Lot 3038 - A168 Gemälde Alter Meister - Freitag, 28. März 2014, 15.00 Uhr
GERRIT DOU
(1613 Leiden vor 1675)
Einsiedler im Gebet. Um 1670.
Öl auf Holz.
Unten links auf dem Buch signiert: GDOV.
34,5 × 29 cm.
Provenienz:
- Verlassenschaft des churfürstli. Hofkammer- und Commecienraths Joseph van Dufresne, 1760 (laut verschollener Etikette).
- Sammlung Kurfürstliche Galerie, Alte Pinakothek, München, Inv. Nr. 578, bis 1935.
- Sammlung Stadtresidenz, Landshut, 1935.
- Kunsthandel Dr. Plietzsch, Berlin, Oktober 1938.
- Kunsthandel Cornelis B. de Bruin, Utrecht, 10.7.1951.
- Sammlung Jacques Salmanowitz, Versoix.
- Bedeutende Westschweizer Privatsammlung.
Literatur:
- John Smith: A Catalogue Raisonné of the Works of the Most Eminent Dutch, Flemish and French Painters, Band I, London 1829, Kat. Nr. 114, S. 39.
- Wilhelm Martin: Leven en werken van Gerrit Dou, Leiden 1901, Kat. Nr. 21, S. 186.
- Kat. Sammlung Kurfürstliche Galerie, Alte Pinakothek, München 1904, Kat. Nr. 400.
- Cornelis Hofstede de Groot: Beschreibendes und kritisches Verzeichnis der Werke der hervorragendsten holländischen Maler des 17. Jahrhunderts, Esslingen / Paris 1907, Kat. Nr. 20, S. 346.
- Louis Dimier: Gérard Dou, sa vie et son oeuvre, Paris 1911, Kat. Nr. 12.
- Wilhelm Martin (Hg.): Gerard Dou. Des Meisters Gemälde, Stuttgart / Berlin 1913, S. 6 (dort um 1670 datiert).
- Ronni Baer: The paintings of Gerrit Dou (1613-1675), Ph. D. Dissertation, New York 1990, Nr. 119.
Dieses in einer Schweizer Privatsammlung entdeckte Gemälde Gerrit Dous von exquisiter Qualität konnte Ronni Baer kürzlich erstmals intensiv im Original untersuchen und sie bestätigt, dass es sich hierbei um dasjenige handelt, welches sie in ihrem Werkverzeichnis von 1990 unter Nr. 119 erwähnt (siehe Literatur). Damals lag ihr ausschliesslich eine Schwarzweissfotografie vor.
Das Gemälde war einst in der Sammlung der Kurfürstlichen Galerie, Alte Pinakothek, bevor es 1935 in die Sammlung der Stadtresidenz in Landshut überführt und im Tausch 1938 an den Kunsthändler Dr. Plietzsch nach Berlin weitergereicht wurde (schriftliche Bestätigung der Alten Pinakothek liegt vor). Über den holländischen Kunsthandel gelangte das Gemälde dann schliesslich in die Schweiz und taucht nun nach langer Zeit wieder auf den Kunstmarkt auf. Dargestellt ist ein Eremit in einer grottenartigen Kulisse, in seinen zum Gebet gefalteten Händen, die auf einem grossen geöffneten Buch ruhen, hält er ein hölzernes Kruzifix. Vor ihm finden sich mehrere Vanitasgegenstände, ein Schädel, eine umgefallene Sanduhr, ein Rosekranz, weitere Bücher sowie ein abgestorbener, knochiger Baum, der mit Moos überwachsen ist und an dessen Ast eine Laterne hängt. Neben dem Baum ist sein Flechtkorb abgestellt und im Vordergrund seine lederne Trinkflasche. Das aufgeschlagene Buch lässt in grossen Buchstaben die Überschrift "de Prophet Jesaia" erkennen und auch dem Anfangsbuchstaben des Textes, ein aufwändig verziertes H, schenkte Dou besonderes Augenmerk. Das Buch Jesaja, vom gleichnamigen Propheten im 8. Jahrhundert vor Chr. geschrieben, thematisiert die messianische Prophezeiung mit der Geburt Christi (7,14), seiner Göttlichkeit (9,6-7), seiner Geistlichkeit (9,1-2; 42, 1-7; 61, 1-2) und seinem Tod (52,1-53,12). Dabei war Prophet Jesaja, mehr noch als alle anderen Propheten, bedacht, besonders das erlösende Handeln Christi und die göttliche Gnade zu preisen. So erscheint es Ronni Baer auch nicht zufällig, dass Dou dem abgestorbenen Baum sowie den Vanitasobjekten die heiligen Schriften und das Kruzifix gegenübersetzt. Der Eremit verdeutlicht somit den Triumph über den Tod durch Gebet und Studium der Heiligen Schriften.
Ein ähnliches Gemälde eines betenden Eremiten in der Einöde findet sich in einem Ehepaarbildnis wieder, welches einst Gerrit Dou zugeschrieben wurde (Wheelock, Arthur K.: Dutch Paintings of the Seventeenth Century, The Collections of the National Gallery of Arts Systematic Catalogues, Washington 1995, 60, Abb. 2). In einem Interieur sind Eheleute umgeben von ihren profanen Interessen und materialistischen Besitztümern dargestellt, während das Gemälde des Eremiten an der Rückwand des Raumes angebracht ist. Dieses versteht sich eindeutig als Anspielung auf die kontemplative Lebensform als Gegensatz zum aktiven Eheleben. Der Eremit wurde somit in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts zur Personifikation von Frömmigkeit und Andacht und verstand sich als tugendhafter Ausgleich, die Turbulenzen des Alltags zu meistern (siehe hierzu Baer, Ronni (u.a.): Gerrit Dou 1613-1675. Master Painter in the Age of Rembrandt, New Haven/London 2000, S. 132). Zeitlich reiht sich diese hier angebotene Darstellung eines Eremiten zwischen zwei Gemälden ähnlicher Thematik ein, die sich heute beide in bedeutenden öffentlichen Sammlungen befinden. Das 1664 datierte im Rijksmuseum in Amsterdam (siehe Abb. 1, Baer, ebd., Kat. Nr. 91), bei welchem der Eremit in fast identischer Weise dargestellt ist und ein vergleichbarer Lichtstrahl von links auf den Betenden fällt, sowie dasjenige im Minneapolis Institute of Arts (siehe Abb. 2, ebd., Kat. Nr. 120), welches 1670 datiert ist. Ronni Baer schlägt daher eine Entstehung unseres Gemäldes zwischen 1667-70 vor. Gerrit Dou, einer der wohl bedeutendsten Maler der Niederlanden des 17. Jahrhunderts und Begründer der Schule der Leidener Feinmalerei, erhielt zunächst von 1625 - 1627 seine künstlerische Ausbildung als Glasmaler, bevor er 1628 Rembrandts Werkstatt in Leiden beitrat. Dort verweilte er wohl bis Rembrandts Abreise nach Amsterdam im Jahre 1631 oder spätestens 1632, als Dou als unabhängiger Meister in Leiden verzeichnet ist. Während sein anfänglicher Malstil noch stark von Rembrandt beeinflusst war, zeichnen sich seine Werke durch eine besondere Feinheit in der Malweise und eine eindrückliche Lichtinszenierung aus. Dou war einer der Mitgründer der Leidener Malergilde, deren Mitglied er 1648 wurde. Zu seinen Schülern zählten Gottfried Schalcken und Frans van Mieris sowie dessen Söhne. Eine Einladung König Charles II. nach England lehnte er ab und verweilte bis zu seinem Tod in Leiden. Das hier angebotene Gemälde des Eremiten im Gebet zählt zu seinem Spätwerk und verdeutlich in eindrücklicher Weise die künstlerische Perfektion Gerrit Dous.
Wir danken Dr. Ronni Baer für die Begutachtung des Gemäldes im Original und die Bestätigung der Eigenhändigkeit.
Ferner gilt unser Dank Dr. Bernd Ebert für die zur Verfügung gestellten Angaben zur Provenienz aus dem Archiv der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen.
Das Gemälde ist im RKD, Den Haag, als eigenhändiges Werk von Gerrit Dou archiviert.
- Verlassenschaft des churfürstli. Hofkammer- und Commecienraths Joseph van Dufresne, 1760 (laut verschollener Etikette).
- Sammlung Kurfürstliche Galerie, Alte Pinakothek, München, Inv. Nr. 578, bis 1935.
- Sammlung Stadtresidenz, Landshut, 1935.
- Kunsthandel Dr. Plietzsch, Berlin, Oktober 1938.
- Kunsthandel Cornelis B. de Bruin, Utrecht, 10.7.1951.
- Sammlung Jacques Salmanowitz, Versoix.
- Bedeutende Westschweizer Privatsammlung.
Literatur:
- John Smith: A Catalogue Raisonné of the Works of the Most Eminent Dutch, Flemish and French Painters, Band I, London 1829, Kat. Nr. 114, S. 39.
- Wilhelm Martin: Leven en werken van Gerrit Dou, Leiden 1901, Kat. Nr. 21, S. 186.
- Kat. Sammlung Kurfürstliche Galerie, Alte Pinakothek, München 1904, Kat. Nr. 400.
- Cornelis Hofstede de Groot: Beschreibendes und kritisches Verzeichnis der Werke der hervorragendsten holländischen Maler des 17. Jahrhunderts, Esslingen / Paris 1907, Kat. Nr. 20, S. 346.
- Louis Dimier: Gérard Dou, sa vie et son oeuvre, Paris 1911, Kat. Nr. 12.
- Wilhelm Martin (Hg.): Gerard Dou. Des Meisters Gemälde, Stuttgart / Berlin 1913, S. 6 (dort um 1670 datiert).
- Ronni Baer: The paintings of Gerrit Dou (1613-1675), Ph. D. Dissertation, New York 1990, Nr. 119.
Dieses in einer Schweizer Privatsammlung entdeckte Gemälde Gerrit Dous von exquisiter Qualität konnte Ronni Baer kürzlich erstmals intensiv im Original untersuchen und sie bestätigt, dass es sich hierbei um dasjenige handelt, welches sie in ihrem Werkverzeichnis von 1990 unter Nr. 119 erwähnt (siehe Literatur). Damals lag ihr ausschliesslich eine Schwarzweissfotografie vor.
Das Gemälde war einst in der Sammlung der Kurfürstlichen Galerie, Alte Pinakothek, bevor es 1935 in die Sammlung der Stadtresidenz in Landshut überführt und im Tausch 1938 an den Kunsthändler Dr. Plietzsch nach Berlin weitergereicht wurde (schriftliche Bestätigung der Alten Pinakothek liegt vor). Über den holländischen Kunsthandel gelangte das Gemälde dann schliesslich in die Schweiz und taucht nun nach langer Zeit wieder auf den Kunstmarkt auf. Dargestellt ist ein Eremit in einer grottenartigen Kulisse, in seinen zum Gebet gefalteten Händen, die auf einem grossen geöffneten Buch ruhen, hält er ein hölzernes Kruzifix. Vor ihm finden sich mehrere Vanitasgegenstände, ein Schädel, eine umgefallene Sanduhr, ein Rosekranz, weitere Bücher sowie ein abgestorbener, knochiger Baum, der mit Moos überwachsen ist und an dessen Ast eine Laterne hängt. Neben dem Baum ist sein Flechtkorb abgestellt und im Vordergrund seine lederne Trinkflasche. Das aufgeschlagene Buch lässt in grossen Buchstaben die Überschrift "de Prophet Jesaia" erkennen und auch dem Anfangsbuchstaben des Textes, ein aufwändig verziertes H, schenkte Dou besonderes Augenmerk. Das Buch Jesaja, vom gleichnamigen Propheten im 8. Jahrhundert vor Chr. geschrieben, thematisiert die messianische Prophezeiung mit der Geburt Christi (7,14), seiner Göttlichkeit (9,6-7), seiner Geistlichkeit (9,1-2; 42, 1-7; 61, 1-2) und seinem Tod (52,1-53,12). Dabei war Prophet Jesaja, mehr noch als alle anderen Propheten, bedacht, besonders das erlösende Handeln Christi und die göttliche Gnade zu preisen. So erscheint es Ronni Baer auch nicht zufällig, dass Dou dem abgestorbenen Baum sowie den Vanitasobjekten die heiligen Schriften und das Kruzifix gegenübersetzt. Der Eremit verdeutlicht somit den Triumph über den Tod durch Gebet und Studium der Heiligen Schriften.
Ein ähnliches Gemälde eines betenden Eremiten in der Einöde findet sich in einem Ehepaarbildnis wieder, welches einst Gerrit Dou zugeschrieben wurde (Wheelock, Arthur K.: Dutch Paintings of the Seventeenth Century, The Collections of the National Gallery of Arts Systematic Catalogues, Washington 1995, 60, Abb. 2). In einem Interieur sind Eheleute umgeben von ihren profanen Interessen und materialistischen Besitztümern dargestellt, während das Gemälde des Eremiten an der Rückwand des Raumes angebracht ist. Dieses versteht sich eindeutig als Anspielung auf die kontemplative Lebensform als Gegensatz zum aktiven Eheleben. Der Eremit wurde somit in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts zur Personifikation von Frömmigkeit und Andacht und verstand sich als tugendhafter Ausgleich, die Turbulenzen des Alltags zu meistern (siehe hierzu Baer, Ronni (u.a.): Gerrit Dou 1613-1675. Master Painter in the Age of Rembrandt, New Haven/London 2000, S. 132). Zeitlich reiht sich diese hier angebotene Darstellung eines Eremiten zwischen zwei Gemälden ähnlicher Thematik ein, die sich heute beide in bedeutenden öffentlichen Sammlungen befinden. Das 1664 datierte im Rijksmuseum in Amsterdam (siehe Abb. 1, Baer, ebd., Kat. Nr. 91), bei welchem der Eremit in fast identischer Weise dargestellt ist und ein vergleichbarer Lichtstrahl von links auf den Betenden fällt, sowie dasjenige im Minneapolis Institute of Arts (siehe Abb. 2, ebd., Kat. Nr. 120), welches 1670 datiert ist. Ronni Baer schlägt daher eine Entstehung unseres Gemäldes zwischen 1667-70 vor. Gerrit Dou, einer der wohl bedeutendsten Maler der Niederlanden des 17. Jahrhunderts und Begründer der Schule der Leidener Feinmalerei, erhielt zunächst von 1625 - 1627 seine künstlerische Ausbildung als Glasmaler, bevor er 1628 Rembrandts Werkstatt in Leiden beitrat. Dort verweilte er wohl bis Rembrandts Abreise nach Amsterdam im Jahre 1631 oder spätestens 1632, als Dou als unabhängiger Meister in Leiden verzeichnet ist. Während sein anfänglicher Malstil noch stark von Rembrandt beeinflusst war, zeichnen sich seine Werke durch eine besondere Feinheit in der Malweise und eine eindrückliche Lichtinszenierung aus. Dou war einer der Mitgründer der Leidener Malergilde, deren Mitglied er 1648 wurde. Zu seinen Schülern zählten Gottfried Schalcken und Frans van Mieris sowie dessen Söhne. Eine Einladung König Charles II. nach England lehnte er ab und verweilte bis zu seinem Tod in Leiden. Das hier angebotene Gemälde des Eremiten im Gebet zählt zu seinem Spätwerk und verdeutlich in eindrücklicher Weise die künstlerische Perfektion Gerrit Dous.
Wir danken Dr. Ronni Baer für die Begutachtung des Gemäldes im Original und die Bestätigung der Eigenhändigkeit.
Ferner gilt unser Dank Dr. Bernd Ebert für die zur Verfügung gestellten Angaben zur Provenienz aus dem Archiv der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen.
Das Gemälde ist im RKD, Den Haag, als eigenhändiges Werk von Gerrit Dou archiviert.
CHF 400 000 / 500 000 | (€ 412 370 / 515 460)
Verkauft für CHF 1 055 000 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr