Lot 3005 - A170 Gemälde Alter Meister - Freitag, 19. September 2014, 15.00 Uhr
SCHWEIZER MEISTER, UM 1500
(aus dem Umkreis der Nelkenmeister, tätig zwischen 1479–1510)
Flügelaltar (Triptychon): Krönung Mariä (Mitteltafel), Hl. Bernhard von Clairvaux und Hl. Agnes (Aussenflügel), Verkündigung und Anna Selbdritt (Innenflügel).
Öl auf Holz.
46 × 46 cm (Mitteltafel), 47 × 20 cm (Aussenflügel).
Gutachten:
Ludwig Meyer, 20.7.2000 (als Schweizer Nelkenmeister, um 1500).
Provenienz:
Seit mehreren Jahrzehnten in Schweizer Privatbesitz.
Das hier angebotene Triptychon ist angesichts seiner Vollständigkeit und völlig unberührten Malerei sehr selten und kostbar. Seine Ikonographie mit der Marienkrönung als Mittelbild, der Verkündigung auf dem linken und Anna Selbdritt auf dem rechten Innenflügel, sowie der Heiligen Agnes auf dem rechten Aussenflügel, greift Themen weiblicher Ikonographie auf und lässt vermuten, dass es der privaten Andacht einer Nonne gedient haben mag, worauf auch die auf dem rechten Aussenflügel dargestellte Stifterin ebenfalls hindeutet. Auf dem linken Aussenflügel ist der einzige männliche Heilige, Bernard von Clairvaux, dargestellt - dies möglicherweise im Zusammenhang mit einem Herstellungskontext eines Zisterzienserklosters. Auch Ludwig Meyer vermutet die Herkunft unseres Retabels in einem Frauenkloster in der Schweiz.
Stilistisch steht das hier angebotene Retabel zwischen einem bekannten Ensemble spätgotischer Altartafeln aus Bremgarten im Kanton Aargau (siehe insbesondere Stange, Alfred: Kritisches Verzeichnis der deutschen Tafelbilder vor Dürer, München 1967-1978, Band II, Nr. 377) und der zwischen 1479 und 1510 entstandenen Werkgruppe der sogenannten Nelkenmeister, die ebenfalls zum Teil im Kanton Aargau tätig waren und ihre Werke mit Nelken und manchmal einer Rispe als ihrem Zeichen versahen. So lässt sich die Heilige Agnes in unserem Altar mit den Aussenflügeln eines Marienaltars aus dem Umkreis der Nelken-Rispe-Meister vergleichen, das sich im Musée des Beaux-Arts in Dijon befindet (Inv. Nr. D 187 A und B): die Haltung, Proportionen, Gewandfigur mit etwas manierierten Faltenwürfen, die gestaffelte Landschaft mit schönen Details und kahlen Gebirgsformationen im Hintergrund sowie die Hände mit etwas verdickten Handrücken und langen Fingern finden sich in beiden Beispielen wieder. Die in unserem Altar zu Füssen Marias in der Verkündigung liegenden Nelken sind wohl allerdings nicht, wie es Ludwig Meyer vermutete, als Maleridentifikation der Nelkengruppe zu verstehen, sondern gehören in diesem Kontext zur Mariensymbolik, wie sie beispielsweise auch in einer vergleichbaren Tafel im Musée d'Art et d'Histoire in Neuchâtel zu sehen sind (Inv. Nr. AP 796, siehe Gutscher-Schmid, Charlotte: Nelken statt Namen. Die spätmittelalterlichen Malerwerkstätten der Berner Nelkenmeister, Bern 2007, Kat. IX.3, S. 255, Abb. 9.14, S. 148.
Der Maler unseres Retabels war mit Kupferstichen des berühmten oberrheinischen Künstlers Martin Schongauer (um 1445-1491) bestens vertraut und arbeitete wohl nach Vorlagen, die um 1480 entstanden sind. Dies zeigt sich beispielsweise beim Baldachin und bei der zurückgewandten Haltung der Maria bei der Verkündigungsszene (siehe Lehrs, Max: Martin Schongauer: The Complete Engravings - a catalogue raisonné, San Francisco 2005, Kat. Nr. 1, S. 68). Weiter zeigt sich die Verbundenheit mit dem Werk Schongauers bei der Figur der Heiligen Agnes, die mit einem etwas dicken Hals und stereotyper Handstellung dargestellt ist. Die Ikonographie der Marienkrönung durch Jesus und Gottvater im Zentrum geht wohl auf eine einst verbreitete, heute verlorene graphische Vorlage zurück. Die Gleichstellung von Jesus und Gottvater ist wiederum in einem Kupferstich Schongauers angelegt (siehe Lehrs 2005, Kat. Nr. 17, S. 116), ebenso wie die Weltkugel, die Sitzhaltung und die Manteldraperie von Jesus und Gottvater, sowie die Bank aus grauem Stein mit Eckkrabben und Rückwand aus Brokat.
Ungewöhnlich ist hingegen das Motiv der grossen Mondsichel, die von zwei Engeln gehalten wird und über welcher der blaue Mantel Marias in dekorativer Draperie fällt. Viele Motive zeigen, dass der Maler unseres Retabels die von ihm verwendeten Vorlagen nicht direkt kopierte, sondern sie geschickt variierte und mit eigenen Ideen anreicherte.
Wir danken Dr. Charlotte Gutscher-Schmid für ihre Hilfe bei der Katalogisierung dieses Retabels.
Ludwig Meyer, 20.7.2000 (als Schweizer Nelkenmeister, um 1500).
Provenienz:
Seit mehreren Jahrzehnten in Schweizer Privatbesitz.
Das hier angebotene Triptychon ist angesichts seiner Vollständigkeit und völlig unberührten Malerei sehr selten und kostbar. Seine Ikonographie mit der Marienkrönung als Mittelbild, der Verkündigung auf dem linken und Anna Selbdritt auf dem rechten Innenflügel, sowie der Heiligen Agnes auf dem rechten Aussenflügel, greift Themen weiblicher Ikonographie auf und lässt vermuten, dass es der privaten Andacht einer Nonne gedient haben mag, worauf auch die auf dem rechten Aussenflügel dargestellte Stifterin ebenfalls hindeutet. Auf dem linken Aussenflügel ist der einzige männliche Heilige, Bernard von Clairvaux, dargestellt - dies möglicherweise im Zusammenhang mit einem Herstellungskontext eines Zisterzienserklosters. Auch Ludwig Meyer vermutet die Herkunft unseres Retabels in einem Frauenkloster in der Schweiz.
Stilistisch steht das hier angebotene Retabel zwischen einem bekannten Ensemble spätgotischer Altartafeln aus Bremgarten im Kanton Aargau (siehe insbesondere Stange, Alfred: Kritisches Verzeichnis der deutschen Tafelbilder vor Dürer, München 1967-1978, Band II, Nr. 377) und der zwischen 1479 und 1510 entstandenen Werkgruppe der sogenannten Nelkenmeister, die ebenfalls zum Teil im Kanton Aargau tätig waren und ihre Werke mit Nelken und manchmal einer Rispe als ihrem Zeichen versahen. So lässt sich die Heilige Agnes in unserem Altar mit den Aussenflügeln eines Marienaltars aus dem Umkreis der Nelken-Rispe-Meister vergleichen, das sich im Musée des Beaux-Arts in Dijon befindet (Inv. Nr. D 187 A und B): die Haltung, Proportionen, Gewandfigur mit etwas manierierten Faltenwürfen, die gestaffelte Landschaft mit schönen Details und kahlen Gebirgsformationen im Hintergrund sowie die Hände mit etwas verdickten Handrücken und langen Fingern finden sich in beiden Beispielen wieder. Die in unserem Altar zu Füssen Marias in der Verkündigung liegenden Nelken sind wohl allerdings nicht, wie es Ludwig Meyer vermutete, als Maleridentifikation der Nelkengruppe zu verstehen, sondern gehören in diesem Kontext zur Mariensymbolik, wie sie beispielsweise auch in einer vergleichbaren Tafel im Musée d'Art et d'Histoire in Neuchâtel zu sehen sind (Inv. Nr. AP 796, siehe Gutscher-Schmid, Charlotte: Nelken statt Namen. Die spätmittelalterlichen Malerwerkstätten der Berner Nelkenmeister, Bern 2007, Kat. IX.3, S. 255, Abb. 9.14, S. 148.
Der Maler unseres Retabels war mit Kupferstichen des berühmten oberrheinischen Künstlers Martin Schongauer (um 1445-1491) bestens vertraut und arbeitete wohl nach Vorlagen, die um 1480 entstanden sind. Dies zeigt sich beispielsweise beim Baldachin und bei der zurückgewandten Haltung der Maria bei der Verkündigungsszene (siehe Lehrs, Max: Martin Schongauer: The Complete Engravings - a catalogue raisonné, San Francisco 2005, Kat. Nr. 1, S. 68). Weiter zeigt sich die Verbundenheit mit dem Werk Schongauers bei der Figur der Heiligen Agnes, die mit einem etwas dicken Hals und stereotyper Handstellung dargestellt ist. Die Ikonographie der Marienkrönung durch Jesus und Gottvater im Zentrum geht wohl auf eine einst verbreitete, heute verlorene graphische Vorlage zurück. Die Gleichstellung von Jesus und Gottvater ist wiederum in einem Kupferstich Schongauers angelegt (siehe Lehrs 2005, Kat. Nr. 17, S. 116), ebenso wie die Weltkugel, die Sitzhaltung und die Manteldraperie von Jesus und Gottvater, sowie die Bank aus grauem Stein mit Eckkrabben und Rückwand aus Brokat.
Ungewöhnlich ist hingegen das Motiv der grossen Mondsichel, die von zwei Engeln gehalten wird und über welcher der blaue Mantel Marias in dekorativer Draperie fällt. Viele Motive zeigen, dass der Maler unseres Retabels die von ihm verwendeten Vorlagen nicht direkt kopierte, sondern sie geschickt variierte und mit eigenen Ideen anreicherte.
Wir danken Dr. Charlotte Gutscher-Schmid für ihre Hilfe bei der Katalogisierung dieses Retabels.
CHF 60 000 / 80 000 | (€ 61 860 / 82 470)
Verkauft für CHF 180 000 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr