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Lot 4155* - ibid114 Möbel, Uhren, Varia, Skulpturen - online only - Mittwoch, 30. September 2020, 15.00 Uhr

BIDET,

Louis XV, sign. J.M. PETIT (Jean Marie Petit, Meister 1777), Innungsstempel, Frankreich um 1770/80.
Nussbaum profiliert. Nierenförmiger, aufklappbarer Sitz auf bogenförmig ausgeschnittener Zarge mit kurzen, geschweiften Beinen. Flache Rückenlehne mit aufklappbarem, lederbezogenem Blatt über 3 Kompartimenten. In der Zarge Fayenceschale mit feiner Blaumalerei. 80x46x45x85 cm.


J.M. Petit war Sohn des Ebenisten Jean Petit und übernahm die väterliche Werkstatt in der Rue du Faubourg Saint Antoine. Er belieferte den "Garde Meuble de la Reine" mit zahlreichen Kleinmöbeln und gebrauchte sowohl seine eigene, als auch die Signatur seines Vaters, daher ist eine genaue Zuschreibung der Werke nicht immer möglich. Das Sitzbecken für Waschungen und Spülungen des Intimbereichs war bereits in der Antike gebräuchlich. Die Bereitstellung einer Art Bidet für Vaginalspülungen vor und nach dem Koitus wird in griechischen Eheverträgen erwähnt. Die Urform des heutigen Bidets stand in mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Bordellen. Um 1730 kommt in Frankreich die Intimtoilette auf. Das Bidet mit festem Rückenteil und mit einem Einsatz aus Metall oder Keramik ist die Erfindung eines französischen Ebenisten der Zeit unter Louis XV. Zum ersten Mal werden 1739 vom Pariser Ebenisten Rémy Péverie (Drechsler, Meister 1735, vgl. Salverte, S.244) in seinem Atelier La Belle Teste an der Rue aux Ours, Ecke Rue Quincampoix "bidets à dossier et à abattant" angeboten. Auch taucht die Bezeichnung bidet - eigentlich Reitpferdchen - hier zum ersten Mal in dieser zweiten Bedeutung auf. Die Hygienevorstellungen hatten sich verändert. Wasser galt nicht länger als Krankheitsüberträger (der Syphilis etwa). Der "bonne société" blieb das Bidet allerdings moralisch suspekt, verband sich mit ihm doch die Vorstellung von Ausschweifung. Man besteigt es rittlings, das Bidet, wie sein Name schon sagt. Von den "Wännchen, die man braucht im Dirnensaale" berichtete am Ende des Mittelalters der Balladenschreiber François Villon. Die Geschichte des Bidet geht eng einher mit der Geschichte der Moral und der Verhütung. Die meisten empirischen Erfahrungen bei der Verhütung besassen zu allen Zeiten die Prostituierten. Neben der reinigenden Kraft des Wassers vertrauten die Dirnen auch auf Pessare und Salben mit spermizider Wirkung, die sich, so vermutet man, in der Rücklehne der "bidets à dossier et à abattant" verstauen liessen. Lit.: P. Kjellberg, Le mobilier français du XVIIIe siècle, Paris 1989; S. 642 (biogr. Angaben).

CHF 800 / 1 000 | (€ 820 / 1 030)

Verkauft für CHF 875 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr