Lot 1620 ♣ - S20 Seltene Privatsammlung historischer Bestecke - Donnerstag, 21. März 2024, 10.00 Uhr
NOTENMESSER
Italienisch, 1. Hälfte 16. Jh.
Gekanteter und sich verjüngender Elfenbeingriff, die Griffober- und Unterseite graviert mit Früchtegirlande bzw. blühender Ranke. Gestufte Griffkappe mit eingelegten Metallplättchen und grün eingefärbtem Elfenbein, das Griffende gerundet und appliziert mit Akanthusblattrosette. Vierkantiger Klingenkropf graviert mit Blattdekor sowie mit Resten von Vergoldung. Spachtelklinge mit Zierspitze, graviert mit Liedtext und Notenbegleitung (Segnung bzw. Dank der Mahlzeit). "Gratiarum actio 1.9 Tenor / Pro tuis deus bene fi ciis gratias agimus tibi" bzw. "Benedictio mensae 1.9 Tenor / Quae sumpturi sumus bene dicat trinus et unus".
L 29,5 cm.
Für den Export dieses Objekts ist eine CITES-Bescheinigung notwendig. Bitte informieren Sie sich vor der Auktion über die Importbestimmungen des Ziellandes. Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte die Fach-Abteilung.
Altersbedingte Patina und Alterungsspuren, auf einer Seite Spannungs- oder Trocknungsriss. Kleinere Risse. Vergoldung leicht berieben. Abschlussrosette der Griffkappe bestossen.
Diese wunderbar kuriosen Vorlegemesser mit gravierter Musik- und Stimmbegleitung stammen aus dem 16. Jahrhundert und ermöglichen uns einen Einblick in eine uns heute fremde Tischkultur der italienischen Renaissance. Diese sogenannten ‘Notationsmesser’ oder ‘Musikmesser’ zeigen auf der einen Klingenseite ein Segensspruch, der möglicherweise vor dem Essen gesungen wurde, und auf der Rückseite ein Tischgebet, das wohl nach dem Essen gesungen wurde. Es bleibt weiterhin ein Rätsel, zu welchem Zeitpunkt eines Mahls, zu welchem genauen Anlass diese Messer zum Einsatz kamen und von wem sie verwendet wurden. Die gravierte Stimmlage (Tenor oder Bass) impliziert, dass die Benutzer der Messer ein professionelles Musikverständnis mitbringen mussten. Kirstin Kennedy vom Victoria und Albert Museum vermutet, dass eine wohlhabende italienische Familie, die möglicherweise solch opulente Messer besass, nicht ihr eigenes Essen damit schnitt. Diese Aufgabe wurde eher von Hausangestellten übernommen (Vgl. Victoria & Albert Museum London, Inv.-Nr. 310-1903). Fraglich bleibt, ob solche Hausangestellte Noten lesen konnten. Dr. Flora Dennis hält es hingegen für wahrscheinlich, dass diese Messer ohnehin einen soziokulturellen Charakter innehatten. Für sie steht weniger der praktische Gebrauch im Vordergrund, sondern der gesellschaftliche Aspekt. Ihrer Meinung nach könnten diese Messer auch innerhalb von Bruderschaften, religiösen oder adligen Gesellschaften oder im akademischen Bereich als Teil eines gemeinsamen Ritus zum Einsatz gekommen sein (Vgl. Flora Dennis. Scattered Knives and Dismembered Song: Cutlery, Music and the Rituals of Dining. In: Renaissance Studies, vol. 24, Nr. 1, 2010, S. 156-184).
Dass sogar zwei solche Musikmesser aus demselben Privatbesitz zur Auktion kommen, ist eine absolute Ausnahme. Für das Auktionshaus Koller ist es umso eine grössere Ehre, bereits zum zweiten Mal ein Notenmesser in einer Auktion zu präsentieren. Die erste Gelegenheit ergab sich anlässlich der erfolgreichen Auktion der Sammlung Nessi (Auktion S11, 2. April 2012, Lot 896). Es ist aus den Notizen des V & A London bekannt, dass gerade in der Zeit zwischen 1873-1904 solche Messer auf Auktionen versteigert wurden. Namentlich erwähnt ist ein Dreier-Set aus der ehem. Foulc Collection, welche sich heute im Philadelphia Museum befindet (Inv.-Nr. 1930-1-125 ff.), zwei weitere wurden 1904 in Köln in der Bourgeois Freres Versteigerung verkauft und ein weiteres Messer mit unterschiedlichem Griff kommt aus der Spitzer Collection (Vgl. Victoria & Albert Museum London, Inv.-Nr. 310-1903).
Bibliographie:
- Jan van Trigt. From gothic to art deco, Cutlery, The J. Hollander collection. Antwerpen, 2003. S. 26, Abb. 30.
- für den Typus des Notenmessers mit unterschiedlicher Notenbegleitung: Gertrud Benker. Alte Bestecke, ein Beitrag zur Geschichte der Tischkultur. München, 1978, S. 63, Abb. 70.
Für dieses Objekt liegt eine Handelsgenehmigung für den EU-Raum vor. Aufgrund der Verwendung artengeschützter Materialien darf dieses Objekt den EU-Raum nicht verlassen.
Diese wunderbar kuriosen Vorlegemesser mit gravierter Musik- und Stimmbegleitung stammen aus dem 16. Jahrhundert und ermöglichen uns einen Einblick in eine uns heute fremde Tischkultur der italienischen Renaissance. Diese sogenannten ‘Notationsmesser’ oder ‘Musikmesser’ zeigen auf der einen Klingenseite ein Segensspruch, der möglicherweise vor dem Essen gesungen wurde, und auf der Rückseite ein Tischgebet, das wohl nach dem Essen gesungen wurde. Es bleibt weiterhin ein Rätsel, zu welchem Zeitpunkt eines Mahls, zu welchem genauen Anlass diese Messer zum Einsatz kamen und von wem sie verwendet wurden. Die gravierte Stimmlage (Tenor oder Bass) impliziert, dass die Benutzer der Messer ein professionelles Musikverständnis mitbringen mussten. Kirstin Kennedy vom Victoria und Albert Museum vermutet, dass eine wohlhabende italienische Familie, die möglicherweise solch opulente Messer besass, nicht ihr eigenes Essen damit schnitt. Diese Aufgabe wurde eher von Hausangestellten übernommen (Vgl. Victoria & Albert Museum London, Inv.-Nr. 310-1903). Fraglich bleibt, ob solche Hausangestellte Noten lesen konnten. Dr. Flora Dennis hält es hingegen für wahrscheinlich, dass diese Messer ohnehin einen soziokulturellen Charakter innehatten. Für sie steht weniger der praktische Gebrauch im Vordergrund, sondern der gesellschaftliche Aspekt. Ihrer Meinung nach könnten diese Messer auch innerhalb von Bruderschaften, religiösen oder adligen Gesellschaften oder im akademischen Bereich als Teil eines gemeinsamen Ritus zum Einsatz gekommen sein (Vgl. Flora Dennis. Scattered Knives and Dismembered Song: Cutlery, Music and the Rituals of Dining. In: Renaissance Studies, vol. 24, Nr. 1, 2010, S. 156-184).
Dass sogar zwei solche Musikmesser aus demselben Privatbesitz zur Auktion kommen, ist eine absolute Ausnahme. Für das Auktionshaus Koller ist es umso eine grössere Ehre, bereits zum zweiten Mal ein Notenmesser in einer Auktion zu präsentieren. Die erste Gelegenheit ergab sich anlässlich der erfolgreichen Auktion der Sammlung Nessi (Auktion S11, 2. April 2012, Lot 896). Es ist aus den Notizen des V & A London bekannt, dass gerade in der Zeit zwischen 1873-1904 solche Messer auf Auktionen versteigert wurden. Namentlich erwähnt ist ein Dreier-Set aus der ehem. Foulc Collection, welche sich heute im Philadelphia Museum befindet (Inv.-Nr. 1930-1-125 ff.), zwei weitere wurden 1904 in Köln in der Bourgeois Freres Versteigerung verkauft und ein weiteres Messer mit unterschiedlichem Griff kommt aus der Spitzer Collection (Vgl. Victoria & Albert Museum London, Inv.-Nr. 310-1903).
Bibliographie:
- Jan van Trigt. From gothic to art deco, Cutlery, The J. Hollander collection. Antwerpen, 2003. S. 26, Abb. 30.
- für den Typus des Notenmessers mit unterschiedlicher Notenbegleitung: Gertrud Benker. Alte Bestecke, ein Beitrag zur Geschichte der Tischkultur. München, 1978, S. 63, Abb. 70.
Für dieses Objekt liegt eine Handelsgenehmigung für den EU-Raum vor. Aufgrund der Verwendung artengeschützter Materialien darf dieses Objekt den EU-Raum nicht verlassen.
CHF 15 000 / 25 000 | (€ 15 460 / 25 770)
Verkauft für CHF 25 000 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr