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Lot 1001* ♣ - A211 Glanz und Raffinesse. Pariser Luxus im 19. Jahrhundert - Donnerstag, 28. November 2024, 10.00 Uhr

HALBSCHRANK "SOKRATES UND ASPASIA" MIT CONTRE-BOULLE-MARKETERIE

Louis XIV-Stil, Paris, um 1870. Gestempelt Befort Jeune. Die Bronzen teils rückseitig signiert Befort Jeune bzw. monogrammiert BJ sowie nummeriert (Mathieu Béfort genannt Béfort Jeune, 1813–1880). Nach einem Vorbild von André-Charles Boulle (1642–1732).
Ebenholz furniert und braun unterlegtes Schildpatt mit gravierten Messingeinlagen in Form von Arabesken, Blumenrauten, Blattwerk und Filets. Rechteckiger Korpus mit gerader Zarge auf leicht auskragendem Sockel mit Kreiselfüssen. Gestufter, ebenfalls leicht auskragender Kranz. Front mit Doppeltüre. Die Front architektonisch strukturiert mit vergoldetem Bronzedekor in Form von sitzenden Sokrates und Aspasia, Frauenmaske, Maschen, Eckvoluten, Fleurons, Rosetten, Blattfriesen, Muschelvoluten, Kartuschenmedaillons und Girlanden. Schwarzes Marmorblatt (später). 1 Schlüssel.
126 × 48 × 133 cm.
Für den Export dieses Objekts ist eine CITES-Bescheinigung notwendig. Bitte informieren Sie sich vor der Auktion über die Importbestimmungen des Ziellandes. Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte die Fach-Abteilung.

Marmor repariert und unten verstärkt. Die Bronzebeschläge gereinigt. Feine Risse im Furnier. Lackschäden unten an der Zarge. Gebrauchsspuren.

Ein halbhoher Schrank und ein Schrank mit vergleichbarem Bronzedekor, welcher 1701 datiert wird, beide von André-Charles Boulle, dienen als Vorbild für unser Exemplar (Vgl. Alexandre Pradère: Die Kunst des französischen Möbels. London 1989, S. 81, Abb. 31 & 32). Eine Entwurfszeichnung von 1701, welche Boulle zugeschrieben wird, illustriert spiegelverkehrt die vorliegende Ikonographie (Ebd. S. 80, Abb. 30). Ein weiteres "meuble à hauteur d'appui" mit der Darstellung von Sokrates und Aspasia befindet sich in der Sammlung des Mobilier National (Inv.-Nr. GME-9812-002). Jenes Exemplar weist leicht abweichende Gestaltungsmerkmale zu unserem auf. So verzichtet unser Halbschrank auf die Medaillen-Maschen an der Front, wohingegen die Mittellisene unten mit einer zusätzlichen vergoldeten Muschelvolute versehen ist.
Ein weiterer entsprechender Halbschrank, der von André-Charles Boulle in Contre-Boulle Marketerie gefertigt wurde, ist Bestand der Eremitage in St. Petersburg, ehemals Sammlung Sheremetiev. Daneben bewahrt die Eremitage auch ein Exemplar dieses Medaillenschranks aus der Kotchoubey Sammlung, der in die Zeit um 1840 datiert wird (André-Charles Boulle. 1642–1732. A New Style for Europe. Katalog zu einer Ausstellung im Museum für Angewandte Kunst Frankfurt, 30. Oktober 2009 bis 31. Januar 2010. S.168, Abb. 2 und 3).

Sinnbildlich stehen die Figuren Sokrates und Aspasia für die "Weisheit und Religion". Die Bildfindung basiert auf Modellen vom Meisterebenisten André-Charles Boulle, die wiederum wahrscheinlich von einem Deckengemälde "Aspasia inmitten griechischen Philosophen" von Michel Corneille dem Jüngeren (1642–1708) für das Schloss Versailles stammen. Dieses Modell erfuhr im 19. Jh. eine neue Wertschätzung, die zur Herstellung hochwertiger Repliken führte, wie z. Bsp. von Joseph-Emmanuel Zwiener sowie das vorliegende Möbel von Mathieu Béfort, genannt Béfort Jeune. Béfort war einer der führenden französischen Möbelhersteller des 19. Jh. und spezialisierte sich mit seinem gleichnamigen Unternehmen auf von Boulle inspirierte Möbel in leicht abgeänderten Variationen, die er für eine wachsende internationale Kundschaft nach berühmten Modellen aus dem Ancien Régime nachbaute. Ein Halbschrank mit teils identischem Bronzezierwerk von Béfort wurde bei Sotheby's New York, 20. April 2007 unter Lot 108 verkauft. Dieser Schrank zeigt eine Marketerie "en premier partie" sowie die Medaillen-Maschen auf der Front auf. Solche Kopien des 19. Jh. erfreuen sich ähnlich grosser Beliebtheit wie die Arbeiten von André-Charles Boulle aus dem beginnenden 18. Jh., so etwa ein Paar Halbschränke aus der Sammlung von Robert de Balkany, welche bei Sotheby's Paris verkauft wurden (20.–29. September 2016, Lot 42).

CHF 30 000 / 50 000 | (€ 30 930 / 51 550)