Lot 1057 - A208 Decorative Arts - Donnerstag, 21. März 2024, 13.30 Uhr
GROSSE REPRÄSENTATIVE SCHAUPLATTE
London, 1717/18. Meistermarke Paul de Lamerie.
Runde Form mit einem Rand aus kräftigen, leicht tordierten Godronen sowie profiliertem Wellenfries. Im Zentrum grosse Wappengravur.
Die eher nüchterne Gestaltung der Platte wird von der prächtigen und feinen Wappengravur im Zentrum kontrastiert. Dort ist auf horizontal schraffiertem Grund im Kreis eine kunstvolle, symmetrisch gestaltete Kartusche aus Schweifwerk, Rocaillen, Vasen und Blumenschmuck eingraviert, die von zwei Schildhaltern flankiert wird. Inmitten der Kartusche befindet sich das bekrönte Wappen von Melusine Baroness von der Schulenburg. Sie war seit 1691 Mäträsse des zu dieser Zeit braunschweig-lüneburgischen Kurprinzen Georg Ludwig (1660–1727). Als dieser im Jahr 1714 als Georg I. den englischen Thron bestieg, folgte Melusine ihrem Liebhaber nach England. Im Jahr 1716 verlieh er ihr den nicht erblichen Titel Duchess of Munster, worauf die herzogliche Krone über ihrem Wappen zurückzuführen ist. Ebenfalls im Jahr 1716 wurde Paul de Lamerie, der Meister unserer Platte, von Georg I. zum königlichen Goldschmied bestellt. Vor dem Hintergrund dieser historischen Gemengelage scheint die grosse repräsentative Schauplatte im Auftrag des englischen Königs für Melusine Baroness von der Schulenburg gefertigt worden zu sein.
Die eher nüchterne Gestaltung der Platte wird von der prächtigen und feinen Wappengravur im Zentrum kontrastiert. Dort ist auf horizontal schraffiertem Grund im Kreis eine kunstvolle, symmetrisch gestaltete Kartusche aus Schweifwerk, Rocaillen, Vasen und Blumenschmuck eingraviert, die von zwei Schildhaltern flankiert wird. Inmitten der Kartusche befindet sich das bekrönte Wappen von Melusine Baroness von der Schulenburg. Sie war seit 1691 Mäträsse des zu dieser Zeit braunschweig-lüneburgischen Kurprinzen Georg Ludwig (1660–1727). Als dieser im Jahr 1714 als Georg I. den englischen Thron bestieg, folgte Melusine ihrem Liebhaber nach England. Im Jahr 1716 verlieh er ihr den nicht erblichen Titel Duchess of Munster, worauf die herzogliche Krone über ihrem Wappen zurückzuführen ist. Ebenfalls im Jahr 1716 wurde Paul de Lamerie, der Meister unserer Platte, von Georg I. zum königlichen Goldschmied bestellt. Vor dem Hintergrund dieser historischen Gemengelage scheint die grosse repräsentative Schauplatte im Auftrag des englischen Königs für Melusine Baroness von der Schulenburg gefertigt worden zu sein.
D 58 cm, 4390 g.
Provenienz:
- Wohl gefertigt für Melusine Baroness von der Schulenburg (1667–1743), Mäträsse von Georg I, König von England
- Der Überlieferung nach seither in Familienbesitz, zwischenzeitlich in Schloss Seggerde
- Durch Erbgang in den Besitz der heutigen Eigentümer
Paul de Lamerie (1688–1751) gilt als einer der bekanntesten englischen Goldschmiede seiner Generation und ist insbesondere für seine kunstvollen Arbeiten im Rokokostil bekannt. Er wurde in 's-Hertogenbosch in den heutigen Niederlanden als Sohn des Hugenotten Paul Souchay de la Merie geboren. Im August 1703 ging de Lamerie bei dem hugenottischen Londoner Goldschmied Pierre Platel (1659–1739) in die Lehre und eröffnete 1713 seine eigene Werkstatt. Zu diesem Zeitpunkt liess er seine erste von fünf über die Jahre hinweg verwendeten Meistermarken bei der Goldsmith’s Hall registrieren. Die auf der repräsentativen Schauplatte geschlagene Marke, die Lamerie in den Jahren 1716–1720 nutzte, unterscheidet sich in ihrer formalen Gestaltung nur marginal von dieser ersten und fand aufgrund der unzulässigen fehlenden Registrierung in der Goldsmiths’ Hall zunächst keinen Eingang in die Forschungsliteratur (siehe Arthur G. Grimwade: London Goldsmiths 1697–1837. Their marks and lives. London 1976 sowie Auss.-Kat. Paul de Lamerie. At the Sign of the Golden Ball, Goldsmiths’ Hall London 1990, London 1990, S. 29). Wie nahezu alle Gravuren auf Silber ist auch jene auf der grossen repräsentativen Schauplatte nicht signiert und jeder Versuch der Zuschreibung kann nur spekulativ erfolgen. Es besteht jedoch eine eindeutige Nähe zu Arbeiten von William Hogarth und Ellis Gamble, die beide Gravuren auf Silberobjekten für Paul de Lamerie entworfen und ausführten (vgl. etwa Charles Oman: "English Engravers on Plate", in: Apollo 1957, S. 286–289). Auch wenn sich anhand erhaltener Dokumente eine offizielle Kooperation von Lamerie und Gamble nur für die Jahre 1723–1728 nachweisen lässt, ist eine frühere Kooperation durchaus denkbar.
Wir danken Prof. Dr. Peter Kurrild-Klitgaard, Generalsekretär der Académie international d’heraldique, für die Unterstützung bei der Identifikation des Wappens.
- Wohl gefertigt für Melusine Baroness von der Schulenburg (1667–1743), Mäträsse von Georg I, König von England
- Der Überlieferung nach seither in Familienbesitz, zwischenzeitlich in Schloss Seggerde
- Durch Erbgang in den Besitz der heutigen Eigentümer
Paul de Lamerie (1688–1751) gilt als einer der bekanntesten englischen Goldschmiede seiner Generation und ist insbesondere für seine kunstvollen Arbeiten im Rokokostil bekannt. Er wurde in 's-Hertogenbosch in den heutigen Niederlanden als Sohn des Hugenotten Paul Souchay de la Merie geboren. Im August 1703 ging de Lamerie bei dem hugenottischen Londoner Goldschmied Pierre Platel (1659–1739) in die Lehre und eröffnete 1713 seine eigene Werkstatt. Zu diesem Zeitpunkt liess er seine erste von fünf über die Jahre hinweg verwendeten Meistermarken bei der Goldsmith’s Hall registrieren. Die auf der repräsentativen Schauplatte geschlagene Marke, die Lamerie in den Jahren 1716–1720 nutzte, unterscheidet sich in ihrer formalen Gestaltung nur marginal von dieser ersten und fand aufgrund der unzulässigen fehlenden Registrierung in der Goldsmiths’ Hall zunächst keinen Eingang in die Forschungsliteratur (siehe Arthur G. Grimwade: London Goldsmiths 1697–1837. Their marks and lives. London 1976 sowie Auss.-Kat. Paul de Lamerie. At the Sign of the Golden Ball, Goldsmiths’ Hall London 1990, London 1990, S. 29). Wie nahezu alle Gravuren auf Silber ist auch jene auf der grossen repräsentativen Schauplatte nicht signiert und jeder Versuch der Zuschreibung kann nur spekulativ erfolgen. Es besteht jedoch eine eindeutige Nähe zu Arbeiten von William Hogarth und Ellis Gamble, die beide Gravuren auf Silberobjekten für Paul de Lamerie entworfen und ausführten (vgl. etwa Charles Oman: "English Engravers on Plate", in: Apollo 1957, S. 286–289). Auch wenn sich anhand erhaltener Dokumente eine offizielle Kooperation von Lamerie und Gamble nur für die Jahre 1723–1728 nachweisen lässt, ist eine frühere Kooperation durchaus denkbar.
Wir danken Prof. Dr. Peter Kurrild-Klitgaard, Generalsekretär der Académie international d’heraldique, für die Unterstützung bei der Identifikation des Wappens.
CHF 8 000 / 12 000 | (€ 8 250 / 12 370)
Verkauft für CHF 70 000 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr