Lot 3012* - A194 Gemälde Alter Meister & des 19. Jhs. - Freitag, 25. September 2020, 14.00 Uhr
LUCAS CRANACH d. Ä., Werkstatt, wohl HANS CRANACH
(Kronach 1472–1553 Weimar) (Wittenberg 1513–1537 Bologna)
Bildnis einer Frau in schmuckvollem Kleid mit Haube. Um 1535.
Öl auf Holz.
50,3 × 35,5 cm.
Provenienz:
- Galerie Reinhardt, 1929.
- Sammlung William Goldman, New York (aus dessen Besitz 1930 ausgestellt bei Van Diemen).
- Auktion Sotheby's, London, 5.7.1967, Los 112 (als Lucas Cranach d. Ä.).
- Schweizer Privatbesitz.
Literatur:
"Sammler und Markt", in: Der Cicerone 22, 1930, S. 31-36, hier S. 35.
Max J. Friedländer et al. (Hg.): Die Gemälde von Lucas Cranach, Berlin 1932, Nr. 283d (Nr. 349E mit der Bemerkung «wohl Cranach» in der überarbeiteten Ausgabe von 1978/79).
Das Bildnis einer älteren Frau in Halbfigur nach links (50,3 x 35,5 cm, Buchenholz) ist im Werkverzeichnis CORPUS CRANACH unter der Nummer CC-POR-820-072 mit der Zuschreibung C1 verzeichnet. (Innerhalb der Zuschreibungskategorie "C1" werden alle Werke zusammengefasst, die entsprechend des Forschungsstandes zum Zeitpunkt der Veröffentlichung als "mit großer Wahrscheinlichkeit" innerhalb der Werkstatt Lucas Cranach des Älteren (1) entstanden angesehen werden können. Dazu zählen Werke, die sich nach Ansicht des Autors stilistisch und phänomenologisch in das entsprechende Oeuvre eingliedern. Eine Unterscheidung einzelner Hände im Sinne einer Zuschreibung an den Meister selbst bzw. identifizierbare Mitarbeiter steht der erkennbar arbeitsteiligen Werkstattpraxis entgegen und muss als kennerschaftliche Wertung unterbleiben. Werke von identifizierbaren Mitarbeitern, die eine von der Cranach-Schlange abweichende Signatur oder ein Monogramm tragen, werden als außerhalb der Werkstatt hergestellt angesehen. Eine Ausnahme bilden die mit "HC" monogrammierten Werke, die für Hans Cranach in Anspruch genommen werden).
Erstmals nachweisbar ist die vorliegende Tafel in der Galerie Reinhardt (1929). Offensichtlich ging sie von dort in die Sammlung William Goldman in New York über, aus dessen Besitz sie 1930 bei Van Diemen ausgestellt war. Am 5. Juli 1967 taucht das Bildnis bei Sotheby's London als Lot 112 (als Cranach d. Ä.) wieder auf.
Die Haube der Frau mittleren Alters zeigt eine ganz ähnliche Modellierung (z.B. durchscheinender Hautton der Stirn) wie auf dem 2019 bei Hampel versteigerten Bild CC-MHM-120-028 (Fragment aus einer Herkules-bei-Omphale-Darstellung) und deutet damit in einen Entstehungszeitraum um 1535.
Deutliche Übereinstimmungen bestehen auch mit einem Frauenbildnis in Bergen, Werkverzeichnis-Nr.: CC-POR-820-036 (Bergen, KODE Kunstmuseene i Bergen, Inv. Nr. BB-M-76, 47,5 x 31 cm, Holz).
Weitere Werke der Cranach-Werkstatt lassen stilistische Übereinstimmungen erkennen, so unter anderen:
Weibliches Bildnis, Kopenhagen, FR 281
Werkverzeichnis-Nr.: CC-POR-800-020
Kopenhagen, Statens Museum for Kunst, Inv. Nr. KMSsp724
51,5 x 36 cm, Holz Halbfigur einer Frau in schmuckvollem Gewand mit bestickter Haube. Bildnispaar mit gleichartigem, signierten und 1534 datierten Männerporträt (CC-POR-800019), dessen Provenienz das Bild teilt.
Johann II. von Anhalt, Dorotheum 2003
Werkverzeichnis-Nr.: CC-POR-250-003
Wörlitz, Gotisches Haus, Inv. Nr. M17-2006
51,6 x 36,3 cm, Holz
Joachim I. von Anhalt, Dorotheum 2003
Werkverzeichnis-Nr.: CC-POR-225-001
Wörlitz, Gotisches Haus, Inv. Nr. M16-2006
51,6 x 36,3 cm, Holz
Bildnis einer jungen Frau, Madrid, FR 337
Werkverzeichnis-Nr.: CC-POR-820-059
Madrid, Museo Nacional Thyssen-Bornemisza, Inv. Nr. 113
61,5 x 42,2 cm, Buchenholz
Bildnis einer Frau, Paris, FR 283e
Werkverzeichnis-Nr.: CC-POR-820-065
Paris, Petit Palais, Inv. Nr. PTUCK4
51 x 35,5 cm, Holz
Die genannten Werke zeigen Gemeinsamkeiten, was auf denselben ausführenden Maler hindeuten könnte. Da das letztgenannte Porträt in Paris das weibliche Pendant zum Bildnis des Reformators Johannes Brenz (CC-POR-810-028) darstellt, welches mit "HB" signiert ist, könnte auch dieses von der Hand Hans Cranachs stammen. Obwohl die Werkstatt Cranachs einen einheitlichen Werkstattstil pflegte, der für individuelle Stilmerkmale wenig Raum ließ, kann deshalb im vorliegenden Fall des Frauenbildnisses die Vermutung geäußert werden, dass Hans Cranach als Urheber in Frage kommt. Gerade dem erstgeborenen Sohn Cranachs des Älteren, der traditionsgemäß die Werkstatt übernommen hätte, könnte das Recht zugestanden haben, sich mehr gestalterische Freiheit zu nehmen, als sie den übrigen Mitarbeitern erlaubt war. Damit ließe sich die von der Werkstattroutine abweichende Zusammenstellung modischer Accessoires erklären, die auch das hier untersuchte Bild auszeichnet. Die Tatsache, dass ein weiteres vergleichbares Bild mit „1538“ datiert ist und damit erst nach dem Tod Hans Cranachs signiert wurde, muss der „Hans-Cranach-These“ nicht widersprechen (siehe Abb. 1). Gerade dieses Bildnis zeigt einen hohen Grad an Übereinstimmung, die es als mögliches Pendant eines Ehegatten-Bildpaars erscheinen lassen.
Bildnis eines bärtigen Mannes, dat. 1538, FR 334
Werkverzeichnis-Nr.: CC-POR-810-046
Kansas City, Nelson-Atkins Museum of Art, Inv. Nr. 31-112
50,2 x 35,7 cm, Buchenholz
Das florale Stickmuster auf dem Hemdkragen des Dargestellten sowie dessen Handhaltung lassen an eine mögliche Zusammengehörigkeit mit dem Frauenbildnis denken, das dieselben Stickmuster und den schmalen, abstehenden Finger zeigt. Die Werkstattorganisation bei Cranach ist sichtbar auf arbeitsteiliges Arbeiten ausgelegt gewesen, sodass nach dem unverhofften Tod Hans Cranachs 1537 begonnene Arbeiten von anderer Hand beendet worden sein können und das Bildnispaar erst 1538 ausgeliefert wurde.
Das Infrarotreflektogramm (siehe Abb. 2) zeigt die für ein Porträt üblichen Übertragungsspuren durch Pausen einer Vorzeichnung auf den Malgrund der Tafel. An verschiedenen Stellen, insbesondere im Gesicht der Frau, erscheinen dünne Linien eines trockenen Zeichenstifts, mit dem Kinn, Nase Lippenkontur sowie die Außenkontur des Kopfes markiert sind. Am linken Tafelrand zeigen sich in der Vergrößerung mechanische Kratzspuren, die zu Abplatzungen der Bildoberfläche geführt haben. Diese Grashalm-ähnlichen Beschädigungen wurden möglicherweise bei einer alten Restaurierung falsch gedeutet und als Bestandteil der Malerei angesehen. Sie wurden durch Pinselzüge in Ocker verbunden und betont und gehören sicher nicht zur ursprünglichen Malerei. Die mit einem spitzen Stichel eingekratzten Rillen zeigen an ihrer Basis noch Reste der eingedrückten, einst oben liegenden blauen Hintergrundfarbe und die teils pastos aufgesetzten Retuschen verlaufen durchweg über das originale Alterskraquelee hinweg.
In Kassel befindet sich ein motivgleiches Bild (Werkverzeichnis-Nr.: CC-POR-820-073,Gemäldegalerie Alte Meister, Inv. Nr. GK 1137, 51,2 x 36,6 cm, Holz) das als spätere Kopie unseres Bildes anzusehen ist.
Wir danken Dr. Michael Hofbauer vom Corpus Cranach Archiv für diesen Katalogeintrag und für die Untersuchung des Gemäldes im Original. Ebenfalls sind wir Herrn Prof. Dr. Dieter Koepplin, Basel zu Dank verpflichtet, der uns auf die Nennung des Gemäldes im Werkverzeichnis von Friedländer et al. aufmerksam gemacht hat.
- Galerie Reinhardt, 1929.
- Sammlung William Goldman, New York (aus dessen Besitz 1930 ausgestellt bei Van Diemen).
- Auktion Sotheby's, London, 5.7.1967, Los 112 (als Lucas Cranach d. Ä.).
- Schweizer Privatbesitz.
Literatur:
"Sammler und Markt", in: Der Cicerone 22, 1930, S. 31-36, hier S. 35.
Max J. Friedländer et al. (Hg.): Die Gemälde von Lucas Cranach, Berlin 1932, Nr. 283d (Nr. 349E mit der Bemerkung «wohl Cranach» in der überarbeiteten Ausgabe von 1978/79).
Das Bildnis einer älteren Frau in Halbfigur nach links (50,3 x 35,5 cm, Buchenholz) ist im Werkverzeichnis CORPUS CRANACH unter der Nummer CC-POR-820-072 mit der Zuschreibung C1 verzeichnet. (Innerhalb der Zuschreibungskategorie "C1" werden alle Werke zusammengefasst, die entsprechend des Forschungsstandes zum Zeitpunkt der Veröffentlichung als "mit großer Wahrscheinlichkeit" innerhalb der Werkstatt Lucas Cranach des Älteren (1) entstanden angesehen werden können. Dazu zählen Werke, die sich nach Ansicht des Autors stilistisch und phänomenologisch in das entsprechende Oeuvre eingliedern. Eine Unterscheidung einzelner Hände im Sinne einer Zuschreibung an den Meister selbst bzw. identifizierbare Mitarbeiter steht der erkennbar arbeitsteiligen Werkstattpraxis entgegen und muss als kennerschaftliche Wertung unterbleiben. Werke von identifizierbaren Mitarbeitern, die eine von der Cranach-Schlange abweichende Signatur oder ein Monogramm tragen, werden als außerhalb der Werkstatt hergestellt angesehen. Eine Ausnahme bilden die mit "HC" monogrammierten Werke, die für Hans Cranach in Anspruch genommen werden).
Erstmals nachweisbar ist die vorliegende Tafel in der Galerie Reinhardt (1929). Offensichtlich ging sie von dort in die Sammlung William Goldman in New York über, aus dessen Besitz sie 1930 bei Van Diemen ausgestellt war. Am 5. Juli 1967 taucht das Bildnis bei Sotheby's London als Lot 112 (als Cranach d. Ä.) wieder auf.
Die Haube der Frau mittleren Alters zeigt eine ganz ähnliche Modellierung (z.B. durchscheinender Hautton der Stirn) wie auf dem 2019 bei Hampel versteigerten Bild CC-MHM-120-028 (Fragment aus einer Herkules-bei-Omphale-Darstellung) und deutet damit in einen Entstehungszeitraum um 1535.
Deutliche Übereinstimmungen bestehen auch mit einem Frauenbildnis in Bergen, Werkverzeichnis-Nr.: CC-POR-820-036 (Bergen, KODE Kunstmuseene i Bergen, Inv. Nr. BB-M-76, 47,5 x 31 cm, Holz).
Weitere Werke der Cranach-Werkstatt lassen stilistische Übereinstimmungen erkennen, so unter anderen:
Weibliches Bildnis, Kopenhagen, FR 281
Werkverzeichnis-Nr.: CC-POR-800-020
Kopenhagen, Statens Museum for Kunst, Inv. Nr. KMSsp724
51,5 x 36 cm, Holz Halbfigur einer Frau in schmuckvollem Gewand mit bestickter Haube. Bildnispaar mit gleichartigem, signierten und 1534 datierten Männerporträt (CC-POR-800019), dessen Provenienz das Bild teilt.
Johann II. von Anhalt, Dorotheum 2003
Werkverzeichnis-Nr.: CC-POR-250-003
Wörlitz, Gotisches Haus, Inv. Nr. M17-2006
51,6 x 36,3 cm, Holz
Joachim I. von Anhalt, Dorotheum 2003
Werkverzeichnis-Nr.: CC-POR-225-001
Wörlitz, Gotisches Haus, Inv. Nr. M16-2006
51,6 x 36,3 cm, Holz
Bildnis einer jungen Frau, Madrid, FR 337
Werkverzeichnis-Nr.: CC-POR-820-059
Madrid, Museo Nacional Thyssen-Bornemisza, Inv. Nr. 113
61,5 x 42,2 cm, Buchenholz
Bildnis einer Frau, Paris, FR 283e
Werkverzeichnis-Nr.: CC-POR-820-065
Paris, Petit Palais, Inv. Nr. PTUCK4
51 x 35,5 cm, Holz
Die genannten Werke zeigen Gemeinsamkeiten, was auf denselben ausführenden Maler hindeuten könnte. Da das letztgenannte Porträt in Paris das weibliche Pendant zum Bildnis des Reformators Johannes Brenz (CC-POR-810-028) darstellt, welches mit "HB" signiert ist, könnte auch dieses von der Hand Hans Cranachs stammen. Obwohl die Werkstatt Cranachs einen einheitlichen Werkstattstil pflegte, der für individuelle Stilmerkmale wenig Raum ließ, kann deshalb im vorliegenden Fall des Frauenbildnisses die Vermutung geäußert werden, dass Hans Cranach als Urheber in Frage kommt. Gerade dem erstgeborenen Sohn Cranachs des Älteren, der traditionsgemäß die Werkstatt übernommen hätte, könnte das Recht zugestanden haben, sich mehr gestalterische Freiheit zu nehmen, als sie den übrigen Mitarbeitern erlaubt war. Damit ließe sich die von der Werkstattroutine abweichende Zusammenstellung modischer Accessoires erklären, die auch das hier untersuchte Bild auszeichnet. Die Tatsache, dass ein weiteres vergleichbares Bild mit „1538“ datiert ist und damit erst nach dem Tod Hans Cranachs signiert wurde, muss der „Hans-Cranach-These“ nicht widersprechen (siehe Abb. 1). Gerade dieses Bildnis zeigt einen hohen Grad an Übereinstimmung, die es als mögliches Pendant eines Ehegatten-Bildpaars erscheinen lassen.
Bildnis eines bärtigen Mannes, dat. 1538, FR 334
Werkverzeichnis-Nr.: CC-POR-810-046
Kansas City, Nelson-Atkins Museum of Art, Inv. Nr. 31-112
50,2 x 35,7 cm, Buchenholz
Das florale Stickmuster auf dem Hemdkragen des Dargestellten sowie dessen Handhaltung lassen an eine mögliche Zusammengehörigkeit mit dem Frauenbildnis denken, das dieselben Stickmuster und den schmalen, abstehenden Finger zeigt. Die Werkstattorganisation bei Cranach ist sichtbar auf arbeitsteiliges Arbeiten ausgelegt gewesen, sodass nach dem unverhofften Tod Hans Cranachs 1537 begonnene Arbeiten von anderer Hand beendet worden sein können und das Bildnispaar erst 1538 ausgeliefert wurde.
Das Infrarotreflektogramm (siehe Abb. 2) zeigt die für ein Porträt üblichen Übertragungsspuren durch Pausen einer Vorzeichnung auf den Malgrund der Tafel. An verschiedenen Stellen, insbesondere im Gesicht der Frau, erscheinen dünne Linien eines trockenen Zeichenstifts, mit dem Kinn, Nase Lippenkontur sowie die Außenkontur des Kopfes markiert sind. Am linken Tafelrand zeigen sich in der Vergrößerung mechanische Kratzspuren, die zu Abplatzungen der Bildoberfläche geführt haben. Diese Grashalm-ähnlichen Beschädigungen wurden möglicherweise bei einer alten Restaurierung falsch gedeutet und als Bestandteil der Malerei angesehen. Sie wurden durch Pinselzüge in Ocker verbunden und betont und gehören sicher nicht zur ursprünglichen Malerei. Die mit einem spitzen Stichel eingekratzten Rillen zeigen an ihrer Basis noch Reste der eingedrückten, einst oben liegenden blauen Hintergrundfarbe und die teils pastos aufgesetzten Retuschen verlaufen durchweg über das originale Alterskraquelee hinweg.
In Kassel befindet sich ein motivgleiches Bild (Werkverzeichnis-Nr.: CC-POR-820-073,Gemäldegalerie Alte Meister, Inv. Nr. GK 1137, 51,2 x 36,6 cm, Holz) das als spätere Kopie unseres Bildes anzusehen ist.
Wir danken Dr. Michael Hofbauer vom Corpus Cranach Archiv für diesen Katalogeintrag und für die Untersuchung des Gemäldes im Original. Ebenfalls sind wir Herrn Prof. Dr. Dieter Koepplin, Basel zu Dank verpflichtet, der uns auf die Nennung des Gemäldes im Werkverzeichnis von Friedländer et al. aufmerksam gemacht hat.
CHF 25 000 / 35 000 | (€ 25 770 / 36 080)
Verkauft für CHF 91 800 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr