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Lot 3011* - A210 Gemälde Alter Meister - Freitag, 20. September 2024, 14.00 Uhr

JAN BAEGERT genannt MEISTER VON CAPPENBERG

(um 1465–70 Wesel am Niederrhein um 1530–35)
Hausaltar mit der Kreuzigung Christi zwischen dem Hl. Petrus und der Hl. Katharina.
Öl auf Holz.
61,6 × 46,4 cm (Mitteltafel), je 66,2 × 21,6 cm (Seitenflügel).


Gutachten:
Max J. Friedländer, 10.4.1931.

Provenienz:
- Sammlung Baron Bethmann-Hollweg, Burg Rheineck, bis 1933.
- Auktion Lempertz, Köln, 7.–8.4.1933, Los 401.
- Alte norddeutsche Privatsammlung, an obiger Auktion erworben und seither in Familienbesitz.

Ausstellung:
Dortmund 1972, Jan Baegert der Meister von Cappenberg, Museum für Kunst- und Kulturgeschichte der Stadt Dortmund Schloss Cappenberg, 10.5.–29.6.1972, Nr. 11.

Literatur:
- Ausst.-Kat.: Jan Baegert. Der Meister von Cappenberg, Dortmund 1972, S. 15, Nr. 11, Tafel 11.
- Gundula Tschira van Oyen: Jan Baegert. Der Meister von Cappenberg. Ein Beitrag zur Malerei am Niederrhein zwischen Spätgotik und Renaissance. Gesamtdarstellung und kritischer Katalog, Baden-Baden 1972, S. 73-74, Kat.-Nr. 2-4.

Der dreiteilige Altar zeigt eine vielfigurige Darstellung der Kreuzigung Christi. Der aus einer langjährigen Familiensammlung kommende Altar entstammt der Werkstatt des Weseler Malers Jan Baegert, der zwischen 1490 und 1530 tätig war. Mittig ist Christus am Kreuz dargestellt, die ganze Bildhöhe einnehmend. Links darunter sind Maria und Johannes zu sehen. Im Hintergrund eine weite Berg- und Hügellandschaft. Rechts ist ein Bauerngehöft, links die Torburg einer Stadt erkennbar. Auf dem linken Flügel ist der Heilige Petrus mit grossem Schlüssel zu sehen, auf dem rechten die Heilige Katharina im prächtigen Brokatgewand mit Krone und Schwert. Zu ihren Füssen ist das knienden Stifterpaar mit dessen Kindern dargestellt: Links der Ehemann mit den vier Söhnen, rechts die Ehefrau mit den drei Töchtern. Diese Figuren waren bis 1934 noch 2 an der Zahl. Die grössere Anzahl Figuren im heutigen unteren Bereich der Seitenflügel ist auf eine anschliessende Restaurierung zurückzuführen, bei der die Stifterfiguren und ihre Kinder von einer früheren, wohl aus dem 16. Jahrhundert stammenden Übermalung, befreit wurden.

Max J. Friedländer begutachtete den Flügelaltar 1931 im Original als ein Werk des Weseler Malers Jan Baegert. Geboren um 1465 und ausgebildet im Atelier seines Vaters Derick, leitet Baegert zwischen etwa 1492 und 1530 eine produktive Werkstatt. Er war einer der namhaften Künstler am Ende des Mittelalters und zu Beginn der Neuzeit in westdeutschen Raum, der seine Aufträge aus dem Westfälischen aber ebenso von den Kirchen am Niederrhein erhielt. Sein Vater Derick Baegert (um 1440–um 1515) war bereits Maler und brachte es dank seiner Kunst zu grossem Reichtum in der Hansestadt Wesel. Jan Baegerts Werke werden in Münster, Liesborn, Cappenberg und am Niederrhein in Xanten und Kalkar aufbewahrt. Früher bekannt unter dem Notnamen Meister von Cappenberg, benannt nach einem kleinformatigen Triptychon in der ehemaligen Stiftskirche von Cappenberg im südlichen Münsterland, wurde er um 1950 als Jan Baegert identifiziert. Vierzehn frühe Tafeln ehemals eines grossen Altaraufsatzes mit Szenen aus dem Marienleben und aus der Passion Christi befinden sich im Stadtmuseum Münster und zwei Flügel des ehemaligen Hochaltares in Liesborn in der National Gallery in London (Inv.-Nr. NG2154 und NG2563). Eine stilistisch und kompositorisch vergleichbare Kreuzigung Christi von Jan Baegert, welche in die reife Schaffensphase des Malers um 1500 bis 1510 datiert wird, befindet sich in der Alten Pinakothek in München (Inv.-Nr. 1446).

Charakteristisch für den Stil Jan Baegerts sind seine Vorliebe für kostbare Brokatstoffe, die sehr linear ausgearbeiteten Haare und eine freie Farbgebung. Die unterschiedliche Grösse der Seitenflügel und der Mitteltafel legen nahe, dass diese getrennt voneinander ausgeführt und später zu einem Hausaltar zusammengefügt wurden. Die Zentraltafel knüpft dabei stilistisch an Frühwerke Jan Baegerts an und es ist denkbar, dass der Vater, Derick Baegert, an deren Ausführung beteiligt war, worauf Dr. Stephan Kemperdick aufmerksam gemacht hat.

Nebst dem kunsthistorischen Wert dieses Altars spielt auch seine bedeutende Provenienz eine tragende Rolle. Im frühen 20. Jahrhundert befindet sich der Altar auf Burg Rheineck in Besitz des Baron von Bethmann Hollweg. Ob sich der Altar bereits im 19. Jahrhundert in der Familiensammlung und im Besitz des preussischen Kultusminister Moritz August von Bethmann-Hollweg (1795–1877) befunden hat, ist nicht überliefert aber durchaus denkbar.
Die Familie Bethmann ist eine seit dem 18. Jahrhundert in Frankfurt am Main ansässige Familie von Bankiers, die von 1748 bis 1983 die Bethmann Bank führten und als grosszügige Mäzene und Förderer des Frankfurter Kunst- und Kulturlebens wirkten. Neben Moritz August von Bethmann-Hollweg waren auch mehrere seiner Nachkommen einflussreich in der Politik tätig, unter anderem Theobald von Bethmann Hollweg (1856–1921), der zwischen 1909 und 1917 deutscher Reichskanzler war.

Aus der Sammlung Bethmann Hollweg wurden mehrere Werke in der Auktion 1933 bei Lempertz versteigert, unter anderem unser Altar unter der Losnummer 401. Die Familie der heutigen Besitzer erwarben das Werk an der Bethmann-Auktion 1933, wo es bis heute verblieb und nun zum ersten Mal seit fast einem Jahrhundert wieder an einer Auktion angeboten wird.

Wir danken Dr. Stephan Kemperdick und Drs. Henri Defoer für ihre wissenschaftliche Unterstützung bei der Katalogisierung dieses Gemäldes.

CHF 60 000 / 80 000 | (€ 61 860 / 82 470)