Lot 3012* - A180 Gemälde Alter Meister - Freitag, 31. März 2017, 14.00 Uhr
LEONARDO DI BERNARDINO DEL SIGNORACCIO genannt LEONARDO DI BERNARDINO DA PISTOIA
(getauft 1491 in Pistoia)
Die Verkündigung.
Öl und Goldgrund auf Holz.
Unten mittig signiert: LEONARDVS F. BERNARDINI DEPiSTORio P.
178,3 × 148,9 cm.
Provenienz:
- Privatsammlung, Genua, 1878.
- Auktionsmarkt London, 1890er.
- Sammlung Tomás Harris, London.
- Sammlung Otto Froehlich, Wien.
- Privatsammlung, Spanien, 1927 (für 425,000 pesetas erworben).
- Durch Erbfolge, europäische Privatsammlung.
- Schweizer Privatsammlung.
- Auktion Koller, Zürich, 31.3.2017, Los 3012.
- Europäischer Privatbesitz.
Literatur:
- V. Capponi: Biografia Pistoiese, Pistoia 1878, S. 421.
- G. Nerucci: Bollettino storico pistoiese, I, 1899, S. 160.
- G. D. Gronau: Una tavola di scuola pistoiese, in: Rivista d'Arte, Jahr XI, Nr. 2, April–Juni 1929, S. 214–219, Abb. 1.
- C. D'Afflito / F. Falletti / A. Muzzi: Ausst. Kat. L'Età di Savonarola: Fra' Paolino e la Pittura a Pistoia nel primo '500, Pistoia, Palazzo Comunale, 24.4.– 31.7.1996, S. 141 und 143.
Das hier angebotene Gemälde, welches sich die längste Zeit des 20. Jahrhunderts in einer spanischen Privatsammlung befand, ist das bisher einzige bekannte signierte Werk des toskanischen Meisters Leonardo di Bernardino da Pistoia und damit von ausserordentlicher kunsthistorischer Bedeutung für die Rekonstruktion seines Oeuvres. Eine kürzlich durchgeführte, sorgfältige Konservierung erlaubte es zudem, den exzellenten Erhaltungszustand dieser Tafel zutage zu bringen.
Leonardo di Bernadino da Pistoia war der Bruder des bekannten Malers Fra'Paolino da Pistoia (1490–1547). Beide wurden durch ihren Vater Bernardino d'Antonio del Signoraccio ausgebildet. Der Einfluss des Vaters macht sich nicht zuletzt in der Signatur unseres Gemäldes bemerkbar, welche durch ihre verschachtelte Kalligrafie geschickt in der Architektur eingebettet ist. Diese Besonderheit findet sich vermehrt in Werken Bernardino del Signoraccios wieder, ebenso wie die detailreichen architektonischen Elemente und die fein ausgeführten Figuren, so beispielsweise in seiner Sacra Conversazione in der Chiesa di San Vitale in Pistoia, welche wohl kurz vor unserem Gemälde entstanden sein muss (siehe D'Afflito et al. 1996, Kat. Nr. 11, S. 138–140).
Doch Leonardo di Bernardinos Werk wären ohne die Malerei des florentinischen Meisters Fra Bartolomeo (1472–1517) nicht denkbar. Der Einfluss des toskanischen Meisters macht sich in unserem Gemälde in mehrerer Hinsicht bemerkbar, insbesondere im Vergleich mit seiner 1497 ausgeführten Verkündigung in der Kathedrale von Volterra (siehe S. Padovani: Fra Bartolomeo e la scuola di San Marco, Ausst. Kat. Florenz 1996, Kat. Nr. 6, S. 57–60, mit Abb.). So kniet der Erzengel in unserer Komposition in der gleichen Stellung wie in Fra Bartolomeos Vorbild, und auch die segnende Figur Gottes und des Heiligen Geistes in Form einer Taube in der oberen linken Ecke finden sich in beiden Kompositionen wieder. Hingegen unterscheidet sich das Interieur, in welches unsere Szene eingebettet ist, stark von Fra Bartolomeos offenem Hintergrund mit Ausblick auf eine italienische Landschaft. Der hier von Leonardo di Bernardinos gewählte architektonische Hintergrund verleiht der Szenerie einen spürbar besinnlicheren und andächtigeren Charakter, welcher durch die Symmetrie der Torbögen und deren eleganten Goldverzierungen unterstrichen wird. Auch in der Körpersprache der Maria zeigt sich Leonardo di Bernardinos künstlerische Eigenständigkeit. Der Einfluss beider Kompositionen macht sich schliesslich in der um 1520 zu datierenden Verkündigung, welche heute Giovanni Antonio Sogliani zugeschrieben wird, bemerkbar (siehe Padovani 1996, Kat. Nr. 89, S. 266–268). Darin findet sich sowohl die Stellung der Figuren aus Leonardo di Bernardinos Komposition wie auch der offene Hintergrund aus Fra Bartolomeos Gemälde wieder.
Insgesamt sind nur sehr wenige weitere Werke Leonardo di Bernardino da Pistoias bekannt: Eine Heilige Irene wurde 1899 bei Christie's London versteigert (siehe Gronau 1929, S. 5, Fussnote 1); eine Sacra Conversazione, deren Zuschreibung zeitweise zwischen Fra' Paolino und Bernardino del Signoraccio schwankte, befindet sich in der Chiesa di Santa Maria Assunta in Lizzano (siehe D'Afflito et al. 1996, Kat. Nr. 13, S. 141, Abb. S. 142); und schliesslich ein Fresko in der Chiesa di Santa Maria a Ripalta in Pistoia (siehe ebd. Kat. Nr. 14, S. 143). Die Zuschreibung dieser Werke an Leonardo di Bernardino del Signoraccio basieren ausnahmslos auf dem stilistischen Vergleich mit dem hier angebotenen Werk, welches als einziges signiert ist und bis zu seiner Wiederentdeckung nur durch schwarzweiss Fotografien bekannt war. Dabei gleicht jedoch keines seiner bisher entdeckten Werke dem hier angebotenen Hauptwerk des Künstlers in seinem Qualitätsgrad und Detailreichtum, das ein Paradebeispiel für die toskanische Renaissancemalerei darstellt.
- Privatsammlung, Genua, 1878.
- Auktionsmarkt London, 1890er.
- Sammlung Tomás Harris, London.
- Sammlung Otto Froehlich, Wien.
- Privatsammlung, Spanien, 1927 (für 425,000 pesetas erworben).
- Durch Erbfolge, europäische Privatsammlung.
- Schweizer Privatsammlung.
- Auktion Koller, Zürich, 31.3.2017, Los 3012.
- Europäischer Privatbesitz.
Literatur:
- V. Capponi: Biografia Pistoiese, Pistoia 1878, S. 421.
- G. Nerucci: Bollettino storico pistoiese, I, 1899, S. 160.
- G. D. Gronau: Una tavola di scuola pistoiese, in: Rivista d'Arte, Jahr XI, Nr. 2, April–Juni 1929, S. 214–219, Abb. 1.
- C. D'Afflito / F. Falletti / A. Muzzi: Ausst. Kat. L'Età di Savonarola: Fra' Paolino e la Pittura a Pistoia nel primo '500, Pistoia, Palazzo Comunale, 24.4.– 31.7.1996, S. 141 und 143.
Das hier angebotene Gemälde, welches sich die längste Zeit des 20. Jahrhunderts in einer spanischen Privatsammlung befand, ist das bisher einzige bekannte signierte Werk des toskanischen Meisters Leonardo di Bernardino da Pistoia und damit von ausserordentlicher kunsthistorischer Bedeutung für die Rekonstruktion seines Oeuvres. Eine kürzlich durchgeführte, sorgfältige Konservierung erlaubte es zudem, den exzellenten Erhaltungszustand dieser Tafel zutage zu bringen.
Leonardo di Bernadino da Pistoia war der Bruder des bekannten Malers Fra'Paolino da Pistoia (1490–1547). Beide wurden durch ihren Vater Bernardino d'Antonio del Signoraccio ausgebildet. Der Einfluss des Vaters macht sich nicht zuletzt in der Signatur unseres Gemäldes bemerkbar, welche durch ihre verschachtelte Kalligrafie geschickt in der Architektur eingebettet ist. Diese Besonderheit findet sich vermehrt in Werken Bernardino del Signoraccios wieder, ebenso wie die detailreichen architektonischen Elemente und die fein ausgeführten Figuren, so beispielsweise in seiner Sacra Conversazione in der Chiesa di San Vitale in Pistoia, welche wohl kurz vor unserem Gemälde entstanden sein muss (siehe D'Afflito et al. 1996, Kat. Nr. 11, S. 138–140).
Doch Leonardo di Bernardinos Werk wären ohne die Malerei des florentinischen Meisters Fra Bartolomeo (1472–1517) nicht denkbar. Der Einfluss des toskanischen Meisters macht sich in unserem Gemälde in mehrerer Hinsicht bemerkbar, insbesondere im Vergleich mit seiner 1497 ausgeführten Verkündigung in der Kathedrale von Volterra (siehe S. Padovani: Fra Bartolomeo e la scuola di San Marco, Ausst. Kat. Florenz 1996, Kat. Nr. 6, S. 57–60, mit Abb.). So kniet der Erzengel in unserer Komposition in der gleichen Stellung wie in Fra Bartolomeos Vorbild, und auch die segnende Figur Gottes und des Heiligen Geistes in Form einer Taube in der oberen linken Ecke finden sich in beiden Kompositionen wieder. Hingegen unterscheidet sich das Interieur, in welches unsere Szene eingebettet ist, stark von Fra Bartolomeos offenem Hintergrund mit Ausblick auf eine italienische Landschaft. Der hier von Leonardo di Bernardinos gewählte architektonische Hintergrund verleiht der Szenerie einen spürbar besinnlicheren und andächtigeren Charakter, welcher durch die Symmetrie der Torbögen und deren eleganten Goldverzierungen unterstrichen wird. Auch in der Körpersprache der Maria zeigt sich Leonardo di Bernardinos künstlerische Eigenständigkeit. Der Einfluss beider Kompositionen macht sich schliesslich in der um 1520 zu datierenden Verkündigung, welche heute Giovanni Antonio Sogliani zugeschrieben wird, bemerkbar (siehe Padovani 1996, Kat. Nr. 89, S. 266–268). Darin findet sich sowohl die Stellung der Figuren aus Leonardo di Bernardinos Komposition wie auch der offene Hintergrund aus Fra Bartolomeos Gemälde wieder.
Insgesamt sind nur sehr wenige weitere Werke Leonardo di Bernardino da Pistoias bekannt: Eine Heilige Irene wurde 1899 bei Christie's London versteigert (siehe Gronau 1929, S. 5, Fussnote 1); eine Sacra Conversazione, deren Zuschreibung zeitweise zwischen Fra' Paolino und Bernardino del Signoraccio schwankte, befindet sich in der Chiesa di Santa Maria Assunta in Lizzano (siehe D'Afflito et al. 1996, Kat. Nr. 13, S. 141, Abb. S. 142); und schliesslich ein Fresko in der Chiesa di Santa Maria a Ripalta in Pistoia (siehe ebd. Kat. Nr. 14, S. 143). Die Zuschreibung dieser Werke an Leonardo di Bernardino del Signoraccio basieren ausnahmslos auf dem stilistischen Vergleich mit dem hier angebotenen Werk, welches als einziges signiert ist und bis zu seiner Wiederentdeckung nur durch schwarzweiss Fotografien bekannt war. Dabei gleicht jedoch keines seiner bisher entdeckten Werke dem hier angebotenen Hauptwerk des Künstlers in seinem Qualitätsgrad und Detailreichtum, das ein Paradebeispiel für die toskanische Renaissancemalerei darstellt.
CHF 100 000 / 150 000 | (€ 103 090 / 154 640)
Verkauft für CHF 150 000 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr