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Lot 3210* - A164 Gemälde des 19. Jahrhunderts - Freitag, 22. März 2013, 17.00 Uhr

CARL SPITZWEG

(1808 München 1885)
Das Ständchen.
Öl auf Karton.
Unten links monogrammiert: S im Rhombus.
30,9 x 14,5 cm.

Provenienz: - Auktion Sotheby's, München, 29.11.1989, Los 69. - Europäische Privatsammlung. Literatur: - Vogel, Julius: Carl Spitzweg. Acht Gemälde, Leipzig o. J., Farbabb. Nr. 6. - Roennefahrt, Günther.: Carl Spitzweg. Beschreibendes Verzeichnis seiner Gemälde, Ölstudien und Aquarelle, München 1960, Nr. 1083. - Wichmann, Siegfried: Carl Spitzweg. Ständchen-, Serenaden- und Strassensänger-Bilder. Ein Beitrag zum musikalischen Spitzweg, Starnberg-München,1975, Nr. 26 Abb. - Wichmann, Siegfried: Das grosse Spitzweg-Album, Herrsching 1984, S. 108, Nr. 158 Farbabb. - Wichmann, Siegfried: Carl Spitzweg. Nächtliches Ständchen. Dokumentation, Starnberg-München, R.f.v.u.a.K. 1995, S. 26 f., Bayer. Staatsbibl. München, Inv.-Nr. Ana 656 SW 72. - Wichmann, Siegfried: Carl Spitzweg. Verzeichnis der Werke, Stuttgart 2002, Kat. Nr. 1565, S. 565, mit Farbabb. Ob alle Anwohner des "Ständchens" von den nächtlichen Darbietungen so begeistert sind? Hinter mehreren Fenstern sind Köpfe heimlicher Zuhörer erkennbar, die das Treiben beobachten; und das dauert wohl schon eine ganze Weile. Denn drei der Sänger halten nicht ein einzelnes Notenblatt in der Hand, sondern gleich ein dickes Liederbuch. Die Sänger richten ihre Töne nicht mehr nach oben, wo die Angebetete auf einem Balkon verharrt. Eine gewisse Müdigkeit hat sich bei ihnen breitgemacht. Der junge Mann im blauen Mantel schaut gar nicht mehr zu ihr hinauf, sondern blickt aus dem Bild heraus den Betrachter an. Leidenschaft, möchte man ihm zurufen, sieht aber anders aus. Vielleicht hat er sich nicht gerade die ideale Unterstützung für sein Liebeswerben gesucht, obgleich die drei älteren Semester mit ihren ergrauten Häuptern und eingefallenen Wangen sicherlich ihr Bestes geben. Vielleicht hätte er lieber gleich alleine kommen sollen zu seiner Holden, anstatt mit den musikalischen Bemühungen die ganze Nachbarschaft zu wecken. Gekleidet in einer zarten weissen Bluse, die von ihrer nun entblössten Schulter gerutscht ist, schien sie ja durchaus nicht abgeneigt zu sein. Nur wenige Meter trennen den Verliebten von der Wartenden. Die Treppenstufen, die ihn zu ihr führen würden, liegen ja direkt vor ihm. Doch nun sind sie unerreichbar. In dieser Nacht, das hat er nun eingesehen, wird das wohl nichts mehr. Spitzweg erweist sich in unserem "Ständchen" als wahrer Meister in der Führung der verschiedenen Lichtquellen. Als hätte er noch nicht genug Aufmerksamkeit auf den Serenadensänger gelenkt, stellt er ihn auch noch in den hellen Mondschein, der - für uns nicht sichtbar, sozusagen in unserem Rücken - von links einfällt und von Hauswand und Boden reflektiert wird. Das rötliche Leuchten der Stubenlampen und die funkelnden Sterne fügen winzige Akzente hinzu. Die Architektur hat in Carl Spitzwegs Gemälden nie eine nur rahmende oder pitturesk-schmückende Funktion. Sie erzählt eigene Geschichten, öffnet Perspektiven, sie spielt mit den Figuren. Die Form des Baretts unseres Werbenden etwa - das ebenso wie sein Umhang zu einer um 1815-25 gebräuchlichen "Altdeutschen Tracht" zählte, auf die junge Frau also reichlich altmodisch wirken muss - wird seitenverkehrt durch einen Mauerbogen über ihm gespiegelt, wie ein spöttisches Echo. Die Angebetete findet ihre Entsprechung in der Heiligenfigur weiter links unten. Beide, Mädchen wie Heiliger, können nur von unten angebetet werden.

CHF 60 000 / 80 000 | (€ 61 860 / 82 470)


Verkauft für CHF 72 000 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr