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Lot 3473 - A211 PostWar & Contemporary - Donnerstag, 28. November 2024, 16.00 Uhr

PETER FISCHLI & DAVID WEISS

(Zürich 1952–lebt und arbeitet in Zürich) (1946 Zürich 2012)
Ohne Titel. 2001.
Polyurethan, bemalt.
Auf der Unterseite des Kubus und der Schale signiert und datiert: Fischli David Weiss 2001.
Kubus 80 × 50 × 44 cm.
Schale 8,5 × 19 × 19 cm.

Gutachten:
Mit der Fotoexpertise des Künstlerduos, 2001.

Provenienz:
- Künstlerstudio.
- Privatsammlung Schweiz, direkt von den Künstlern 2001 erworben.

"Es gibt immer eine gewisse Poesie in der Betrachtung von Banalem. Aber man braucht viel Geduld dafür." Fischli/Weiss

Eine von Hand uneben modellierte weiss glasierte Tonschale mit schwarzen und gelben Schlieren wird auf einem weissen Ausstellungssockel den Betrachtenden wie ein wertvolles Fundstück präsentiert. Die Farbschlieren sehen zufällig, wie Verschmutzungen, aus und erwecken implizit den Anschein von Minderwertigkeit und Unvollkommenheit.

Wie gewohnt humorvoll und multidimensional spielt das Künstlerduo Fischli/Weiss mit dieser Arbeit aus dem Jahr 2001 auf den Unterschied von Alltagsgegenständen und Kunst an, von kulturhistorisch aufgeladenen archäologischen Fundstücken und einfacher Gebrauchskeramik, von Erhabenem und Banalem. Das Werk fordert die Betrachtenden heraus zu reflektieren, wann ein Objekt den Status eines Kunstwerks erhält und welche Faktoren zur Zuschreibung von Bedeutung führen. In der Tradition des Duchamp’schen Readymades wird das Objekt erst durch seinen Kontext und die Umstände seiner Präsentation zum Kunstwerk. Was sagt das über den Wert des Objekts aus? Was über die Mechanismen des Kunstbetriebs, über die Betrachtenden oder die Künstler selbst?

Wie ein roter Faden zieht sich diese ironische und gleichzeitig selbstreflexive Haltung durch das Œuvre der beiden Schweizer Künstler Peter Fischli und David Weiss, die seit 1979 als Duo in den Medien Skulptur, Objekt, Installation, Film, Fotografie und Video zusammenarbeiteten und heute zu den bedeutendsten zeitgenössischen Künstlern der Schweiz zählen.

Im Gegensatz zu Marcel Duchamp gehen Fischli/Weiss jedoch noch einen Schritt weiter: Die hier präsentierte Skulptur ist kein Readymade, kein vorgefundener Alltagsgegenstand aus ihrem Atelier, der durch Rekontextualisierung zum Kunstwerk erhoben wird. Es handelt sich vielmehr um eine präzise von Hand geschnitzte Skulptur aus Polyurethan, gefertigt als täuschende Kopie des Alltagsgegenstandes, aber aufgrund der materiellen Beschaffenheit ohne deren Einsatzfähigkeit. Vordergründig geht es dem Künstlerduo um Täuschung und Wahrnehmung, Realität und Imitation, Schein und Sein, aber das Werk würde keinen Praxistest bestehen und wäre im Einsatz leicht als Replika zu erkennen. "Duchamp "Readymades" haben die Möglichkeit, zurück in die reale Welt zu wandern (man könnte die Schaufel verwenden, um Schnee zu schippen), aber die Objekte von Fischli und Weiss würden zerbröckeln oder brechen, wenn sie wieder zum Einsatz gebracht werden würden."1 (Boris Gory in Spector, Nancy and Trotman, Nat: Peter Fischli Davis Weiss How to work better, New York 2016, S.205). Im Museumskontext ist dies jedoch nicht relevant. Objekte dürfen nicht berührt, angefasst oder angehoben werden. Fischli/Weiss unterlaufen damit wiederum die viel diskutierte Gegenüberstellung von erhabener Kunst und banalem Alltagsgegenstand, denn es handelt sich eben nicht um einen Gebrauchsgegenstand, sondern schon immer um ein geschaffenes Kunstwerk. Durch Aufhebung des Utilisationscharakters eröffnen die Künstler augenzwinkernd einen Raum der Kontemplation, der besonderen Aufmerksamkeit für den Gegenstand und verändern so die Art und Weise, wie Menschen die Objekte um sie herum wahrnehmen und schätzen können.

1 Boris Gory in Spector, Nancy and Trotman, Nat: Peter Fischli Davis Weiss How to work better, New York 2016, S.205.

CHF 70 000 / 100 000 | (€ 72 160 / 103 090)