Sie haben noch kein Login?

Klicken Sie hier um sich zu registrieren »


Wenn Sie bereits registriert sind - Login:




Lot 3019* - A190 Gemälde Alter Meister - Freitag, 27. September 2019, 14.00 Uhr

JAN WELLENS DE COCK

(Leiden um 1470–1521 Antwerpen)
Zwei Tafeln eines Altars: Versuchung des heiligen Antonius (verso nächtliche Szene mit Fabelwesen)/ heiliger Hieronymus in einer Landschaft.
Öl auf Holz.
Je 48,5 × 25,5 cm.

Provenienz (heiliger Antonius):
- Auktion Mercier-Velliet-Thulllier, 20.1.1991, Los 140 (zugeschrieben Werkstatt Pieter Huys).
- Europäischer Privatbesitz.

Provenienz (heiliger Hieronymus):
- J. Hauptman, Paris 1891.
- J. Zuercher, Amsterdam.
- Geza Solpray, Paris, 1948.
- Newhouse Galleries, New York, 1958.
- Auktion Christie's, New York, 26.1.2001, Los 126 (als Jan Wellens de Cock).
- Europäischer Privatbesitz.

Ausstellung:
Splendeurs du maniérisme en Flandre 1500–1575, Musée de Flandre, Cassel, 4.5.–29.9.2013, Nr. 50 (beide Tafeln zusammen als Jan Wellens de Cock).

Literatur:
- Marc Rudolf De Vrij: Jan Wellens de Cock. Antwerp Mannerist Associate, Amsterdam 2009, S. 202, Kat. Nr. RA 20 (heiliger Hieronymus, als verworfene Zuschreibung an Jan Wellens De Cock).
- Sandrine Vézilier-Dussart (Hg.): Ausst. Kat. Splendeurs du maniérisme en Flandre 1500–1575, Cassel 2013, Kat. Nr. 50, S. 192-195 (beide Tafeln als Jan Wellens de Cock).

Diese zwei äusserst qualitätsvollen und eindrücklichen Tafeln waren einst Teil eines grösseren Gesamtwerkes und fungierten vermutlich als Flügel eines Triptychons. Spätestens vor 1891 wurden sie getrennt und konnten nun kürzlich von einem privaten Sammler wieder vereint werden.

Einsiedlerheilige, insbesondere die Heiligen Antonius und Hieronymus, wurden im späteren 15. und frühen 16. Jahrhundert sehr geschätzt. Sie zogen sich aus dem weltlichen Leben der Städte zurück, um sich in der Wüste niederzulassen und sich ganz dem Gebet und der christlichen Hingabe zu widmen. Besonders oft wurden sie in der niederländischen und flämischen Malerei dargestellt, unter anderem von Hieronymus Bosch (1450–1516). Die Versuchung des heiligen Antonius fand dabei häufig Verwendung und basiert auf einer umfangreichen ikonographischen Tradition. Die auf der rechten Tafel dargestellte Szene aus der Geschichte des Heiligen Hieronymus ist hingegen eher selten. Hieronymus hatte einen Löwen von einem Dorn in seiner Pranke geheilt und wurde seither von ihm begleitet. Die stürmische Küstenlandschaft bei Nacht auf der Rückseite der Tafel des heiligen Antonius ist hingegen eine ikonographische Rarität. Die bedrohende und finstere nächtliche Szene mit Monsterwesen und Dämonen erinnert stark an das Oeuvre von Hieronymus Bosch, insbesondere an seine Grisaille-Gemälde, wie beispielswiese die Rückseite seines berühmten "Garten der Lüste" im Prado, Madrid (Inv. Nr. 2823), und "Die Flut" im Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam (Inv. Nr. St. 27 und St. 28). Dr. Jaco Rutgers vermutet, dass unsere Darstellung zeitlich sogar vor dem "Seesturm mit Schiffbruch" im Kunsthistorischen Museum, Wien (Inv. Nr. GG 3558), lange Zeit Pieter Brueghel d. Ä. (1525–1569) zugeschrieben, und dem "Sturm mit einer Seeschlacht" im Museo Capodimonte in Neapel, wohl von Herri met de Bles (1500 –1555/1560), entstanden ist. Beide galten bisher als die ältesten bekannten Marine-Darstellungen (siehe ausführliche wissenschaftliche Untersuchung von Dr. Jaco Ruttgers, 15.6.2019).

Bislang ist nur wenig über das Leben von Jan Wellens de Cock überliefert und über seine Identität wird in der Wissenschaft diskutiert (siehe Ausst. Kat. ExtravagAnt! A Forgotten Chapter of Antwerp Painting 1500–1530, Koninklijk Museum voor Schone Kunsten Antwerpen 2005 / Bonefantenmuseum Maastricht 2006, S. 220). Einträge der Antwerpener Malergilde aus den Jahren 1506 und 1516 belegen seine Tätigkeit als Lehrmeister sowie seine Funktion als Dekan der Gilde, die er sich mit seinem Malerkollegen Joos van Cleve (1485–1540) teilte. Unter anderem lernten auch de Cocks Söhne, Hieronymus (1518–1570) und Matthys (1505–1548), in seiner Werkstatt, wobei vor allem ersterer nicht nur als Maler und Kupferstecher bekannt wurde, sondern zum wichtigsten Verleger des 16. Jahrhunderts avancierte, und massgeblich zur Verbreitung von Zeichnungen und Stichen, wie beispielsweise jene seines einstigen Lehrlings Pieter Brueghel d. Ä. (1525/30–1569), beitrug. Da bislang keine signierten Werke des Künstlers bekannt sind, rekonstruierte Max J. Friedländer das Oeuvre des Jan Wellens de Cock basierend auf dem Gemälde "Landschaft mit Heiligem Christophorus", das in einem Stich reproduziert wurde und mit "Pictum J. Kock" signiert ist (siehe Max J. Friedländer: Early Netherlandish Painting, Bd. XI: The Antwerp Mannerists / Adriaen Ysebrant, Leiden / Brüssel 1974, S. 37–43 und 78–79). Nicht nur das Thema dieses Bildes, ein weiterer Einsiedler, entspricht unserer Darstellung der Heiligen Antonius und Hieronymus, auch viele stilistische Ähnlichkeiten fallen auf: Die kräftige Bewölkung im Himmel des Hl. Christophorus findet sich auch in unseren Tafeln wieder, ebenso die stellenweise schematisch wirkenden Blätter der Bäume. Die weissen Lichtakzente am Umhang des Christophorus finden sich an den Schultern unseres heiligen Hieronymus wieder. Auch die Ausführung der Nebenfiguren, die teilweise etwas unnatürlich erscheinen, sind charakteristisch für Jan Wellens de Cock. Die zwei hintereinander dargestellten Kamele finden sich ausserdem in einer Darstellung des heiligen Hieronymus in einer Höhle wieder, welche sich im Museum für Angewandte Kunst in Köln befindet (Inv. Nr. KGM 1072).

Jan Wellens de Cock zählt zu jener Gruppe von Malern, die als Antwerpener Manieristen bezeichnet werden. Ihre Arbeiten florierten in einem kulturellen Klima, das von der Wirtschafts- und Handelskraft des unangefochtenen kommerziellen Zentrums des damaligen Europas geprägt war. Meister wie etwa Goossen van der Weyden (um 1465–1538), der frühe Jan Gossaert (1478–1532), Jan de Beer (um 1475–vor 1528), Herri met de Bles (1500 –1555/1560) oder Jan Meyden (1500/02–1559/60) zählen zu den Protagonisten der Antwerpener Manieristen. Mit ihnen teilt de Cock seine Vorliebe für überspitzte figurale Formen, reiche Kostüme und kräftige Farben, die auch in dem hier angebotenen Werk deutlich werden.

CHF 180 000 / 280 000 | (€ 185 570 / 288 660)


Verkauft für CHF 522 800 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr