zur Auflösung des Motivs. Von 2006 bis 2011 entstehen verschiedene Werke, die das Thema der Flut aufgreifen, beispielsweise die Bronzeplastik Bayreuther Gruppe von 2006 oder die Glasbücher von 2008.
SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz
Achim Riether, 1998, aktualisiert 2010 https://www.sikart.ch/kuenstlerinnen.aspx?id=4002155
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