Lot 3406* - A211 PostWar & Contemporary - Donnerstag, 28. November 2024, 16.00 Uhr
RONI HORN
(New York 1955–lebt und arbeitet u.a. in New York)
Steven's Bouquet. 1991.
Aluminium und Kunstharz, 6-teilig. 1/3.
160 × 120 × 38,5 cm (Installation variabel).
Provenienz:
- Privatsammlung, in obiger Galerie 1992 erworben.
- Auktion Sotheby's, New York, 18.11.1999, Los 102.
- Privatsammlung Schweiz, an obiger Auktion erworben.
"The object is not the end; what I’m interested in is the experience it provides for – how it incites and animates dialogue". Roni Horn
Roni Horn, 1955 in New York geboren, absolviert ihr Designstudium an der Rhode Island School of Design und erlangt später den Master of Fine Arts an der Yale University. Die grosse Vielfalt ihres Œuvres zeigt sich nicht nur in der Wahl der Medien, sondern auch in ihrer inhaltlichen Diversität. Ihre Arbeiten setzen sich intensiv mit Themen wie Identität, Wandel und der Beziehung zwischen Mensch und Natur auseinander. Horn lebt und arbeitet sowohl in New York als auch in Reykjavik – zwei gegensätzliche Umgebungen, die ihre künstlerische Praxis massgeblich prägen.
Ihre minimalistischen Werke hinterfragen traditionelle Vorstellungen von Form und Wahrnehmung. Sie verdeutlichen, dass das, was man sieht, nicht immer dem entspricht, was man zu sehen glaubt. In ihren Arbeiten gelingt es Horn, diese Zuordnungen subtil zu durchbrechen und die Dynamik von Veränderlichkeit und Vielfalt sichtbar zu machen. Sie überschreitet dabei die Grenzen zwischen dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren. Oft greift sie auf Materialien wie Glas oder leichte Metalle sowie auf Motive wie Wasser oder das Wetter zurück, die von Natur aus vielschichtig und wandelbar sind. Trotz dieser Vielfalt treten in ihrem Werk immer wieder bestimmte Vorlieben auf, insbesondere die Auseinandersetzung mit der Sprache und ihrem kulturellen, sozialen und poetischen Potenzial.
Ab den späten 1980er Jahren widmet sich Horn der Dichterin Emily Dickinson und schafft mehrere Werke, die von ihren Gedichten inspiriert sind. Ein Beispiel hierfür ist die Serie der schmalen Aluminiumstangen, in die weisse Buchstaben eingelassen sind und die vertikal an die Wände platziert werden. Das Wort, mit dem sich Horn bereits zuvor auseinandersetzt, wird nun zum zentralen Sujet und Objekt ihrer Kunst. Auch der Dichter Wallace Stevens (1879–1955) zählt zu den wenigen literarischen Figuren, die in ihrem Werk wiederholt aufgegriffen werden. Stevens, ein bedeutender amerikanischer Dichter des 20. Jahrhunderts, ist bekannt für seine komplexen, philosophischen Gedichte, die sich häufig mit der Beziehung zwischen Imagination und Realität befassen. Seine Lyrik zeichnet sich durch formale Eleganz, reiche Bildsprache und philosophische Tiefe aus. Viele seiner Gedichte behandeln Themen wie die Macht der menschlichen Vorstellungskraft, die Natur der Realität und die Rolle der Kunst. Stevens vertritt die Auffassung, dass die menschliche Imagination eine zentrale Rolle dabei spielt, Ordnung und Schönheit im Chaos der Realität zu erschaffen.
Das Werk "Steven's Bouquet" von Roni Horn, entstanden im Jahr 1991, ist, wie der Titel bereits andeutet, eine Hommage an den Dichter. Eine minimalistische, jedoch tief symbolische Installation, die auf Stevens Gedicht "Bouquet of Roses in Sunlight", im Oktober 1947 verfasst, Bezug nimmt. Eine dieser auf drei limitierte Auflagenarbeit befindet sich in der Sammlung des Museum of Modern Art in New York.
Die Stäbe der Installation sind schlicht und industriell gestaltet, was die formale Strenge unterstreicht. Die in Kunstharz eingefassten Wörter reflektieren den Aspekt der Sprache und der Reflexion. Diese reduzierte Ästhetik weckt Assoziationen von Klarheit und Präzision. Der Aufbau der Installation sowie die Materialwahl aus Aluminium und Harz erinnern an den amerikanischen Minimalismus, doch gleichzeitig wird das sinnliche Empfinden durch den Kontrast zwischen der Kühle des Aluminiums und den teils zarten Pastelltönen der Buchstaben intensiviert. In der Betrachtung dieser Skulptur eröffnet sich ein weitreichendes Spektrum an Assoziationen, die von der Künstlerin jedoch nicht unmittelbar vorgegeben werden. Das Werk tritt in einen spannungsreichen Dialog zwischen Sprache und Form. Der Titel deutet auf etwas Flüchtiges und Vergängliches hin, während das Material und die strenge Anordnung der Stäbe Beständigkeit und Stabilität verkörpern. Somit fordert die Arbeit das Publikum auf, über den Gegensatz zwischen materieller Realität und sprachlicher Immaterialität nachzudenken. Erst die Lektüre von Stevens Gedicht offenbart die Bedeutung der im Werk gewählten Worte.
Zusammengefasst schafft "Steven's Bouquet" durch seine reduzierte Formensprache. Mittels der Einbindung von Poesie und über die Auseinandersetzung mit existenziellen Themen einen meditativen Raum für die Betrachtenden. Hier wird die Schnittstelle von Sprache, Kunst und Natur erfahrbar. Horn gelingt es, Stevens Gedicht, das Naturbilder verwendet, um abstrakte Gedanken zu vermitteln, in eine materielle Form zu übersetzen. Durch die Wahl von Aluminium und Kunstharz – Materialien, die mit moderner Technik und Industrie assoziiert werden – verleiht sie dem Werk eine zeitlose Qualität, die sowohl das Konkrete als auch das Abstrakte umschliesst.
Bouquet of Roses in Sunlight
Say that it is a crude effect, black reds,
Pink yellows, orange whites, too much as they are
To be anything else in the sunlight of the room,
Too much as they are to be changed by metaphor,
Too actual, things that in being real
Make any imaginings of them lesser things.
And yet this effect is a consequence of the way
We feel and, therefore, is not real, except
In our sense of it, our sense of the fertilest red,
Of yellow as first color and of white,
In which the sense lies still, as a man lies,
Enormous, in a completing of his truth.
Our sense of these things changes and they change,
Not as in metaphor, but in our sense
Of them. So sense exceeds all metaphor.
It exceeds the heavy changes of the light.
It is like a flow of meanings with no speech
And of as many meanings as of men.
We are two that use these roses as we are,
In seeing them. This is what makes them seem
So far beyond the rhetorician’s touch.
Wallace Stevens
Roni Horn, 1955 in New York geboren, absolviert ihr Designstudium an der Rhode Island School of Design und erlangt später den Master of Fine Arts an der Yale University. Die grosse Vielfalt ihres Œuvres zeigt sich nicht nur in der Wahl der Medien, sondern auch in ihrer inhaltlichen Diversität. Ihre Arbeiten setzen sich intensiv mit Themen wie Identität, Wandel und der Beziehung zwischen Mensch und Natur auseinander. Horn lebt und arbeitet sowohl in New York als auch in Reykjavik – zwei gegensätzliche Umgebungen, die ihre künstlerische Praxis massgeblich prägen.
Ihre minimalistischen Werke hinterfragen traditionelle Vorstellungen von Form und Wahrnehmung. Sie verdeutlichen, dass das, was man sieht, nicht immer dem entspricht, was man zu sehen glaubt. In ihren Arbeiten gelingt es Horn, diese Zuordnungen subtil zu durchbrechen und die Dynamik von Veränderlichkeit und Vielfalt sichtbar zu machen. Sie überschreitet dabei die Grenzen zwischen dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren. Oft greift sie auf Materialien wie Glas oder leichte Metalle sowie auf Motive wie Wasser oder das Wetter zurück, die von Natur aus vielschichtig und wandelbar sind. Trotz dieser Vielfalt treten in ihrem Werk immer wieder bestimmte Vorlieben auf, insbesondere die Auseinandersetzung mit der Sprache und ihrem kulturellen, sozialen und poetischen Potenzial.
Ab den späten 1980er Jahren widmet sich Horn der Dichterin Emily Dickinson und schafft mehrere Werke, die von ihren Gedichten inspiriert sind. Ein Beispiel hierfür ist die Serie der schmalen Aluminiumstangen, in die weisse Buchstaben eingelassen sind und die vertikal an die Wände platziert werden. Das Wort, mit dem sich Horn bereits zuvor auseinandersetzt, wird nun zum zentralen Sujet und Objekt ihrer Kunst. Auch der Dichter Wallace Stevens (1879–1955) zählt zu den wenigen literarischen Figuren, die in ihrem Werk wiederholt aufgegriffen werden. Stevens, ein bedeutender amerikanischer Dichter des 20. Jahrhunderts, ist bekannt für seine komplexen, philosophischen Gedichte, die sich häufig mit der Beziehung zwischen Imagination und Realität befassen. Seine Lyrik zeichnet sich durch formale Eleganz, reiche Bildsprache und philosophische Tiefe aus. Viele seiner Gedichte behandeln Themen wie die Macht der menschlichen Vorstellungskraft, die Natur der Realität und die Rolle der Kunst. Stevens vertritt die Auffassung, dass die menschliche Imagination eine zentrale Rolle dabei spielt, Ordnung und Schönheit im Chaos der Realität zu erschaffen.
Das Werk "Steven's Bouquet" von Roni Horn, entstanden im Jahr 1991, ist, wie der Titel bereits andeutet, eine Hommage an den Dichter. Eine minimalistische, jedoch tief symbolische Installation, die auf Stevens Gedicht "Bouquet of Roses in Sunlight", im Oktober 1947 verfasst, Bezug nimmt. Eine dieser auf drei limitierte Auflagenarbeit befindet sich in der Sammlung des Museum of Modern Art in New York.
Die Stäbe der Installation sind schlicht und industriell gestaltet, was die formale Strenge unterstreicht. Die in Kunstharz eingefassten Wörter reflektieren den Aspekt der Sprache und der Reflexion. Diese reduzierte Ästhetik weckt Assoziationen von Klarheit und Präzision. Der Aufbau der Installation sowie die Materialwahl aus Aluminium und Harz erinnern an den amerikanischen Minimalismus, doch gleichzeitig wird das sinnliche Empfinden durch den Kontrast zwischen der Kühle des Aluminiums und den teils zarten Pastelltönen der Buchstaben intensiviert. In der Betrachtung dieser Skulptur eröffnet sich ein weitreichendes Spektrum an Assoziationen, die von der Künstlerin jedoch nicht unmittelbar vorgegeben werden. Das Werk tritt in einen spannungsreichen Dialog zwischen Sprache und Form. Der Titel deutet auf etwas Flüchtiges und Vergängliches hin, während das Material und die strenge Anordnung der Stäbe Beständigkeit und Stabilität verkörpern. Somit fordert die Arbeit das Publikum auf, über den Gegensatz zwischen materieller Realität und sprachlicher Immaterialität nachzudenken. Erst die Lektüre von Stevens Gedicht offenbart die Bedeutung der im Werk gewählten Worte.
Zusammengefasst schafft "Steven's Bouquet" durch seine reduzierte Formensprache. Mittels der Einbindung von Poesie und über die Auseinandersetzung mit existenziellen Themen einen meditativen Raum für die Betrachtenden. Hier wird die Schnittstelle von Sprache, Kunst und Natur erfahrbar. Horn gelingt es, Stevens Gedicht, das Naturbilder verwendet, um abstrakte Gedanken zu vermitteln, in eine materielle Form zu übersetzen. Durch die Wahl von Aluminium und Kunstharz – Materialien, die mit moderner Technik und Industrie assoziiert werden – verleiht sie dem Werk eine zeitlose Qualität, die sowohl das Konkrete als auch das Abstrakte umschliesst.
Bouquet of Roses in Sunlight
Say that it is a crude effect, black reds,
Pink yellows, orange whites, too much as they are
To be anything else in the sunlight of the room,
Too much as they are to be changed by metaphor,
Too actual, things that in being real
Make any imaginings of them lesser things.
And yet this effect is a consequence of the way
We feel and, therefore, is not real, except
In our sense of it, our sense of the fertilest red,
Of yellow as first color and of white,
In which the sense lies still, as a man lies,
Enormous, in a completing of his truth.
Our sense of these things changes and they change,
Not as in metaphor, but in our sense
Of them. So sense exceeds all metaphor.
It exceeds the heavy changes of the light.
It is like a flow of meanings with no speech
And of as many meanings as of men.
We are two that use these roses as we are,
In seeing them. This is what makes them seem
So far beyond the rhetorician’s touch.
Wallace Stevens
CHF 120 000 / 180 000 | (€ 123 710 / 185 570)