Lot 3286* - Z36 Impressionismus & Moderne - Freitag, 27. Juni 2014, 17.00 Uhr
MARINO MARINI
(Pistoia 1901–1980 Viareggio)
Le cavalier en noir. 1958.
Öl und Email auf Papier, auf Leinwand aufgelegt.
Unten rechts signiert: MARINO.
74,5 x 51 cm.
Provenienz: Privatsammlung Frankreich. Literatur: Steingräber, Erich/Papi, Lorenzo/Crüwell-Doertenbach, Konstanze: Marino Marini. Malerei/Peinture, Bad Homburg 1987, Nr. 375, S. 316 (mit Abb., S. 196). "Das Bild des Reiters hat durch die Jahrhunderte einen eher epischen Charakter bewahrt. Es ging darum, einen Sieger zu ehren wie etwa Marc Aurel, dessen Statue auf dem Kapitol das Vorbild für die meisten Reiterstandbilder der italienischen Renaissance gewesen ist, genau wie die Statue Ludwig XIV. auf der Place des Victoires in Paris. Aber die Natur dieser Beziehungen, die so lange schon zwischen Mensch und Pferd bestehen - ob es nun um den alten Klepper geht, den der Arbeiter auf dem Gemälde eines der Brüder Le Nain zur Tränke führt, oder um das Reittier eines Kaufmanns bei Rosa Bonheur oder auch um den stolzen Hengst, der sich unter den Sporen eines Kriegers von Géricault jäh aufbäumt - die Natur dieser Beziehungen hat sich in den letzten fünfzig Jahren grundlegend geändert: Das Pferd ist in seinen ökonomischen und militärischen Funktionen von der Maschine ersetzt worden, von Traktor, Auto und Panzer. Es ist somit sehr schnell zu einem Symbol des Luxus geworden. Man könnte auch sagen, das Pferd habe für die meisten unserer Zeitgenossen einen mythischen Zug angenommen. Jeder Künstler hat etwas vom Propheten. Schon fast ein Jahrhundert vor der Erfindung des Automobils haben die romantischen Maler ihre Pferde nicht mehr mit der Objektivität gemalt, die die meisten ihrer Vorgänger auszeichnete. Diese waren dem äusseren Aussehen des Pferdes treu geblieben und hatten statt dessen das ihrer Reiter verschönert. Die Maler der Romantik trieben gewissermassen einen Pferdekult; sie hielten dieses Tier bereits für etwas Aristokratisches, ein Symbol von Luxus, Sport und Abenteuer, und nicht mehr für ein Transport- und Arbeitsinstrument. Von Géricault bis Constantin Guys, Degas und Dufy hat sich dieser Kult immer mehr zu einer Art militärischem und sportlichem Dandytum entwickelt. Bei Odilon Redon, Picasso und Chirico hingegen sollte es sich in einer Art Traum, in ein Fabeltier verwandeln." (Aus einem Interview 1958, zit.: Waldberg, Patrick/San Lazzaro, G. Di: Marino Marini. Leben und Werk, Frankfurt 1970, S. 493f.) Kein Künstler der Modernen Kunst ist so eng mit dem Thema "Pferd und Reiter" verbunden, wie Marino Marini. Wie er selbst in dem Zitat erwähnt, hat sich der Blick auf Pferd und Reiter in den vergangenen Jahrhunderten verändert. Er selbst findet in ihrer Verbindung die Ausdruckmöglichkeit der Gegensätze von Mythos und Wirklichkeit, Schönheit und Verderben, Tapferkeit und menschlichem Versagen. Häufig fängt er in seinen Werke den tragischen Moment kurz vor einem Sturz ein. Das unruhige, sich aufbäumende Tier mit dem stürzenden Reiter ist für ihn ein Symbol der Existensbefragung der Menschheit. Auch in unserem vorliegenden Werk, dreht sich das Tier bedrohlich zum Reiter um, der sich selbst schon in einer problematischen Schieflage befindet. In einem meisterlichen Zusammenspiel von Expressivität, Abstraktion und gewagter, aber dennoch ausgewogener Komposition von Form und Farbe, entsteht hier ein beeindruckendes Werk von hoher Dynamik und Ausdruckskraft.
CHF 150 000 / 250 000 | (€ 154 640 / 257 730)
Verkauft für CHF 150 000 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr