Lot 3082* - A189 Schweizer Kunst - Freitag, 28. Juni 2019, 14.00 Uhr
CUNO AMIET
(Solothurn 1868–1961 Oschwand)
Die Obsternte (enstanden in der Vorbereitung zur sog. Wassmer-Fassung). 1912.
Öl auf Leinwand.
Unten rechts monogrammiert: CA.
103 × 115 cm.
Provenienz:
- Sammlung Eugen Loeb, Muri bei Bern, bis 1959. Beim Künstler direkt erworben.
- Sammlung Victor und Anne-Marie Loeb-Haymann, Muri bei Bern, 1978.
- Durch Erbfolge an heutige Besitzer.
Ausstellung:
- Basel 1960, Cuno Amiet, Kunsthalle Basel, 15.10.–20.11.1960, Nr. 87.
- Biel 2001, Collection Loeb, CentrePasquArt, 9.6.–19.8.2001, Nr. 13, als "Apfelernte in Blau und Rot", um 1912.
Literatur:
- Ausst.-Kat. Collection Loeb, CentrePasquArt, Biel 2001, S. 104, Kat.-Nr. 13, mit Farbabb. S. 34.
- George Mauner: Cuno Amiet. Die "Obsternte" von 1912, Zürich 2002, S. 78, A36 (mit Abb.).
- Franz Müller und Viola Radlach: Cuno Amiet. Die Gemälde 1883–1919, Zürich 2014, Bd. II, S. 404, Nr. 1912.13 (mit Farbabb.).
Cuno Amiet wandte sich ab 1907 dem Thema der Obsternte zu, die ihn bis zu seinem Tod in verschiedenen Varianten immer wieder beschäftigte. 1912 erreichte das Motiv in drei grossformatigen Kompositionen einen Höhepunkt in dieser intensiven Auseinandersetzung. Vor allem in der Obsterne II (sog. „Wassmerfassung“, WV Nr. 1912.24, vgl. Abb.), welche 1931 im Münchner Glaspalast zusammen mit anderen bedeutenden Bildern Amiets verbrannte, sah Amiet selber seine Vorstellung dieses Themas am reinsten verkörpert.
Im Herbst 1912 zeigte Cuno Amiet Obsternte II an der Neuenburger Nationalen Kunstausstellung, wo das Bild zunächst auf Unverständnis und Kritik traf. Giovanni Giacometti äusserte sich freundschaftlich kritisch. Und „Hodler fragte Amiet überrascht nach dem Grund der Monochromie, worauf ihm dieser zur Antwort gab, dass diese Farben seine Vorstellung von Reife und Reichtum im Leben und in der Natur am besten zum Ausdruck bringe, und so wie man dem Zeichner eine farbliche Reduzierung zubillige, fühle auch er sich berechtigt, mit einer reduzierten Palette zu malen.“ (Viola Radlach in: Cuno Amiet, Die Gemälde 1883-1919, SIK 2014, S. 405). Der Kunstschriftsteller Richard Messleny hatte zwei Jahre zuvor einen ersten Zustand gesehen, den er als „Augenweide und Seelenbalsam“ beschrieb: „Garben von Sonnenstrahlen durchdrangen die Luft unter vollgrünen Obstbäumen, über saftigem Rasen; muskulöse Frauen in straffen bauen Kleidern trugen schwergefüllte Apfelkörbe, übervolle, aus denen die glühendroten, süssen Rundlichkeiten mit dumpfem Schlag begehrlich ins Gras fallen“. Doch als er „im Spätherbst zur Ausstellung nach Neuchâtel kam, staute die Entrüstung vor dem Werke. Eine rote, ziegelrote Höllenglut fauchte mich an – und darunter steht: Obsternte von Cuno Amiet.(…) Ich brauchte viel langes Wiederansehen, Arbeit, Denken, bis ichs begriffen habe, dass ich in Neuchâtel verlor um zu gewinnen“.
Vor allem die Beführworter der Aventgarde würdigten ihre abstrahierende und subjektivierende Tendenz. Eberhard Griesebach sah in ihr einen grossen „Fortschritt, eine Befreiung vom Naturmalen“ und einen „Übergang zum schöpferisch dekorativen Stil“. Paul Klee besprach die Obsternte in seiner Kritik der Ausstellung Amiets in der Modernen Galerie von Heinrich Thannhauser in München im Mai/Juni 1912: „Wenn nun diese mehr gedachten als gesehenen Stücke an Wert ungleich sind, so ist mir doch das Geringste unter ihnen wertvoller, als jene oben erwähnten Auseinandersetzungen mit der Natur. Das Sinnlichpersönliche will zum Geistigpersönlichen gesteigert sein (…) Hierin hat Amiet einen entscheidenden Schritt getan in seiner Obsternte, dem Hauptstück der Kollektion.“ (Viola Radlach, op.cit.).
Das hier angebotene Werk entstand in der Vorbereitung zur heute verlorenen Obsterne II (Wassmer-Fassung) und ist in seiner monumentalen Einfachheit, in der an kubistische Tendenzen angelehnten Formensprache und in seinem auf Blau und Rot reduzierten monochromen Kolorit noch radikaler als jene Obsterne II, die in ihrer ganzen, oben beschriebenen Modernität im Vergleich zum Loeb-Gemälde doch auch eine etwas erzählerisch dekorativ Wirkung hat.
Mit diesem, einem seiner modernsten Werke steht Cuno Amiet in einer Linie mit der Avantgarde seiner Zeit.
- Sammlung Eugen Loeb, Muri bei Bern, bis 1959. Beim Künstler direkt erworben.
- Sammlung Victor und Anne-Marie Loeb-Haymann, Muri bei Bern, 1978.
- Durch Erbfolge an heutige Besitzer.
Ausstellung:
- Basel 1960, Cuno Amiet, Kunsthalle Basel, 15.10.–20.11.1960, Nr. 87.
- Biel 2001, Collection Loeb, CentrePasquArt, 9.6.–19.8.2001, Nr. 13, als "Apfelernte in Blau und Rot", um 1912.
Literatur:
- Ausst.-Kat. Collection Loeb, CentrePasquArt, Biel 2001, S. 104, Kat.-Nr. 13, mit Farbabb. S. 34.
- George Mauner: Cuno Amiet. Die "Obsternte" von 1912, Zürich 2002, S. 78, A36 (mit Abb.).
- Franz Müller und Viola Radlach: Cuno Amiet. Die Gemälde 1883–1919, Zürich 2014, Bd. II, S. 404, Nr. 1912.13 (mit Farbabb.).
Cuno Amiet wandte sich ab 1907 dem Thema der Obsternte zu, die ihn bis zu seinem Tod in verschiedenen Varianten immer wieder beschäftigte. 1912 erreichte das Motiv in drei grossformatigen Kompositionen einen Höhepunkt in dieser intensiven Auseinandersetzung. Vor allem in der Obsterne II (sog. „Wassmerfassung“, WV Nr. 1912.24, vgl. Abb.), welche 1931 im Münchner Glaspalast zusammen mit anderen bedeutenden Bildern Amiets verbrannte, sah Amiet selber seine Vorstellung dieses Themas am reinsten verkörpert.
Im Herbst 1912 zeigte Cuno Amiet Obsternte II an der Neuenburger Nationalen Kunstausstellung, wo das Bild zunächst auf Unverständnis und Kritik traf. Giovanni Giacometti äusserte sich freundschaftlich kritisch. Und „Hodler fragte Amiet überrascht nach dem Grund der Monochromie, worauf ihm dieser zur Antwort gab, dass diese Farben seine Vorstellung von Reife und Reichtum im Leben und in der Natur am besten zum Ausdruck bringe, und so wie man dem Zeichner eine farbliche Reduzierung zubillige, fühle auch er sich berechtigt, mit einer reduzierten Palette zu malen.“ (Viola Radlach in: Cuno Amiet, Die Gemälde 1883-1919, SIK 2014, S. 405). Der Kunstschriftsteller Richard Messleny hatte zwei Jahre zuvor einen ersten Zustand gesehen, den er als „Augenweide und Seelenbalsam“ beschrieb: „Garben von Sonnenstrahlen durchdrangen die Luft unter vollgrünen Obstbäumen, über saftigem Rasen; muskulöse Frauen in straffen bauen Kleidern trugen schwergefüllte Apfelkörbe, übervolle, aus denen die glühendroten, süssen Rundlichkeiten mit dumpfem Schlag begehrlich ins Gras fallen“. Doch als er „im Spätherbst zur Ausstellung nach Neuchâtel kam, staute die Entrüstung vor dem Werke. Eine rote, ziegelrote Höllenglut fauchte mich an – und darunter steht: Obsternte von Cuno Amiet.(…) Ich brauchte viel langes Wiederansehen, Arbeit, Denken, bis ichs begriffen habe, dass ich in Neuchâtel verlor um zu gewinnen“.
Vor allem die Beführworter der Aventgarde würdigten ihre abstrahierende und subjektivierende Tendenz. Eberhard Griesebach sah in ihr einen grossen „Fortschritt, eine Befreiung vom Naturmalen“ und einen „Übergang zum schöpferisch dekorativen Stil“. Paul Klee besprach die Obsternte in seiner Kritik der Ausstellung Amiets in der Modernen Galerie von Heinrich Thannhauser in München im Mai/Juni 1912: „Wenn nun diese mehr gedachten als gesehenen Stücke an Wert ungleich sind, so ist mir doch das Geringste unter ihnen wertvoller, als jene oben erwähnten Auseinandersetzungen mit der Natur. Das Sinnlichpersönliche will zum Geistigpersönlichen gesteigert sein (…) Hierin hat Amiet einen entscheidenden Schritt getan in seiner Obsternte, dem Hauptstück der Kollektion.“ (Viola Radlach, op.cit.).
Das hier angebotene Werk entstand in der Vorbereitung zur heute verlorenen Obsterne II (Wassmer-Fassung) und ist in seiner monumentalen Einfachheit, in der an kubistische Tendenzen angelehnten Formensprache und in seinem auf Blau und Rot reduzierten monochromen Kolorit noch radikaler als jene Obsterne II, die in ihrer ganzen, oben beschriebenen Modernität im Vergleich zum Loeb-Gemälde doch auch eine etwas erzählerisch dekorativ Wirkung hat.
Mit diesem, einem seiner modernsten Werke steht Cuno Amiet in einer Linie mit der Avantgarde seiner Zeit.
CHF 600 000 / 800 000 | (€ 618 560 / 824 740)
Verkauft für CHF 775 800 (inkl. Aufgeld)
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