Lot 3702 - A193 PostWar & Contemporary - Samstag, 04. Juli 2020, 14.00 Uhr
MAX BILL
(Winterthur 1908–1994 Berlin)
Doppelfläche als Sechseck. 1968.
Messing, vergoldet.
Mit der eingeritzten Signatur und der Datierung: bill 1968.
76 × 24 × 25 cm.
Provenienz:
- Privatsammlung Schweiz.
- Durch Erbschaft an den heutigen Besitzer, seitdem Privatsammlung Österreich.
Literatur: Max, Binia und Jabob Bill Stiftung (hrsg.): Max Bill - die unendliche Schleife 1935-95 und die Einflächner, Wabern-Bern 2000, S. 89 (mit Abb.).
„Konkrete Kunst nennen wir jene Kunstwerke, die aufgrund ihrer ureigenen Mittel und Gesetzmässigkeiten - ohne äusserliche Anlehnung an Naturerscheinungen oder deren Transformierung, also nicht durch Abstraktion - entstanden sind. Konkrete Kunst ist in ihrer Eigenart selbständig. Sie ist der Ausdruck des menschlichen Geistes, für den menschlichen Geist bestimmt, und sie sei von jener Schärfe, Eindeutigkeit und Vollkommenheit, wie dies von Werken des menschlichen Geistes erwartet werden muss. Konkrete Malerei und Plastik ist die Gestaltung von optisch wahrnehmbarem. Ihre Gestaltungsmittel sind die Farben, der Raum, das Licht und die Bewegung... Konkrete Kunst ist in ihrer letzten Konsequenz der reine Ausdruck von harmonischem Mass und Gesetz. Sie ordnet Systeme und gibt mit künstlerischen Mitteln diesen Ordnungen das Leben... Sie erstrebt das universelle und pflegt dennoch das einmalige. Sie drängt das individualistische zurück, zugunsten des Individuums.“ Max Bill
Der Schweizer Maler, Plastiker, Designer und Architekt Max Bill ist Mitbegründer der Kunstrichtung der Konkreten Kunst und gilt heute als einer ihrer wichtigsten Vertreter.
Ab 1924 lässt sich Max Bill zuerst als Silberschmied an der Kunstgewerbeschule in Zürich aus, bevor er ab 1927 für zwei Jahre in Dessau am Bauhaus Architektur studiert, wo zu dieser Zeit Josef Albers, Wassily Kandinsky, Paul Klee, László Moholy-Nagy und Oskar Schlemmer unterrichten – dies sind prägende und richtungsweisende Zeiten für den jungen Max Bill. Im Jahr 1929 kehrt Bill zurück in die Schweiz und lässt sich in Zürich nieder. Er arbeitet zunächst als Architekt und beschäftigt sich anschliessend immer mehr mit der Malerei, Plastik und mit der Produktgestalltung. Mit 25 Jahren wird er in die Pariser Künstlergruppe "Abstraction Création" aufgenommen. Seine Mitgliedschaft ermöglicht ihm Ausstellungen an der Seite von Ikonen wie Piet Mondrian, Jean Arp und Georges Vantongerloo.
Seit den 1930er Jahren ist der Winterthurer zu einem der wichtigsten Wortführer der Zürcher Konkreten geworden. Mit seinem berühmten Text "Konkrete Gestaltung" liefert er im Jahr 1936 der gestalterischen Praxis ein theoretisches Fundament, das für die Entwicklung nicht nur der Schweizer Nachkriegskunst – besonders der Zürcher Schule der Konkreten mit unter anderen Camille Graeser, Verena Loewensberg und Richard Paul Lohse – von grösster Bedeutung ist. 1944–1945 wird Max Bill mit dem Unterricht der Formlehre an der Kunstgewerbeschule Zürich betraut. Sein grösstes Bauprojekt folgt im Jahr 1950, die Hochschule für Gestaltung in Ulm, wo er auch ab 1951 für fünf Jahren Rektor und Leiter der Abteilung für Architektur und Produktform ist. Nach zahlreichen Ausstellungsplanungen und -beiträgen unterrichtet Max Bill von 1967 bis 1974 als Professor für Umweltgestalltung an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg. Ausserdem ist Bill Mitglied zahlreicher Künstler- und Architektenvereinigungen sowie Ehrenmitglied verschiedener Akademien. 1994 nimmt er die Ehrendoktorwürde der ETH Zürich entgegen.
Sein gesamtes Oeuvre besteht aus zwei umfangreichen Werkgruppen: zum einen seinen Gemälde und Grafiken, zum anderen seinen voluminösen Raumplastiken und seine Metallbänder. Obwohl diese zwei Werkgruppen zunächst den Anschein erwecken, aus unterschiedlichen Inspirationsquellen zu kommen, handelt es sich doch um eine gemeinsame wesentliche geometrisch-mathematische Einheit. Max Bills Kunst ist gegenstandslos und massgeblich von den universellen Ideen des Bauhauses geprägt. Er schafft es eine Kunstform zu definieren, die der reine Ausdruck von harmonischem Zusammenspiel von Mass und Gesetz ist. Seine Kunst ist keine Abstraktion der Wirklichkeit, sondern eine kalkulierte Anwendung von universellen Darstellungsmitteln von Farbe, Licht, Raum, Flächen, Linien und Bewegung. "Einflächner", "Kugeln", "Säulen", "Prismen", "Pavillons" sind die wichtigsten Schlüsselthemen, auf die sich Max Bill in seinem plastischen Schaffen konzentriert. Seine Skulpturen definieren sich durch schlichte Erscheinungsformen, als Ergebnis der experimentellen Visualisierung von grundsätzlichen strukturellen Eigenschaften von Flächen, Kugeln, Säulen.
Die hier angebotene vergoldete Messingskulptur "Doppelfläche als Sechseck" von 1968 gehört zu Bills Werkkategorie der "Einflächner". " (…) ich war auf meine Entdeckung sehr stolz, es war mir gelungen, das Unendlichkeitszeichen aus der Mathematik, die liegende 8, als Symbol räumlich anschaulich zu machen. Eines Tages sagte mir jemand, es sei fabelhaft wie ich das Möbiusband zu einer formal vollkommenen plastischen Lösung geführt hätte. Ein Möbiusband kannte ich nicht. Im Lexikon fand ich August Ferdinand Möbius, 1790-1868, Astronom, Mathematiker, Professor und Direktor der Sternwarte, befasst mit analytischer Geometrie. Später las ich, dass vier Jahre vor Möbius, J.B. Listing 1961 die Entdeckung dieser Doppelfläche gelang. Die Werke selbst sind Realisation von Idee und Konzept, sie entstehen durch verschiedenste Arbeitsprozesse." (aus: Bill, Jakob. Max Bill. Unendliche Schleife 1935-95 und die Einflächner. Benteli Verlag, Wabern, S. 14).
Das auf dem Möbiusband basierende Skulpturenkonzept "Die unendliche Schleife" setzt Max Bill über Jahrzehnte in einer Reihe von Plastiken mit verschiedenen Charakteristiken in vielfachen Variationen um. Bill schreibt zum Werk "Die Doppelfläche als Sechseck": Das Merkwürdige an dieser Plastik ist die mehrfache Möglichkeit, Wege zu beschreiten. Dieses Sechseck hat die dreifache Winkelsumme eines normalen regulären Hexagons. Im Zentrum ergibt sich aus der formbedingten Richtungsänderung ein auf die Spitze gestellter Quadratischer Spiegel. (ebenda, S. 89).
- Privatsammlung Schweiz.
- Durch Erbschaft an den heutigen Besitzer, seitdem Privatsammlung Österreich.
Literatur: Max, Binia und Jabob Bill Stiftung (hrsg.): Max Bill - die unendliche Schleife 1935-95 und die Einflächner, Wabern-Bern 2000, S. 89 (mit Abb.).
„Konkrete Kunst nennen wir jene Kunstwerke, die aufgrund ihrer ureigenen Mittel und Gesetzmässigkeiten - ohne äusserliche Anlehnung an Naturerscheinungen oder deren Transformierung, also nicht durch Abstraktion - entstanden sind. Konkrete Kunst ist in ihrer Eigenart selbständig. Sie ist der Ausdruck des menschlichen Geistes, für den menschlichen Geist bestimmt, und sie sei von jener Schärfe, Eindeutigkeit und Vollkommenheit, wie dies von Werken des menschlichen Geistes erwartet werden muss. Konkrete Malerei und Plastik ist die Gestaltung von optisch wahrnehmbarem. Ihre Gestaltungsmittel sind die Farben, der Raum, das Licht und die Bewegung... Konkrete Kunst ist in ihrer letzten Konsequenz der reine Ausdruck von harmonischem Mass und Gesetz. Sie ordnet Systeme und gibt mit künstlerischen Mitteln diesen Ordnungen das Leben... Sie erstrebt das universelle und pflegt dennoch das einmalige. Sie drängt das individualistische zurück, zugunsten des Individuums.“ Max Bill
Der Schweizer Maler, Plastiker, Designer und Architekt Max Bill ist Mitbegründer der Kunstrichtung der Konkreten Kunst und gilt heute als einer ihrer wichtigsten Vertreter.
Ab 1924 lässt sich Max Bill zuerst als Silberschmied an der Kunstgewerbeschule in Zürich aus, bevor er ab 1927 für zwei Jahre in Dessau am Bauhaus Architektur studiert, wo zu dieser Zeit Josef Albers, Wassily Kandinsky, Paul Klee, László Moholy-Nagy und Oskar Schlemmer unterrichten – dies sind prägende und richtungsweisende Zeiten für den jungen Max Bill. Im Jahr 1929 kehrt Bill zurück in die Schweiz und lässt sich in Zürich nieder. Er arbeitet zunächst als Architekt und beschäftigt sich anschliessend immer mehr mit der Malerei, Plastik und mit der Produktgestalltung. Mit 25 Jahren wird er in die Pariser Künstlergruppe "Abstraction Création" aufgenommen. Seine Mitgliedschaft ermöglicht ihm Ausstellungen an der Seite von Ikonen wie Piet Mondrian, Jean Arp und Georges Vantongerloo.
Seit den 1930er Jahren ist der Winterthurer zu einem der wichtigsten Wortführer der Zürcher Konkreten geworden. Mit seinem berühmten Text "Konkrete Gestaltung" liefert er im Jahr 1936 der gestalterischen Praxis ein theoretisches Fundament, das für die Entwicklung nicht nur der Schweizer Nachkriegskunst – besonders der Zürcher Schule der Konkreten mit unter anderen Camille Graeser, Verena Loewensberg und Richard Paul Lohse – von grösster Bedeutung ist. 1944–1945 wird Max Bill mit dem Unterricht der Formlehre an der Kunstgewerbeschule Zürich betraut. Sein grösstes Bauprojekt folgt im Jahr 1950, die Hochschule für Gestaltung in Ulm, wo er auch ab 1951 für fünf Jahren Rektor und Leiter der Abteilung für Architektur und Produktform ist. Nach zahlreichen Ausstellungsplanungen und -beiträgen unterrichtet Max Bill von 1967 bis 1974 als Professor für Umweltgestalltung an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg. Ausserdem ist Bill Mitglied zahlreicher Künstler- und Architektenvereinigungen sowie Ehrenmitglied verschiedener Akademien. 1994 nimmt er die Ehrendoktorwürde der ETH Zürich entgegen.
Sein gesamtes Oeuvre besteht aus zwei umfangreichen Werkgruppen: zum einen seinen Gemälde und Grafiken, zum anderen seinen voluminösen Raumplastiken und seine Metallbänder. Obwohl diese zwei Werkgruppen zunächst den Anschein erwecken, aus unterschiedlichen Inspirationsquellen zu kommen, handelt es sich doch um eine gemeinsame wesentliche geometrisch-mathematische Einheit. Max Bills Kunst ist gegenstandslos und massgeblich von den universellen Ideen des Bauhauses geprägt. Er schafft es eine Kunstform zu definieren, die der reine Ausdruck von harmonischem Zusammenspiel von Mass und Gesetz ist. Seine Kunst ist keine Abstraktion der Wirklichkeit, sondern eine kalkulierte Anwendung von universellen Darstellungsmitteln von Farbe, Licht, Raum, Flächen, Linien und Bewegung. "Einflächner", "Kugeln", "Säulen", "Prismen", "Pavillons" sind die wichtigsten Schlüsselthemen, auf die sich Max Bill in seinem plastischen Schaffen konzentriert. Seine Skulpturen definieren sich durch schlichte Erscheinungsformen, als Ergebnis der experimentellen Visualisierung von grundsätzlichen strukturellen Eigenschaften von Flächen, Kugeln, Säulen.
Die hier angebotene vergoldete Messingskulptur "Doppelfläche als Sechseck" von 1968 gehört zu Bills Werkkategorie der "Einflächner". " (…) ich war auf meine Entdeckung sehr stolz, es war mir gelungen, das Unendlichkeitszeichen aus der Mathematik, die liegende 8, als Symbol räumlich anschaulich zu machen. Eines Tages sagte mir jemand, es sei fabelhaft wie ich das Möbiusband zu einer formal vollkommenen plastischen Lösung geführt hätte. Ein Möbiusband kannte ich nicht. Im Lexikon fand ich August Ferdinand Möbius, 1790-1868, Astronom, Mathematiker, Professor und Direktor der Sternwarte, befasst mit analytischer Geometrie. Später las ich, dass vier Jahre vor Möbius, J.B. Listing 1961 die Entdeckung dieser Doppelfläche gelang. Die Werke selbst sind Realisation von Idee und Konzept, sie entstehen durch verschiedenste Arbeitsprozesse." (aus: Bill, Jakob. Max Bill. Unendliche Schleife 1935-95 und die Einflächner. Benteli Verlag, Wabern, S. 14).
Das auf dem Möbiusband basierende Skulpturenkonzept "Die unendliche Schleife" setzt Max Bill über Jahrzehnte in einer Reihe von Plastiken mit verschiedenen Charakteristiken in vielfachen Variationen um. Bill schreibt zum Werk "Die Doppelfläche als Sechseck": Das Merkwürdige an dieser Plastik ist die mehrfache Möglichkeit, Wege zu beschreiten. Dieses Sechseck hat die dreifache Winkelsumme eines normalen regulären Hexagons. Im Zentrum ergibt sich aus der formbedingten Richtungsänderung ein auf die Spitze gestellter Quadratischer Spiegel. (ebenda, S. 89).
CHF 30 000 / 40 000 | (€ 30 930 / 41 240)
Verkauft für CHF 57 640 (inkl. Aufgeld)
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