Lot 3209 - A185 Impressionismus & Moderne - Freitag, 29. Juni 2018, 16.00 Uhr
ARMAND GUILLAUMIN
(Paris 1841–1927 Orly)
La lecture. 1890-1900.
Gouache auf Leinwand.
Unten links signiert: Guillaumin.
60 x 73 cm.
Provenienz:
- Jack Aghion, Paris.
- Auktion Hotel Drouot Paris, 29. März 1918, Verkauf der Samml. Aghion, Los 34 (mit Abb.).
- Privatbesitz Strassburg (bis 1924).
- Privatbesitz Zürich, durch Erbschaft erhalten.
Ausstellung: (wohl) Paris, Galerie Bernheim-Jeune (verso auf altem Abdeckkarton mit Etikett, Leihgeber Aghion).
Armand Guillaumin ist ein Impressionist der ersten und der letzten Stunde. An der Seite Cézannes und Pissarros studiert er 1866 an der Académie Suisse und arbeitet mit ihnen in Pointoise und Auvers-sur-Oise. Er stellt an der ersten (1874) und an der letzten (1886) der Impressionisten Ausstellungen aus. 1927 stirbt er 86 jährig als letzter Überlebender der Impressionisten.
„La lecture“ ist eines der seltenen Porträts Guillaumins, die man zu dessen schönsten Werken zählt. Meist in Pastelltönen gehalten, zeigen sie Guillaumins Frau oder eine seiner Töchter beim Lesen oder Klavierspielen. Offenbar nutzt der Maler die Gelegenheiten der innehaltenden Konzentration seiner Familienmitglieder, um diese beeindruckenden Darstellungen zu schaffen, die sich durch eine besondere Sensibilität auszeichnen. Diese zeigt sich auch in der aussergewöhnlichen Technik (Gouache auf Leinwand).
Bei diesen Szenen legt Guillaumin ein grosses Gewicht auf Details, wie zum Beispiel die Musterung des Teppichs. Man kann auch schön sehen, wie sich die Familie Guillaumin mit asiatischen Einrichtigungen und Darstellungen umgeben hat. Der sogenannte „Japonismus“ kommt in Frankreich Ende 19. Jh. stark auf, gerade auch bei den Impressionisten.
Dieses Gemälde ist ein sehr typisches Werk für die Zeit des sogenannten „Fin de Siècle“ (1890-1914), einer entscheidenden Zeit der Entwicklung der Modernen Kunst. John Rewald schreibt in seinem wichtigen Text über diese Periode: „The term ‚post impressionism‘ is not a very precise one, though it is certainly a very convenient one. In a broad sense it covers the period from about 1886, when the impressionsts held their last and incomplete exhibition at which the neo-impressionists appeared for the first time, until some twenty years later, when cubism was born and with a completely new era which ushered in what we may call contemporary art.” (John Rewald, Post-Impressionism, From Van Gogh to Gauguin, 1978, S. 9.) Diese Zeit ist geprägt von dem Lebensgefühl, dass sich eine Epoche dem Ende nähert. Gesellschaftliche Veränderungen werden zunehmend zu einer Belastung und die Menschen fühlen, einer Vorahnung auf die grossen Kriege gleich, dass sich diese Veränderungen nicht nur zum Guten wenden. So ziehen sich manche Künstler ins Private zurück. Guillaumin hat zwar durch einen grossen Gewinn in der Lotterie 1891 und durch zunehmend gute Verkäufe seiner Werke immer mehr Erfolg, wird aber stetig mehr Familienmensch: „Guillaumin est devenu un père tranquille; il répugne à tout ce qui constitute l’agitation. Sa vie se limite à deux unique préoccupations: la peinture et la famille.“ (Raymond Schmit in Serret/Fabiani: Armand Guillaumin, Catalogue Raisonné de l’œuvre peint, Paris 1971, S. 75)
Sehr interessant ist bei „La lecture“ auch dessen Provenienz : Es gehörte einst Jack Aghion. Der gebürtige Ägypter war Schwager sowohl der beiden Bernheim-Jeune Brüder, sowie auch Félix Vallottons. Er war Banquier und hatte gute Verbindungen im Kunstmarkt, so dass er eine bedeutende Sammlung erwerben konnte, zu welcher unter anderem auch sehr wichtige Werke von Van Gogh, Boudin, Pissarro und Vuillard gehörten. Die Sammlung wurde im Hotel Drouot 1918 versteigert, wo „La lecture“ die Nr. 34 war und wo es wohl von der Familie der Grossmutter der jetzigen Einlieferin gekauft wurde. Diese stammte aus Strassburg, heiratete 1924 nach Zürich und das Werk blieb zusammen mit anderen bedeutenden Werken der Moderne in der Familie, bis es erst jetzt wieder der Öffentlichkeit gezeigt wird.
- Jack Aghion, Paris.
- Auktion Hotel Drouot Paris, 29. März 1918, Verkauf der Samml. Aghion, Los 34 (mit Abb.).
- Privatbesitz Strassburg (bis 1924).
- Privatbesitz Zürich, durch Erbschaft erhalten.
Ausstellung: (wohl) Paris, Galerie Bernheim-Jeune (verso auf altem Abdeckkarton mit Etikett, Leihgeber Aghion).
Armand Guillaumin ist ein Impressionist der ersten und der letzten Stunde. An der Seite Cézannes und Pissarros studiert er 1866 an der Académie Suisse und arbeitet mit ihnen in Pointoise und Auvers-sur-Oise. Er stellt an der ersten (1874) und an der letzten (1886) der Impressionisten Ausstellungen aus. 1927 stirbt er 86 jährig als letzter Überlebender der Impressionisten.
„La lecture“ ist eines der seltenen Porträts Guillaumins, die man zu dessen schönsten Werken zählt. Meist in Pastelltönen gehalten, zeigen sie Guillaumins Frau oder eine seiner Töchter beim Lesen oder Klavierspielen. Offenbar nutzt der Maler die Gelegenheiten der innehaltenden Konzentration seiner Familienmitglieder, um diese beeindruckenden Darstellungen zu schaffen, die sich durch eine besondere Sensibilität auszeichnen. Diese zeigt sich auch in der aussergewöhnlichen Technik (Gouache auf Leinwand).
Bei diesen Szenen legt Guillaumin ein grosses Gewicht auf Details, wie zum Beispiel die Musterung des Teppichs. Man kann auch schön sehen, wie sich die Familie Guillaumin mit asiatischen Einrichtigungen und Darstellungen umgeben hat. Der sogenannte „Japonismus“ kommt in Frankreich Ende 19. Jh. stark auf, gerade auch bei den Impressionisten.
Dieses Gemälde ist ein sehr typisches Werk für die Zeit des sogenannten „Fin de Siècle“ (1890-1914), einer entscheidenden Zeit der Entwicklung der Modernen Kunst. John Rewald schreibt in seinem wichtigen Text über diese Periode: „The term ‚post impressionism‘ is not a very precise one, though it is certainly a very convenient one. In a broad sense it covers the period from about 1886, when the impressionsts held their last and incomplete exhibition at which the neo-impressionists appeared for the first time, until some twenty years later, when cubism was born and with a completely new era which ushered in what we may call contemporary art.” (John Rewald, Post-Impressionism, From Van Gogh to Gauguin, 1978, S. 9.) Diese Zeit ist geprägt von dem Lebensgefühl, dass sich eine Epoche dem Ende nähert. Gesellschaftliche Veränderungen werden zunehmend zu einer Belastung und die Menschen fühlen, einer Vorahnung auf die grossen Kriege gleich, dass sich diese Veränderungen nicht nur zum Guten wenden. So ziehen sich manche Künstler ins Private zurück. Guillaumin hat zwar durch einen grossen Gewinn in der Lotterie 1891 und durch zunehmend gute Verkäufe seiner Werke immer mehr Erfolg, wird aber stetig mehr Familienmensch: „Guillaumin est devenu un père tranquille; il répugne à tout ce qui constitute l’agitation. Sa vie se limite à deux unique préoccupations: la peinture et la famille.“ (Raymond Schmit in Serret/Fabiani: Armand Guillaumin, Catalogue Raisonné de l’œuvre peint, Paris 1971, S. 75)
Sehr interessant ist bei „La lecture“ auch dessen Provenienz : Es gehörte einst Jack Aghion. Der gebürtige Ägypter war Schwager sowohl der beiden Bernheim-Jeune Brüder, sowie auch Félix Vallottons. Er war Banquier und hatte gute Verbindungen im Kunstmarkt, so dass er eine bedeutende Sammlung erwerben konnte, zu welcher unter anderem auch sehr wichtige Werke von Van Gogh, Boudin, Pissarro und Vuillard gehörten. Die Sammlung wurde im Hotel Drouot 1918 versteigert, wo „La lecture“ die Nr. 34 war und wo es wohl von der Familie der Grossmutter der jetzigen Einlieferin gekauft wurde. Diese stammte aus Strassburg, heiratete 1924 nach Zürich und das Werk blieb zusammen mit anderen bedeutenden Werken der Moderne in der Familie, bis es erst jetzt wieder der Öffentlichkeit gezeigt wird.
CHF 30 000 / 50 000 | (€ 30 930 / 51 550)
Verkauft für CHF 38 900 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr