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Lot 3037 - A182 Gemälde Alter Meister - Freitag, 22. September 2017, 15.00 Uhr

DIRCK VAN BABUREN

(um 1594 Utrecht 1624)
Violinenspieler mit Weinglas. 1623.
Öl auf Leinwand.
Oben links signiert und datiert: T. D. Baburen. F. Ao. 1623.
80,4 × 67,1 cm.

Provenienz:
Seit mehreren Generationen in Schweizer Privatbesitz.

Dr. Wayne E. Franits bestätigt die Eigenhändigkeit des Gemäldes anhand einer Fotografie, wofür wir ihm danken.

Bei dem hier angebotenen Gemälde eines Violinenspielers mit Weinglas handelt es sich um ein charakteristisches Werk des Utrechter Caraveggisten Dirck van Baburen. Erst kürzlich wurde das Werk in einer Schweizer Privatsammlung entdeckt und war Wayne Franits, dem Verfasser des Werkverzeichnisses, bislang nicht bekannt. Somit stellt das Musikantenbild eine bedeutende Neuentdeckung und eine willkommene Bereicherung seines bekannten Oeuvres dar.

In den Jahren von 1621 bis 1626 blühte in Utrecht der Caravaggismus, im künstlerischen Wettstreit zwischen Hendrick Terbrugghen (1588 - 1629), Gerard van Honthorst (1590 – 1656) und Dirck van Baburen (um 1594 - 1624), die unlängst aus Rom zurückgekehrt waren und die Schule der Utrechter Caraveggisten begründeten. In der Hauptstadt Italiens hatten sie sich der innovativen neuen Bildsprache Caravaggios (1571- 1610) angenommen, die Karel van Mander in seinem Schilder-Boeck (1604) rühmte: „Da ist auch Michael Agnolo aus Caravaggio, der zu Rom wunderbare Dinge tut […]. Dieser […] hat bereits durch seine Werke grossen Ruhm, Ehre und Namen erworben. […] Was seine Malweise anbelangt, die ist derart, dass sie anziehend ist und eine wunderbar schöne Manier zur Nachfolge für die jungen Malern bietet.“ Caravaggios Erfindungsreichtum und die „wunderbar schöne Manier“ brachten die Utrechter Caraveggisten aus dem Süden in ihre Heimat mit und setzten diese in ihre eigene Bildsprache um. Vor allem die hoch artifiziellen und oft allegorischen Halbfigurenbilder stellen hierfür ein Paradebeispiel dar. Darunter fallen auch die Bilder von Musizierenden, auf die sich Dirck van Baburen besonders spezialisierte. Obwohl die Anzahl der bekannten Werke zur Thematik der Musiker bei Barburen relativ klein ist, bestand bereits zu seinen Lebzeiten grosse Nachfrage.

Die caraveggeske Einflussnahme zeigt sich in Baburens Oeuvre stark in der lebendigen Lichtgestaltung, der Nahsichtigkeit und dem bewussten Bruch mit dem „Decorum“. Auch wenn die halbfigurig dargestellten Musikanten vor neutralem Hintergrund prototypisch auf die Musikantendarstellungen von Caravaggio und Bartolomeo Manfredi (1582 – 1622) verweisen, haben Baburens Musikanten eine völlig andere Aura und Wirkung auf den Betrachter. Dies kann auf die unterschiedliche Intention und Ikonographie zurückgeführt werden; während die Musikantenbilder der italienischen Caraveggisten als unmittelbare Schöpfung aus der römischen Musikkultur entstanden sind, wo die Musik als Repräsentation des Schönen und des kultivierten Privatvergnügens der Adeligen und Gelehrten fungierte, wurde sie in Holland des 17. Jahrhunderts mit dem verruchten und verdorbenen Vergnügen, Trinkgelagen und Prostitution in Verbindung gebracht.

Dieses unterschiedliche Verständnis zeigt sich ausgeprägt in der Wiedergabe der Musikantenbilder. Bei Caravggios Lautenspieler (Lautenspieler, 1594/95, Ermitage in Sankt Petersburg, in: Schütze, Michael: Caravaggio. Das vollständige Werk, Köln, 2009, S. 246. Abb. 5) ist ein schöner Jüngling mit einem weit aufgeknöpften Hemd dargestellt, der den Musikgenuss und das Schöne, umgeben von Blumen, Musiknoten und Instrumenten aufzuzeigen vermag und den verfeinerten Lebensstil in Rom repräsentiert. Bei Baburen hingegen ist die Intention der Musikantenbilder eine Andere; er zeigt einen bereits angeheiterten, nicht mehr ganz so jungen Violinspieler mit Zahnlücke, der in seiner Rechten ein Glas Wein hält. Das Hemd, bereits über die Schulter gerutscht, gibt nackte Haut frei und evoziert das fröhliche Treiben.

Das hier angebotene Gemälde stellt ein Musterbeispiel der leicht provokativen und sinnesfrohen Musikantenbilder von Dirck van Baburen dar. Andere Darstellungen von Musizierenden aus dem Spätwerk können stilistisch verglichen werden. So der singende junge Mann von 1622 im Städel Museum (Franits, Wayne: The paintings of Dirck Van Baburen, ca. 1592/93 - 1624. Catalogue Raisonné, Amsterdam, 2013, Cat. A24) oder der Lautenspieler in Utrecht (ebd. Cat. A25). Beide weisen den charakteristischen Schlagschatten auf und widerspiegeln dieselbe enthemmte Haltung. Die Violine, wie in unserem Gemälde, verweist zudem auf den sinnesaufreizenden Kontext, da das Instrument bei den Utrechter Caraveggisten fest im erotisch konnotierten Zusammenhang Verwendung fand (Sander, Jochen (Hg): Caravaggio in Holland. Musik und Genre bei Caravaggio und den Utrechter Caravaggisten, Ausst. Kat., Städel Museum, Frankfurt am Main, 2009).

Insgesamt sind nur wenig signierte Musikantenbilder von Baburen bekannt, worin auch die Rarität dieses hier angebotenen Gemäldes begründet ist. Mit Baburens frühem Tod 1624 erlischt auch die Euphorie für den Carravaggismus in den Niederlanden, allerdings fesselt der provokant sinnesfrohe Gehalt seiner Bilder noch heute ungebrochen.

CHF 60 000 / 80 000 | (€ 61 860 / 82 470)


Verkauft für CHF 595 500 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr