Lot 3710 - A193 PostWar & Contemporary - Samstag, 04. Juli 2020, 14.00 Uhr
MARK TOBEY
(Centerville 1890–1976 Basel)
Ohne Titel. 1960.
Tempera auf Vélin.
Unten rechts signiert und datiert: Tobey 60.
48,5 × 38 cm.
Mit der Bestätigung der Authentizität durch das Committee Mark Tobey, Münster, 26. Februar 2018. Das vorliegende Werk ist dort unter der Nummer: 06/02/18-60.52 verzeichnet.
Provenienz:
- Vom vorherigen Besitzer direkt vom Künstler erworben, Privatsammlung Schweiz.
- Privatsammlung Schweiz.
"The dimension that counts for the creative person is the space he creates within himself. This inner space is closer to the infinite than the other, and it is the privilege of the balanced mind. And the search for an equilibrium is essential - to be as aware of inner space as he is of outer space. " Mark Tobey
Mark Tobeys bildkünstlerische Welt ist komplex und kennzeichnet sich durch ein fast unerschöpfliches Potential an Kreativität, Experimentierfreude und der Kraft zur Innovation. Seine Werke sind Ausdruck seiner Spiritualität und seiner Wahrnehmung der Welt. Die beeindruckende Materialität und stilistische Diversität offenbaren und ermöglichen ein breites Spektrum an Themen, etwa der Natur, der Zivilisation, der Städte, der Bewegungen, des Himmels und des Kosmos, des Rhythmus und der Musik, der Leere und der Kontemplation. Er lässt sich von seiner Umgebung inspirieren, in der er versucht eine Abstraktion zu sehen, in der sich eine tiefsinnige, rhythmische Plastizität verbirgt.
Der 1890 geborene Mark Tobey wächst im Mittleren Westen der USA und an den Ufern des Mississippi in Wisconsin auf. Mit sechzehn Jahren zieht er nach Chicago um, wo er am Art Institute Kurse für Öl- und Aquarellmalerei besucht und sein Geld als Industriedesigner in einem Stahlwerk verdient. 1911 geht er nach New York, wo er als Porträtmaler und Modezeichner für die Zeitschrift Vogue arbeitet. Während seiner Zeit in New York entdeckt und bekennt sich Mark Tobey zur spirituellen Lehre Bahā'ullāhs, welche eine Verbindung der grossen Weltreligionen in ihrer Vielfältigkeit zu einer gemeinsamen Weisheit erstrebt. Erst der Umzug nach Seattle im Jahr 1922 fördert seine Hinwendung zur Avantgardekunst. Er unterrichtet am Seattle Cornish College of the Arts und befasst sich gleichzeitig ausführlich mit chinesischer Malerei. Ab 1925 beginnen seine Reisen mit Aufenthalten in Paris, dem Nahen Osten und eine längere Reise nach China und Japan, wo er sich in einem Zen-Kloster mit der Lehre und der Malerei des Zens sowie mit der Kalligrafie beschäftigt. Von nun an versucht er, die fernöstlich inspirierten Linienflüsse mit der europäischen Vorstellung von Masse und Volumen zu verbinden und eine Balance zwischen der Auffassung dieser zwei Welten herzustellen. Er hat zugleich immer einen Fuss in England, wo er zwischen 1930 bis 1938 an der Dartington Hall School in Devonshire unterrichtet. Im Jahr 1960 lässt sich Tobey in Basel nieder. Im selben Jahr erwirbt das Sammlerehepaar Ernst und Hildy Beyeler 40 Werke vom Künstler.
Mark Tobey macht jedes der Länder indem er zeitweise verweilt zu seinem Heimatland und gilt als einer der wenigen Kosmopoliten unter den Künstlern des 20. Jahrhunderts. Er lebt zwischen den Kulturen und Welten, und das ist auch die Aura, die seine Werke ausstrahlen.
Durch die langjährige Beschäftigung mit der Kalligrafie entwickelt Mark Tobey eine eigene bildnerische Schrift; er hat dabei nie die Absicht gehabt eine ostasiatische Bildsprache zu imitieren, vielmehr seine eigene mit seinem westlichen Einfluss geschaffene Charakterisierung zu finden. Darüber hinaus spielt die Stadt New York in der Entwicklung seines persönlichen Zugangs zur Abstraktion eine eminent wichtige Rolle. Über die Architektur von Manhattan nachdenkend, sowie unter dem Einfluss der Kalligrafie und seiner bisherigen spirituellen Erfahrungen, formt er seinen persönlichen Stil des "White Writing". "Seit langem versuchte ich Städte und Stadtleben in meinem Werk miteinander zu verbinden. Schlussendlich fühlte ich, dass ich einen technischen Zugang dazu gefunden habe, der mir erlaubt, das wofür ich mich interessiere, einzufangen. Lichter, aufgefädelter Verkehr, der Fluss der Menschheit, errichtet und fließend durch und rund um sich selbst auferlegte Grenzen, nicht unähnlich dem Chlorophyll, wie es durch die Kanäle eines Blattes fließt." (Aus: Anna Moszynska, Abstract Art, London 1990, S. 133).
Die zwei Arbeiten von 1959 und 1960 (Lose 3713 und 3710), die wir in dieser Auktion anbieten, entstehen während seiner Übersiedlungszeit aus den USA in die Schweiz und sind wunderbare Beispiele seiner "White Writing". Auffallend an den Arbeiten dieser Schaffenszeit ist zunächst ihr kleines, ja intimes Format. Tobey widmet sich akribisch und mit viel Ausdauer dem Schaffen mikroskopischer Welten, die er aus der Beobachtung der Natur, der Stadt und des Lichtes schöpft. Zunehmend überwuchernde Striche, miteinander verbunden, überlagert, die Labyrinthe, urbane Strukturen, Felder, Pilze oder organische Strukturen darstellen. "White lines in movement symbolize a unifying idea which flows through the compartmented units of life bringing the consciousness of a larger relativity."
In den späteren vorliegenden Arbeiten (Los 3707, 3708, 3709 und 3711) finden wir gleichfalls eine organische Struktur, dennoch verlässt Mark Tobey das minuziöse, fein strichartige Zeichnen, um mit einem grösserem Duktus seinen Ausdruck mit einer farbfrohen Palette wiederzugeben. Das wunderbare Werk von 1969 beeindruckt durch das grosszügige Format, die starken Farben und die energische Bewegung der Pinselstriche.
Obwohl all diese Arbeiten zu unterschiedlichen Zeiten entstehen, vermitteln sie den Anschein, alle aus einem meditativen Zustand entstanden zu sein. Dazu sagt Tobey: " I believe that painting should come through the avenues of meditation rather than the canals of action. ".
Seine abstrakt expressionistischen Werke wirken durch den feinen, fleck- oder faserartigen dichten Duktus zugleich bewegt, und dennoch strahlen sie eine unerschütterliche Harmonie aus. Die erscheinenden Liniengeflechte überlagern sich in unzähligen Schichten, immer gleichartig, immer miteinander vernetzt.
Provenienz:
- Vom vorherigen Besitzer direkt vom Künstler erworben, Privatsammlung Schweiz.
- Privatsammlung Schweiz.
"The dimension that counts for the creative person is the space he creates within himself. This inner space is closer to the infinite than the other, and it is the privilege of the balanced mind. And the search for an equilibrium is essential - to be as aware of inner space as he is of outer space. " Mark Tobey
Mark Tobeys bildkünstlerische Welt ist komplex und kennzeichnet sich durch ein fast unerschöpfliches Potential an Kreativität, Experimentierfreude und der Kraft zur Innovation. Seine Werke sind Ausdruck seiner Spiritualität und seiner Wahrnehmung der Welt. Die beeindruckende Materialität und stilistische Diversität offenbaren und ermöglichen ein breites Spektrum an Themen, etwa der Natur, der Zivilisation, der Städte, der Bewegungen, des Himmels und des Kosmos, des Rhythmus und der Musik, der Leere und der Kontemplation. Er lässt sich von seiner Umgebung inspirieren, in der er versucht eine Abstraktion zu sehen, in der sich eine tiefsinnige, rhythmische Plastizität verbirgt.
Der 1890 geborene Mark Tobey wächst im Mittleren Westen der USA und an den Ufern des Mississippi in Wisconsin auf. Mit sechzehn Jahren zieht er nach Chicago um, wo er am Art Institute Kurse für Öl- und Aquarellmalerei besucht und sein Geld als Industriedesigner in einem Stahlwerk verdient. 1911 geht er nach New York, wo er als Porträtmaler und Modezeichner für die Zeitschrift Vogue arbeitet. Während seiner Zeit in New York entdeckt und bekennt sich Mark Tobey zur spirituellen Lehre Bahā'ullāhs, welche eine Verbindung der grossen Weltreligionen in ihrer Vielfältigkeit zu einer gemeinsamen Weisheit erstrebt. Erst der Umzug nach Seattle im Jahr 1922 fördert seine Hinwendung zur Avantgardekunst. Er unterrichtet am Seattle Cornish College of the Arts und befasst sich gleichzeitig ausführlich mit chinesischer Malerei. Ab 1925 beginnen seine Reisen mit Aufenthalten in Paris, dem Nahen Osten und eine längere Reise nach China und Japan, wo er sich in einem Zen-Kloster mit der Lehre und der Malerei des Zens sowie mit der Kalligrafie beschäftigt. Von nun an versucht er, die fernöstlich inspirierten Linienflüsse mit der europäischen Vorstellung von Masse und Volumen zu verbinden und eine Balance zwischen der Auffassung dieser zwei Welten herzustellen. Er hat zugleich immer einen Fuss in England, wo er zwischen 1930 bis 1938 an der Dartington Hall School in Devonshire unterrichtet. Im Jahr 1960 lässt sich Tobey in Basel nieder. Im selben Jahr erwirbt das Sammlerehepaar Ernst und Hildy Beyeler 40 Werke vom Künstler.
Mark Tobey macht jedes der Länder indem er zeitweise verweilt zu seinem Heimatland und gilt als einer der wenigen Kosmopoliten unter den Künstlern des 20. Jahrhunderts. Er lebt zwischen den Kulturen und Welten, und das ist auch die Aura, die seine Werke ausstrahlen.
Durch die langjährige Beschäftigung mit der Kalligrafie entwickelt Mark Tobey eine eigene bildnerische Schrift; er hat dabei nie die Absicht gehabt eine ostasiatische Bildsprache zu imitieren, vielmehr seine eigene mit seinem westlichen Einfluss geschaffene Charakterisierung zu finden. Darüber hinaus spielt die Stadt New York in der Entwicklung seines persönlichen Zugangs zur Abstraktion eine eminent wichtige Rolle. Über die Architektur von Manhattan nachdenkend, sowie unter dem Einfluss der Kalligrafie und seiner bisherigen spirituellen Erfahrungen, formt er seinen persönlichen Stil des "White Writing". "Seit langem versuchte ich Städte und Stadtleben in meinem Werk miteinander zu verbinden. Schlussendlich fühlte ich, dass ich einen technischen Zugang dazu gefunden habe, der mir erlaubt, das wofür ich mich interessiere, einzufangen. Lichter, aufgefädelter Verkehr, der Fluss der Menschheit, errichtet und fließend durch und rund um sich selbst auferlegte Grenzen, nicht unähnlich dem Chlorophyll, wie es durch die Kanäle eines Blattes fließt." (Aus: Anna Moszynska, Abstract Art, London 1990, S. 133).
Die zwei Arbeiten von 1959 und 1960 (Lose 3713 und 3710), die wir in dieser Auktion anbieten, entstehen während seiner Übersiedlungszeit aus den USA in die Schweiz und sind wunderbare Beispiele seiner "White Writing". Auffallend an den Arbeiten dieser Schaffenszeit ist zunächst ihr kleines, ja intimes Format. Tobey widmet sich akribisch und mit viel Ausdauer dem Schaffen mikroskopischer Welten, die er aus der Beobachtung der Natur, der Stadt und des Lichtes schöpft. Zunehmend überwuchernde Striche, miteinander verbunden, überlagert, die Labyrinthe, urbane Strukturen, Felder, Pilze oder organische Strukturen darstellen. "White lines in movement symbolize a unifying idea which flows through the compartmented units of life bringing the consciousness of a larger relativity."
In den späteren vorliegenden Arbeiten (Los 3707, 3708, 3709 und 3711) finden wir gleichfalls eine organische Struktur, dennoch verlässt Mark Tobey das minuziöse, fein strichartige Zeichnen, um mit einem grösserem Duktus seinen Ausdruck mit einer farbfrohen Palette wiederzugeben. Das wunderbare Werk von 1969 beeindruckt durch das grosszügige Format, die starken Farben und die energische Bewegung der Pinselstriche.
Obwohl all diese Arbeiten zu unterschiedlichen Zeiten entstehen, vermitteln sie den Anschein, alle aus einem meditativen Zustand entstanden zu sein. Dazu sagt Tobey: " I believe that painting should come through the avenues of meditation rather than the canals of action. ".
Seine abstrakt expressionistischen Werke wirken durch den feinen, fleck- oder faserartigen dichten Duktus zugleich bewegt, und dennoch strahlen sie eine unerschütterliche Harmonie aus. Die erscheinenden Liniengeflechte überlagern sich in unzähligen Schichten, immer gleichartig, immer miteinander vernetzt.
CHF 60 000 / 80 000 | (€ 61 860 / 82 470)
Verkauft für CHF 132 060 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr