Lot 3001* - A210 Gemälde Alter Meister - Freitag, 20. September 2024, 14.00 Uhr
TOMMASO DEL MAZZA
(dok. in Florenz, Pisa und Prato 1377–1392)
Madonna mit Kind und dem Erzengel Michael. Um 1375.
Tempera und Goldgrund auf Leinwand auf Holz.
117 × 46,2 cm.
Provenienz:
- Privatsammlung Michele Lazzaroni, Paris.
- Europäische Privatsammlung.
- Auktion Lempertz, Köln, 18.11.2017, Los 2002.
- Europäische Privatsammlung.
Literatur:
- Beneth A. Jones: The Bob Jones University Collection of Religious Paintings. Supplement to the Catalogue of the Art Collection. Paintings Acquired 1963-1968, Greenville (SC.) 1968, S. 9.
- Burton B. Fredericksen und Federico Zeri: Census of Pre-Nineteenth Century Italian Paintings in North American Public Collections, Cambridge (Mass.) 1972, S. 136.
- Miklos Boskovits: La pittura Fiorentina alla viglia del Rinascimento, Florenz 1975, S. 106 und 230, Anm. 99, S. 384.
- Simona Pasquinucci und Barbara Deimling: Tradition and Innovation in Florentine Trecento Painting: Giovanni Bonsi-Tommaso del Mazza, in: Miklos Boskovits (Hrsg.): Corpus of Florentine Painting IV/VIII, Florenz 2000, S. 201-202.
- Barbara Deimling / John M. Nolan / Carl Brandon Strehlke / Yvonne Szafran: Discovering a Pre-Renaissance Master. Tommaso del Mazza, Greenville 2008, S. 72.
Das vorliegende, äusserst fein gemalte und gut erhaltene Madonnenbild ist ein charakteristisches Frühwerk des Künstlers Tommaso del Mazza, welcher ehemals nach seiner Himmlischen Madonna del Umiltà und der Heiligen Verdiana im High Museum of Art in Atlanta als Maestro di Santa Verdiana benannt war (zur Identifikation des Künstlers siehe Barbara Deimling: Il Maestro di Santa Verdiana. Un polittico disperso e il problema dell'identificazione, in: Arte Cristiana, LXXIX, 1991, S. 401–411).
Eine ikonographische Besonderheit stellt der Distelfink dar, den das Christkind in seiner Hand hält und der durch den roten Fleck an seinem Kopf symbolisch für das Leiden Jesu während der Passion steht. Das bevorstehende Opfer Christi wird durch die unschuldige Zerbrechlichkeit des Distelfinks angedeutet. Im von der Pest heimgesuchten Italien des 14. Jahrhunderts galten Distelfinke zudem als Bringer von Gesundheit und damit als Symbol für Heilung und Erlösung. Dieses Motiv wurde später in der Renaissance-Malerei unter anderem von Raffael in seiner Madonna del Cardellino aufgegriffen (Uffizien, Florenz, Inv.-Nr. 1890 n. 1447).
Die hier angebotene Tafel war einst Teil eines grösseren Altarwerks, zu dem seitlich wahrscheinlich die Tafel mit dem Täufer in einer Privatsammlung in London gehörte oder möglicherweise die Tafel mit dem Heiligen Petrus in der Sammlung der Bob Jones University Gallery (Inv.-Nr. 63.331.29; siehe Pasquinucci und Deimling 2000, S. 199–207).
Eine in einer toskanischen Privatsammlung befindliche Tafel mit der Mystischen Vermählung der heiligen Katherina von Alexandrien, die ebenfalls Tommaso del Mazzas Frühwerk zuzurechnen ist, weist starke stilistische Parallelen auf (siehe Pasquinucci und Deimling 2000, S. 194–196). Die frühe Schaffensphase des Künstlers stand noch im Zeichen der Kunst der florentinischen Brüder Orcagna (Andrea di Cione di Arcangelo (um 1308–1368) und seine Brüder Nardo und Jacopo), bei denen Tommaso del Mazza seine Ausbildung genossen hatte. In ihrer vereinfachenden Abstrahierung der Formen und der Statuarik zeigt diese Madonna Stilbezüge zu einem weiteren "Orcagnesco", Giovanni del Biondo (1356–1399) und weist die Tafel in eine Zeit, als sich Tommaso del Mazza noch nicht den künstlerischen Tendenzen Niccolò di Pietro Gerinis (1340–1414) und der spätgotischen linearen Neigungen Agnolo Gaddis (1350–1396) zugewandt hatte. Prof. Gaudenz Freuler hält daher eine Datierung um 1375 für wahrscheinlich, was von Barbara Deimling (2000) geteilt wird, die eine Datierung um 1375–80 nennt.
Das bisher bekannte Œuvre des Tommaso del Mazza mit seiner zunehmenden Eleganz und künstlerischen Qualität ebenso wie seine extensive künstlerische Tätigkeit für die Händlerfamilie der Datini in Prato attestieren Tommaso del Mazzas bemerkenswerten künstlerischen Status innerhalb der florentinischen Malerei des ausgehenden 14. Jahrhunderts.
Wir danken Prof. Dr. Gaudenz Freuler für seine wissenschaftliche Unterstützung bei der Katalogisierung dieses Gemäldes.
Eine ikonographische Besonderheit stellt der Distelfink dar, den das Christkind in seiner Hand hält und der durch den roten Fleck an seinem Kopf symbolisch für das Leiden Jesu während der Passion steht. Das bevorstehende Opfer Christi wird durch die unschuldige Zerbrechlichkeit des Distelfinks angedeutet. Im von der Pest heimgesuchten Italien des 14. Jahrhunderts galten Distelfinke zudem als Bringer von Gesundheit und damit als Symbol für Heilung und Erlösung. Dieses Motiv wurde später in der Renaissance-Malerei unter anderem von Raffael in seiner Madonna del Cardellino aufgegriffen (Uffizien, Florenz, Inv.-Nr. 1890 n. 1447).
Die hier angebotene Tafel war einst Teil eines grösseren Altarwerks, zu dem seitlich wahrscheinlich die Tafel mit dem Täufer in einer Privatsammlung in London gehörte oder möglicherweise die Tafel mit dem Heiligen Petrus in der Sammlung der Bob Jones University Gallery (Inv.-Nr. 63.331.29; siehe Pasquinucci und Deimling 2000, S. 199–207).
Eine in einer toskanischen Privatsammlung befindliche Tafel mit der Mystischen Vermählung der heiligen Katherina von Alexandrien, die ebenfalls Tommaso del Mazzas Frühwerk zuzurechnen ist, weist starke stilistische Parallelen auf (siehe Pasquinucci und Deimling 2000, S. 194–196). Die frühe Schaffensphase des Künstlers stand noch im Zeichen der Kunst der florentinischen Brüder Orcagna (Andrea di Cione di Arcangelo (um 1308–1368) und seine Brüder Nardo und Jacopo), bei denen Tommaso del Mazza seine Ausbildung genossen hatte. In ihrer vereinfachenden Abstrahierung der Formen und der Statuarik zeigt diese Madonna Stilbezüge zu einem weiteren "Orcagnesco", Giovanni del Biondo (1356–1399) und weist die Tafel in eine Zeit, als sich Tommaso del Mazza noch nicht den künstlerischen Tendenzen Niccolò di Pietro Gerinis (1340–1414) und der spätgotischen linearen Neigungen Agnolo Gaddis (1350–1396) zugewandt hatte. Prof. Gaudenz Freuler hält daher eine Datierung um 1375 für wahrscheinlich, was von Barbara Deimling (2000) geteilt wird, die eine Datierung um 1375–80 nennt.
Das bisher bekannte Œuvre des Tommaso del Mazza mit seiner zunehmenden Eleganz und künstlerischen Qualität ebenso wie seine extensive künstlerische Tätigkeit für die Händlerfamilie der Datini in Prato attestieren Tommaso del Mazzas bemerkenswerten künstlerischen Status innerhalb der florentinischen Malerei des ausgehenden 14. Jahrhunderts.
Wir danken Prof. Dr. Gaudenz Freuler für seine wissenschaftliche Unterstützung bei der Katalogisierung dieses Gemäldes.
CHF 150 000 / 250 000 | (€ 154 640 / 257 730)
Verkauft für CHF 187 500 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr