Lot 3621 - Z37 Grafik & Multiples - Samstag, 06. Dezember 2014, 13.30 Uhr
EDVARD MUNCH
(Løten/Norwegen 1863–1944 Ekely bei Oslo)
The brooch. Eva Mudocci. 1903.
Chalk lithograph, 1st state.
Kreidelithografie, 1. Zustand. Unten rechts signiert und bezeichnet: Edv. Munch. Lashally. Unten links mit der handschriftlichen Nummer: 255-27, darüber nochmals bezeichnet: Lashally. Verso unten links mit dem Stempel: Munch-museet 1968 Be.-nr. 255-12. Darstellung 60 x 46 cm auf dünnem Japanpapier 83,5 x 63 cm. Gedruckt bei Lashally. KäufeE
Image 60 x 46 cm on thin Japan paper 83.5 x 63 cm. Printed by Lassally.
Wir danken Magne Bruteig vom Munch Museet, Oslo für seine wissenschaftliche Unterstützung. Werkverzeichnis: - Schiefler, Nr. 212. - Woll, Nr. 244, I 2. Provenienz: - Bis in die 1970er Jahre Munch Museet, Oslo. - Kornfeld & Klipstein, Bern. - Dort vom heutigen Besitzer vor ca. 40 Jahren gekauft, seitdem in Schweizer Privatbesitz. Edvard Munch gehört mit Ernst Ludwig Kirchner zu den herausragendsten Grafikern der Klassischen Moderne. Neben seinem malerischen Oeuvre schafft er einen umfassenden, vollkommen eigenständigen grafischen Werkkomplex, in dem einige Ikonen der Kunstgeschichte des vergangenen Jahrhunderts zu finden sind. 1863 wird Edvard Munch als Sohn eines Militärarztes in Løten, Norwegen geboren. Seine Mutter und seine älteste Schwester sterben 1868 bzw. 1877 an Tuberkulose, woraufhin seine Tante Karen Bjølstad die Erziehung übernimmt und den Haushalt führt. 1879 beginnt Munch mit einem Architekturstudium an der Technischen Hochschule von Kristiania (heute Oslo), entschliesst sich aber schon im Jahr darauf, dass Studium wiederaufzugeben, um Maler zu werden. 1881 schreibt er sich für die Zeichenklasse der Kongelige Tegneskole ein und gehört zur sogenannten "Kristiania-Bohème". Zunächst ist er mit einzelnen Arbeiten auf Kunst- und Industrieausstellung sowie Gruppenausstellung vertreten, bis er dann 1889 seine erste Einzelausstellung in Kristiania bekommt. Er reist schon früh durch Europa und lebt immer wieder für einige Jahre in Paris bzw. Nizza und in Berlin; den Sommer verbringt er oft in Norwegen. 1900 hält er sich erstmals für einen Monat in einem Sanatorium auf - weitere Aufenthalte wegen eines Nervenleidens und Alkoholsucht werden folgen; 1908 erleidet Munch einen Nervenzusammenbruch. 1902 sieht Gustav Schiefler erstmals Druckgrafiken von Munch und beginnt, fasziniert von seiner Arbeit, zwei Jahre später die Arbeit an seinem Werkverzeichnis; der erste Band erscheint 1907, der Zweite dann 1928. 1903 ist ein sehr erfolgreiches Jahr für Munch. Die zunehmenden Verkäufe seiner Druckgrafik veranlassen den Galeristen Bruno Cassirer Edvard Munch eine Zusammenarbeit vorzuschlagen, die ein Jahr später mit einem Vertrag offziell wird. Auch mit der Galerie Commeter und mit Alfred Flechtheim arbeitet er eng zusammen. 1908 erwirbt die Nasjonalgalleriet in Kristiania zahlreiche Munch Gemälde und ihm wird der Königlich Norwegische St.-Olav-Orden verliehen. 1909 beginnt er mit den Dekorationsentwürfen für die Aula der Universität, was nicht sein einziges Wandgemälde bleiben wird. 1910 kauft er das Anwesen Ramme in Hvisten, 1916 das Gut Ekely, das er systematisch ausbaut. Durch die renommierten Galerien, Ausstellungen und auch das grosse Grafikoeuvre kann Munch von seiner Kunst leben. Von zahlreichen Grafiken bestellt er über die Jahre hinweg neue Abzüge bei seinen Druckereien in Norwegen und Berlin. Zahlreiche Ausstellungen seines malerischen und grafischen Oeuvres finden in ganz Europa statt, die den Expressionisten bekannt machen und seine Bedeutung für die Avantgarde beweisen. 1922 richtet das Kunsthaus Zürich eine grosse Retrospektive mit 73 Gemälden und 433 Grafiken aus; die grösste Retrospektive seines Oeuvres findet dann 1927 in Berlin statt. 1930 erkrankt Munch an einer Augenkrankheit, die ihn nach einer sehr produktiven Phase in seiner neuen Druckwerkstatt, zu absoluter Ruhe zwingt. Mit dem Tod des deutschen Sammlers Heinrich Stinnes 1932 werden zahlreiche seiner bedeutendsten Grafiken veräussert. 1936 geht die Sammlung Rolf E. Stenersen mit ca. 400 Munch Grafiken an die Stadt Anker und bildet heute einen Grossteil der Kunstsammlungen von Oslo. 1936/37 werden viele Werke Munchs aus Deutschland nach Norwegen geschafft und dort verauktioniert, wobei die Nationalgalerie einen grossen Teil der Werke erwirbt. 1940 bestimmt Edvard Munch testamentarisch, dass sein gesamtes künstlerisches Werk der Stadt Oslo zukommt. Das Schaffen von Kunst hat für ihn immer eine grosse gesellschaftliche Bedeutung und somit ist ihm immer daran gelegen, seine Kunst, z.B. auch durch die Grafik oder Wandgemälde, einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Laut Woll handelt es sich um 1006 Gemälde, 15391 Grafiken, 4443 Zeichnungen und Aquarelle, 6 Skulpturen und diverse Lithosteine, Holzstöcke und Kupferplatten. Im hohen Alter von 81 Jahren verstirbt Edvard Munch im Januar 1944 in seinem Haus in Ekely. Mit der vorliegenden Lithografie "Die Brosche. Eva Mudocci" schafft Edvard Munch 1903 eines seiner schönsten Frauenporträts. Das grossformatige Brustbildnis zeigt die Violistin frontal mit leicht geneigtem Kopf, wachen Augen und leicht verträumten Blick. Die Einfachheit der Komposition macht gleichzeitig die ungeheure Wirkung aus. Mit langen, kräftigen Tuschstrichen und kontrastierenden feinen Strichen malt Munch die dunklen, vollen Haare, die sich mit dem dunklen Hintergrund verweben und so das Gesicht umrahmen und aus der Komposition effektvoll hervorheben. Gekonnt kontrastiert er das tiefe Schwarz der Lithografie mit dem Beigeton des Blattes. Auch die namensgebende Brosche direkt am Halsansatz und der darunter liegende dreieckige Ausschnitt lenken den Blick des Betrachters einzig und allein auf das Gesicht, das aus dem dunklen Hintergrund hervorzutreten scheint. Als passionierter Grafiker hat er immer wieder neue Versionen seiner Grafiken erschaffen und mit Veränderungen in der Komposition experimentiert. Im 3. Zustand unseres Blattes hat er am unteren Bildrand einen Arm ergänzt. Vergleicht man diese zwei Versionen fällt sofort auf, wie entscheidend diese doch kleine Veränderung ist, denn der Ausdruck des Blattes verändert sich vollkommen und der absolute Fokus, der in unserem Blatt auf der Violistin liegt, geht verloren. Eva Mudocci (1883-1953) ist eine berühmte britische Violistin, die Munch 1903 kennenlernt. Für einige Jahre verbindet die beiden eine enge Freundschaft, deren Nähe und Vertrautheit man in unserem Werk spüren kann. Es entstehen noch weitere Grafiken, wie "Salome" und das "Geigenkonzert", beide von 1903.
CHF 130 000 / 180 000 | (€ 134 020 / 185 570)
Verkauft für CHF 282 000 (inkl. Aufgeld)
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