Lot 3004 - A208 Gemälde Alter Meister - Freitag, 22. März 2024, 14.00 Uhr
MAESTRO DI SANT'IVO
(tätig in Florenz im letzten Viertel des 14. und in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts)
Madonna mit Heiligen Antonius und Franziskus.
Tempera und Goldgrund auf Holz.
84 × 47,2 cm.
Provenienz:
Schweizer Privatbesitz.
Literatur:
- Miklòs Boskovits: Pittura Fiorentina alla vigilia del Rinascimento, 1370–1400, Florenz 1975, S. 376–379.
- Costanza Baldini: Il Maestro di Sant'Ivo: profilo di un pittore fiorentino a cavallo tra XIV e XV secolo, in: Arte Cristiana, XCIII, 2005, S. 261–276.
Vorliegende Tafel mit der Madonna mit Kind und den Heiligen Antonius Abbas und Franziskus verkörpert einen in Florenz des ausgehenden 14. und frühen 15. Jahrhunderts sehr beliebten Typus zur Privatandacht.
Die Madonna senkt ihre Augen auf ihren Sohn herab, während sie ihm zärtlich ihre Brust reicht. Das in ein grünes Tuch gekleidete zu seiner Mutter aufblickende Christkind sitzt mit einer spielerischen, das Bild etwas aufheiternden Pose auf ihrem Arm. Die Lebendigkeit des Christkindes, die langgestreckten Proportionen der Figuren und die rhythmischen Konturen, die unser etwas in düsterem Kolorit gehaltenes Bild animieren, sind typische Kennzeichen für die florentinische Malerei der Spätgotik. Zweifellos handelt es sich hier um ein charakteristisches Werk des Meisters von Sankt Ivo, von dem sich verschiedene Bilder derselben Thematik (Madonna mit Kind und den Heiligen Antonius Abbas und Franziskus) erhalten haben. Dies gilt für die Tafel ehemals in der Sammlung Galli in Carate Brianza (Baldini 2005, S. 268, fig. 9) oder jene 1927 aus der Sammlung Mazzoni in Siena veräusserte (Baldini 2005, S. 276, Appendix Nr. 45). Ob es sich bei vorliegendem Bild womöglich um das in Siena versteigerte Bild handelt, konnte leider nicht überprüft werden.
Der bislang anonym gebliebene Meister von Sant'Ivo verdankt seinen Notnamen einem Gemälde mit höchst ungewöhnlichem Thema, dem Heiligen Ivo im Gericht, das sich früher im Palazzo di Parte Guelfa befand und heute in der Galleria dell'Accademia in Florenz zu sehen ist (Baldini 2005). Federico Zeri war der erste, der diesem Meister 1967 eine Gruppe von Werken zuschrieb und ihn aufgrund der Ähnlichkeit zwischen einer Madonna der Demut in der Christ Church Picture Gallery in Oxford (Inv.-Nr. 17) und einer anderen im Fundus der Sammlungen der Vatikanischen Museen (Inv.-Nr. 178) als "Meister der Madonna Christ Church" bezeichnete. Einige Jahre später, im Jahr 1975, fasste Miklòs Boskovits 35 Gemälde von der Hand unseres Meisters zusammen und benannte ihn in "Meister von Sant'Ivo" um. Dieses Œuvre hat sich seitdem auf gut fünfzig Werke erweitert. Die frühesten Werke des zwischen etwa 1390 und 1415 tätigen Meisters zeigen deutliche Einflüsse von Agnolo Gaddis (1350–1396) Kunst, was darauf hindeutet, dass er vermutlich in dessen Werkstatt ausgebildet wurde. Seine Hand wurde in Gaddis späten Freskenzyklen in Santa Croce in Florenz und in der Kathedrale von Prato ausgemacht. Sein späteres Schaffen weist eine Affinität zu den Werken von Mariotto di Nardo (um 1365–um 1424), Lorenzo Monaco (um 1370–um 1425) und Lippo d'Andrea (um 1370–vor 1451) auf. Den Gemälden nach zu urteilen, die ihm bisher zugeschrieben wurden, scheint sich der Meister von Sant'Ivo eher auf die Malerei von kleinformatigen Werken spezialisiert zu haben, die, wie vorliegende Tafel, die Madonna mit Kind und Heiligen darstellen und für die private Andacht bestimmt waren (siehe Koller, Zürich, 31.3.2023, Los 3001, für CHF 51'540 verkauft).
Die Figurengruppe unserer Madonna mit Kind erscheint als unmittelbares Derivat eines der wohl anmutigsten Madonnenbilder unseres Malers, ein Rundbild mit einer äusserst ähnlichen Figurenkonfiguration, die sich im Londoner Kunsthandel befindet (Moretti Art Gallery). Bei letzterem handelt es sich um ein Rundbild, das als Gewölbeabschluss am Schlussstein befestigt war. Da sich letzteres klar an der Kunst des späten Agnolo Gaddi und dem Frühwerk Lorenzo Monacos (San Gaggio Altar 1388–90) orientiert und Feinheiten der Ausführungen offenbart, kann davon ausgegangen werden, dass die Londoner Madonna noch ins späte 14. Jahrhundert zu setzen ist. Dies bestätigt sich auch über das Erscheinungsbild dieser anmutigen Madonna, das noch nicht durch die augenfälligen graphischen Vereinfachungen und Sprödigkeit des späteren Stils beeinträchtigt ist. Das Bild zeugt bereits von der späteren künstlerischen Tendenz des Meisters, seine Gemälde in etwas spröderer Erscheinungsform entstehen zu lassen und diese in ihrer Vereinfachung und Abstraktionen der Formen in bestimmter Weise auch den Werken seines florentinischen Zeitgenossen Lorenzo di Niccolò (1373–1412), etwa der Madonna des ca. um 1400 gemalten Flügelaltars in der Sakristei von San Lorenzo, anzunähern. Damit dürfte der Zeitraum der Entstehung unseres Tafelbildes vom Meister von Sant'Ivo approximativ abgesteckt sein. Eine Datierung in die Jahre um 1400 erscheint plausibel.
Wir danken Prof. Dr. Gaudenz Freuler für seine wissenschaftlliche Unterstützung bei der Katalogisierung dieses Gemäldes.
Schweizer Privatbesitz.
Literatur:
- Miklòs Boskovits: Pittura Fiorentina alla vigilia del Rinascimento, 1370–1400, Florenz 1975, S. 376–379.
- Costanza Baldini: Il Maestro di Sant'Ivo: profilo di un pittore fiorentino a cavallo tra XIV e XV secolo, in: Arte Cristiana, XCIII, 2005, S. 261–276.
Vorliegende Tafel mit der Madonna mit Kind und den Heiligen Antonius Abbas und Franziskus verkörpert einen in Florenz des ausgehenden 14. und frühen 15. Jahrhunderts sehr beliebten Typus zur Privatandacht.
Die Madonna senkt ihre Augen auf ihren Sohn herab, während sie ihm zärtlich ihre Brust reicht. Das in ein grünes Tuch gekleidete zu seiner Mutter aufblickende Christkind sitzt mit einer spielerischen, das Bild etwas aufheiternden Pose auf ihrem Arm. Die Lebendigkeit des Christkindes, die langgestreckten Proportionen der Figuren und die rhythmischen Konturen, die unser etwas in düsterem Kolorit gehaltenes Bild animieren, sind typische Kennzeichen für die florentinische Malerei der Spätgotik. Zweifellos handelt es sich hier um ein charakteristisches Werk des Meisters von Sankt Ivo, von dem sich verschiedene Bilder derselben Thematik (Madonna mit Kind und den Heiligen Antonius Abbas und Franziskus) erhalten haben. Dies gilt für die Tafel ehemals in der Sammlung Galli in Carate Brianza (Baldini 2005, S. 268, fig. 9) oder jene 1927 aus der Sammlung Mazzoni in Siena veräusserte (Baldini 2005, S. 276, Appendix Nr. 45). Ob es sich bei vorliegendem Bild womöglich um das in Siena versteigerte Bild handelt, konnte leider nicht überprüft werden.
Der bislang anonym gebliebene Meister von Sant'Ivo verdankt seinen Notnamen einem Gemälde mit höchst ungewöhnlichem Thema, dem Heiligen Ivo im Gericht, das sich früher im Palazzo di Parte Guelfa befand und heute in der Galleria dell'Accademia in Florenz zu sehen ist (Baldini 2005). Federico Zeri war der erste, der diesem Meister 1967 eine Gruppe von Werken zuschrieb und ihn aufgrund der Ähnlichkeit zwischen einer Madonna der Demut in der Christ Church Picture Gallery in Oxford (Inv.-Nr. 17) und einer anderen im Fundus der Sammlungen der Vatikanischen Museen (Inv.-Nr. 178) als "Meister der Madonna Christ Church" bezeichnete. Einige Jahre später, im Jahr 1975, fasste Miklòs Boskovits 35 Gemälde von der Hand unseres Meisters zusammen und benannte ihn in "Meister von Sant'Ivo" um. Dieses Œuvre hat sich seitdem auf gut fünfzig Werke erweitert. Die frühesten Werke des zwischen etwa 1390 und 1415 tätigen Meisters zeigen deutliche Einflüsse von Agnolo Gaddis (1350–1396) Kunst, was darauf hindeutet, dass er vermutlich in dessen Werkstatt ausgebildet wurde. Seine Hand wurde in Gaddis späten Freskenzyklen in Santa Croce in Florenz und in der Kathedrale von Prato ausgemacht. Sein späteres Schaffen weist eine Affinität zu den Werken von Mariotto di Nardo (um 1365–um 1424), Lorenzo Monaco (um 1370–um 1425) und Lippo d'Andrea (um 1370–vor 1451) auf. Den Gemälden nach zu urteilen, die ihm bisher zugeschrieben wurden, scheint sich der Meister von Sant'Ivo eher auf die Malerei von kleinformatigen Werken spezialisiert zu haben, die, wie vorliegende Tafel, die Madonna mit Kind und Heiligen darstellen und für die private Andacht bestimmt waren (siehe Koller, Zürich, 31.3.2023, Los 3001, für CHF 51'540 verkauft).
Die Figurengruppe unserer Madonna mit Kind erscheint als unmittelbares Derivat eines der wohl anmutigsten Madonnenbilder unseres Malers, ein Rundbild mit einer äusserst ähnlichen Figurenkonfiguration, die sich im Londoner Kunsthandel befindet (Moretti Art Gallery). Bei letzterem handelt es sich um ein Rundbild, das als Gewölbeabschluss am Schlussstein befestigt war. Da sich letzteres klar an der Kunst des späten Agnolo Gaddi und dem Frühwerk Lorenzo Monacos (San Gaggio Altar 1388–90) orientiert und Feinheiten der Ausführungen offenbart, kann davon ausgegangen werden, dass die Londoner Madonna noch ins späte 14. Jahrhundert zu setzen ist. Dies bestätigt sich auch über das Erscheinungsbild dieser anmutigen Madonna, das noch nicht durch die augenfälligen graphischen Vereinfachungen und Sprödigkeit des späteren Stils beeinträchtigt ist. Das Bild zeugt bereits von der späteren künstlerischen Tendenz des Meisters, seine Gemälde in etwas spröderer Erscheinungsform entstehen zu lassen und diese in ihrer Vereinfachung und Abstraktionen der Formen in bestimmter Weise auch den Werken seines florentinischen Zeitgenossen Lorenzo di Niccolò (1373–1412), etwa der Madonna des ca. um 1400 gemalten Flügelaltars in der Sakristei von San Lorenzo, anzunähern. Damit dürfte der Zeitraum der Entstehung unseres Tafelbildes vom Meister von Sant'Ivo approximativ abgesteckt sein. Eine Datierung in die Jahre um 1400 erscheint plausibel.
Wir danken Prof. Dr. Gaudenz Freuler für seine wissenschaftlliche Unterstützung bei der Katalogisierung dieses Gemäldes.
CHF 30 000 / 50 000 | (€ 30 930 / 51 550)
Verkauft für CHF 30 000 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr