Lot 1017 - A208 Decorative Arts - Donnerstag, 21. März 2024, 13.30 Uhr
ÄUSSERST SELTENE EUCHARISTISCHE TAUBE
Limoges, 1. Drittel 13. Jh.
Getriebenes, graviertes und teilvergoldetes Kupfer mit polychromer Emaille-Champlevé in Form von Federn und geblümten Arabesken. Ziborium in Form einer Taube auf Rundsockel. Die Oberseite des Schwanzes, der runde Sockel sowie die seitlichen, beweglich befestigten Flügel aus dickem Kupfer mit Schmuckstein-Inkrustationen. Der Körper ruht auf zwei röhrenförmigen Beinen, die ohne Füsse direkt in einen flachen Rundsockel übergehen. Mit Griff versehener Klappdeckel (evtl. ersetzt) auf dem Rücken der Taube öffnend auf hohlen Hostienbehälter.
19,5 × 25 cm.
Rundsockel wohl aus der Zeit, aber assortiert. Linker Flügel mit fehlenden Schmucksteinen und Ausbruch am Schmuckband. Rechter Flügel mit fehlendem Schmuckstein, ein Schmuckstein stark bestossen. Flügelbefestigungen teils gebrochen und mit Draht repariert. Delle am Kopf der Taube, die Emaillierung der Augen verloren.
Provenienz: Schweizer Einlieferung.
Diese Limoges Tauben, in der französischen Fachliteratur als ‘colombe eucharistique’ bezeichnet, dienten in der eucharistischen Zeremonie als Aufbewahrungsgerät der geweihten Hostie. Diese stellt als "Leib Christi" das Allerheiligste im Christentum dar. Entsprechende Bedeutung kam und kommt dem Aufbewahrunsgefäss zu.
Die Taube steht, als Teil der göttlichen Trinität in der christlichen Lehre als Symbol für den Heiligen Geist. Sie gilt als Zeichen der Sanftmut und Unschuld. In den meisten Fällen ruhte die eucharistische Taube auf einer grösseren Platte, die mittels Ketten im Ziborium, welcher den Altar überspannte, aufgehängt war. Sie ersetzte damals den heutigen Tabernakel, der erst mit dem Konzil von Trient 1545-1563 eingeführt worden war.
Eine vergleichende Einordnung unseres Exemplars sei hier anhand der in den bekanntesten Museen der Welt erhaltenen Exemplaren versucht: Rijksmusem in Amsterdam (Inv.-Nr. BK-17205), Musée du Louvre in Paris (Inv.-Nr. OA 8104), Museum of Fine Arts Boston (Inv.-Nr. 49.1075), Metropolitan Museum New York (Inv.-Nr. 49.1075), Musée du Cluny Paris (Inv.-Nr. CL. 1957).
Der Sockel bzw. die Platte, an welcher die Ketten zur Hängung montiert waren, sind wie bei unserer Taube bei manchen Exemplaren verloren, so bei den Beispielen im Louvre, im Musée de Cluny sowie dem Beispiel in Boston. Hingegen steht die Taube im Rijksmuseum auf einem rechteckigen, mit Zinnenrand versehenen Untersatz, während das Exemplar im Metropolitan Museum auf einem runden Sockel ruht, dessen Ecken langförmig nach oben gezogen sind, an denen die Ketten befestigt waren.
Grundsätzlich können die überlieferten ‘colombes’ in zwei Typen unterteilt werden. Diese unterscheiden sich hauptsächlich in der Art des Zugangs zum Gefäss. Einige sind, wie die hier angebotene, auf dem Rücken des Tieres mit einem Klappdeckel ausgestattet (Musée de Cluny, Musée du Louvre, Rijksmuseum, Metropolitan Museum) während bei anderen der Zugang seitlich unter den beweglichen Flügeln erfolgt (Bostoner Museum). Bei denjenigen Tauben, welche den Zugang über den Rücken bieten, sind die Flügel in der Regel im Gefäss integriert bzw. fest daran befestigt (Metropolitan, Rijksmuseum, Musée du Louvre).
Eine Art Zwischenlösung stellt das hier angebotene Stück dar, welches den Deckel auf dem Rücken mit beweglich montierten Flügeln verbindet. Sie steht in diesen Punkten sowie in der ganzen Gestaltung dem Exemplar im Musée de Cluny (CL. 1957) sehr nahe. Wie bei unserer Taube weist auch die Taube in Cluny keine Füsse auf und die aufklappbaren Flügel bieten keinen Zugang zum Gefäss, sind also ohne Funktion. Die Farben der Emaille an der Cluny-Version scheinen weniger kräftig zu sein. Insgesamt ist sie derjenigen im Museum von Cluny jedoch sehr ähnlich und stammt möglicherweise aus der gleichen Werkstatt. Vgl. eine Abbildung der Colombe im Musée de Cluny bei: Marie-Madeleine S. Gauthier. Emaux Limousins Champlevés des XIIe & XIVe Siècles. Paris 1950. Pl. 52.
Wir danken Richard Camber, ehemaliger Leiter der Sammlung byzantinischer und frühmittelalterlicher Kunst im British Museum sowie späterem Senior Director der Works of Art Division von Sotheby's, für seine Unterstützung bei der Katalogisierung dieses Objekts.
Provenienz: Schweizer Einlieferung.
Diese Limoges Tauben, in der französischen Fachliteratur als ‘colombe eucharistique’ bezeichnet, dienten in der eucharistischen Zeremonie als Aufbewahrungsgerät der geweihten Hostie. Diese stellt als "Leib Christi" das Allerheiligste im Christentum dar. Entsprechende Bedeutung kam und kommt dem Aufbewahrunsgefäss zu.
Die Taube steht, als Teil der göttlichen Trinität in der christlichen Lehre als Symbol für den Heiligen Geist. Sie gilt als Zeichen der Sanftmut und Unschuld. In den meisten Fällen ruhte die eucharistische Taube auf einer grösseren Platte, die mittels Ketten im Ziborium, welcher den Altar überspannte, aufgehängt war. Sie ersetzte damals den heutigen Tabernakel, der erst mit dem Konzil von Trient 1545-1563 eingeführt worden war.
Eine vergleichende Einordnung unseres Exemplars sei hier anhand der in den bekanntesten Museen der Welt erhaltenen Exemplaren versucht: Rijksmusem in Amsterdam (Inv.-Nr. BK-17205), Musée du Louvre in Paris (Inv.-Nr. OA 8104), Museum of Fine Arts Boston (Inv.-Nr. 49.1075), Metropolitan Museum New York (Inv.-Nr. 49.1075), Musée du Cluny Paris (Inv.-Nr. CL. 1957).
Der Sockel bzw. die Platte, an welcher die Ketten zur Hängung montiert waren, sind wie bei unserer Taube bei manchen Exemplaren verloren, so bei den Beispielen im Louvre, im Musée de Cluny sowie dem Beispiel in Boston. Hingegen steht die Taube im Rijksmuseum auf einem rechteckigen, mit Zinnenrand versehenen Untersatz, während das Exemplar im Metropolitan Museum auf einem runden Sockel ruht, dessen Ecken langförmig nach oben gezogen sind, an denen die Ketten befestigt waren.
Grundsätzlich können die überlieferten ‘colombes’ in zwei Typen unterteilt werden. Diese unterscheiden sich hauptsächlich in der Art des Zugangs zum Gefäss. Einige sind, wie die hier angebotene, auf dem Rücken des Tieres mit einem Klappdeckel ausgestattet (Musée de Cluny, Musée du Louvre, Rijksmuseum, Metropolitan Museum) während bei anderen der Zugang seitlich unter den beweglichen Flügeln erfolgt (Bostoner Museum). Bei denjenigen Tauben, welche den Zugang über den Rücken bieten, sind die Flügel in der Regel im Gefäss integriert bzw. fest daran befestigt (Metropolitan, Rijksmuseum, Musée du Louvre).
Eine Art Zwischenlösung stellt das hier angebotene Stück dar, welches den Deckel auf dem Rücken mit beweglich montierten Flügeln verbindet. Sie steht in diesen Punkten sowie in der ganzen Gestaltung dem Exemplar im Musée de Cluny (CL. 1957) sehr nahe. Wie bei unserer Taube weist auch die Taube in Cluny keine Füsse auf und die aufklappbaren Flügel bieten keinen Zugang zum Gefäss, sind also ohne Funktion. Die Farben der Emaille an der Cluny-Version scheinen weniger kräftig zu sein. Insgesamt ist sie derjenigen im Museum von Cluny jedoch sehr ähnlich und stammt möglicherweise aus der gleichen Werkstatt. Vgl. eine Abbildung der Colombe im Musée de Cluny bei: Marie-Madeleine S. Gauthier. Emaux Limousins Champlevés des XIIe & XIVe Siècles. Paris 1950. Pl. 52.
Wir danken Richard Camber, ehemaliger Leiter der Sammlung byzantinischer und frühmittelalterlicher Kunst im British Museum sowie späterem Senior Director der Works of Art Division von Sotheby's, für seine Unterstützung bei der Katalogisierung dieses Objekts.
CHF 120 000 / 180 000 | (€ 123 710 / 185 570)
Verkauft für CHF 162 500 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr