Lot 3214* - A211 Impressionismus & Moderne - Freitag, 29. November 2024, 17.00 Uhr
CLAUDE MONET
(Paris 1840–1926 Giverny)
Le bassin d'Argenteuil. 1875.
Öl auf Leinwand.
Unten rechts datiert und signiert: 75 Claude Monet.
54 × 74 cm.
Provenienz:
- Sammlung Oskar Schmitz, Dresden, 1904.
- Kunsthaus Zürich, Leihgabe ab 1931 (Leihgeber Oskar Schmitz).
- Kunstmuseum Basel, Leihgabe ab 1934 (Leihgeber Nachlass Oskar Schmitz).
- Wildenstein & Co., London, ab 1936.
- Mr. E.W. Fattorini, Grossbrittanien, 1940.
- Auktion Sotheby's, London, 16.4.1975, Los 25.
- Privatbesitz England.
- Auktion Sotheby's, London, 3.12.1991, Los 22.
- Privatsammlung London, an obiger Auktion erworben und seither in Familienbesitz.
Ausstellungen:
- Ballingen 1992, Claude Monet, Stadthalle, 18.6.–31.8.1992, Nr. 6.
- Washington DC 1996/97, Impressionists on the Seine: A Celebration of Renoir's "Luncheon of Boating Party", Phillips Museum of Modern Art, 21.9.1996–23.2.1997, Nr. 39 (verso mit Etikett).
Literatur:
- Paul Fechter: Die Sammlung Schmitz, in: "Kunst und Künstler: Illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe", Berlin Oktober 1909, S. 21.
- Karl Scheffler: Die Sammlung Oskar Schmitz in Dresden, in: "Kunst und Künstler: Illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe", Berlin 1920/21, S. 186.
- Marie Dormoy: La collection Schmitz à Dresde, in: "L'Amour de l'art", Paris Oktober 1926, S. 342.
- Daniel Wildenstein: Monet, vie et œuvre, Lausanne/Paris 1974, Bd. I, S. 272 (mit Abb. S. 237).
- Joel Isaacson: Observation and Reflection. Cl. Monet, Oxford 1978, S. 207 (mit Abb. S. 95).
- Paul Hayes Tucker: Monet at Argenteuil, New Haven/London 1982, S. 120 (mit Abb. XXI).
- Daniel Wildenstein: Monet, vie et œuvre, Lausanne/Paris 1991, Bd. V, S. 30 (mit Abb.).
MONET IN ARGENTEUIL
Das Städtchen Argenteuil, welches elf Kilometer westlich von Paris am rechten Ufer der Seine liegt und in dem Claude Monet dieses lebhafte Gemälde malt, wird heute fast immer mit den Anfängen des Impressionismus in Verbindung gebracht.
Anfang der 1870er-Jahre ist der Ort eine blühende Vorstadt mit rund 8000 Einwohnern. In einheimischem Munde "agréable petite ville" genannt, ist es für viele Pariser und Pariserinnen eine beliebte sonntägliche Zuflucht aus der hektischen Stadt heraus. Trotz der rasch fortschreitenden Industrialisierung, deren Anfänge im Bau der Eisenbahnbrücke ein paar Jahre zuvor liegen, hat sich die Stadt immer noch den Charme eines Postkartenidylls bewahrt. Besonders populär ist der Vorort bei Erholungssuchenden, die der neu in Mode gekommenen Leidenschaft für den Segelsport frönen.
Durch Kontakte seines Künstlerfreundes Édouard Manet hat Monet die Möglichkeit, gegen Ende des Jahres 1971 ein Häuschen für sich und seine Familie in Argenteuil zu mieten. Er richtet sich im weitläufigen Glasanbau seines Hauses ein Atelier ein, welches nur ein paar Gehminuten von der Seine entfernt ist. „In letzter Zeit habe ich Monet oft getroffen”, schreibt Boudin im Januar 1872 an seinen Kunsthändler. „Er hat sich gut eingelebt und scheint fest entschlossen zu sein, sich einen Namen zu machen. Ich glaube, er ist dazu berufen, eine der führenden Positionen in unserer Malschule einzunehmen.” (Paul Hayes Tucker, Yale University Press (Hrsg.), 1992, S. 53).
„Die fruchtbare Periode von Argenteuil, die zum goldenen Zeitalter der impressionistischen Malerei werden sollte” (Daniel Wildenstein, 1996, S. 93) wird durch den Zuzug Monets eingeleitet, und als später andere Maler wie Manet, Renoir, Sisley und Caillebotte dem Ruf Monets folgen, wird die Stadt endgültig zum Hauptzentrum der "Neuen Malerei", die mit ihren radikalen Bruchlinien die traditionellen Normen der Pariser Salons herausfordert.
In den folgenden Jahren – Monet bleibt bis 1878 in Argenteuil – entwickelt er rasch das neue innovative Vokabular des Impressionismus. Er verzichtet dabei auf herkömmliche Techniken der Modellierung und aufwändige Ausarbeitung von Details und schafft Werke mit der Lebendigkeit und Energie von Skizzen. Seine schnellen, lockeren Pinselstriche erfassen bewusst den flüchtigen Moment der Natur und die sich schnell ändernden Lichtverhältnisse, die er mit leuchtender Farbpalette atmosphärisch auf seine Leinwände zaubert.
Während seiner Zeit in Argenteuil findet Monet viele unterschiedliche Motive, aber der Fluss bleibt seine grösste Inspirationsquelle. Zwischen 1872 und 1875 malt er über fünfzig Bilder von verschiedenen Abschnitten der Seine. Obwohl die Stimmungen dieser Werke von ruhig bis lebhaft reichen, haben alle eines gemeinsam: Sie bieten ihm die Gelegenheit, das Thema einer modernen Vorstadt zu erkunden, in der Mensch und Natur harmonisch miteinander verschmelzen.
"Le bassin d'Argenteuil" entsteht im späten Frühjahr oder Sommer 1875, nur ein Jahr nach der bahnbrechenden ersten Impressionisten-Ausstellung, die die revolutionäre plein-air-Malerei der Impressionisten erstmals einem breiten Publikum präsentiert. An diesem warmen Tag spaziert Monet der Seine entlang, wo er einen ruhigen Ort wählt, um die Atmosphäre des Nachmittags festzuhalten. Er entscheidet sich für eine interessante Ansicht flussabwärts auf das Hafenbecken von Argenteuil. Auf der linken Seite erkennt man das sattgrüne Ufer von Petit-Gennevilliers und rechts im Bild das Gebäude, in dem die Bootsvermietung untergebracht ist. Frontal verbindet eine kleine Brücke die beiden Ufer, und die Segelboote liegen, die Mäste in die Höhe ragend, im Hafenbecken still. Mit beeindruckend beherrschter Pinselführung kreiert Monet hier eine ruhige und gleichzeitig dynamische Landschaft, die durch die Farbvielfalt der Pinselstriche ein wunderbares Gesamtbild ergibt. Die gelblich-rosafarbenen Sonnenstrahlen, die durch den leicht bewölkten Himmel drücken und sich glitzernd im Wasser spiegeln, der hinter dem Gebäude im Schatten liegende rechte Bildteil und das von der Sonne beschienene grüne Ufer zeugen von Monets meisterhaftem Umgang mit dem Licht.
DER SAMMLER OSKAR SCHMITZ
Neben den künstlerischen Besonderheiten und der Wichtigkeit dieses Gemäldes für den Impressionismus kann das Werk auch mit einer starken Provenienz aufwarten. "Le bassin d'Argenteuil" wurde über den Pariser Händler Bernheim-Jeune an den bedeutenden Dresdner Sammler Oskar Schmitz verkauft.
„Man kam nach Dresden, um die alte Galerie und um die Sammlung Schmitz in der Emser Allee zu sehen, die bei weitem qualitätsreichste Sammlung französischer Meister in Deutschland.” (Julius Meier-Graefe: Die Sammlung Schmitz ausser Landes, in: Frankfurter Zeitung, 8.1.1932). Zuerst aus anlagetechnischen Gründen, später aus Leidenschaft, die sich in grosse Kennerschaft verwandelte, beginnt Oscar Schmitz Ende der 1890er-Jahre während eines Zeitfensters von ungefähr 20 Jahren eine bedeutende Kunstsammlung aufzubauen. Der Fokus liegt dabei auf der französischen Kunst aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Beginnend mit Boudin, Courbet und Delacroix, über Monet, Renoir und Sisley bis hin zu van Gogh, Cézanne und Gauguin vereint seine Sammlung alle grossen Namen dieser Epoche. Später erweitert er seine Sammlung auch mit deutschen Künstlern, wobei vor allem Liebermann einen wichtigen Platz einnimmt. Die 96 Kunstwerke umfassende Sammlung wird in seiner persönlichen Villa präsentiert und kann von der Öffentlichkeit besichtigt werden. Bereits zu Lebzeiten des Mäzens wird viel über die Sammlung geschrieben und sie gilt national sowie international als besonders qualitätsvoll. „Es sind nicht tastende Versuche unternommen worden, es ist nicht experimentiert, und es weht nicht revolutionärer Geist. Vielmehr wird die Sammlung beherrscht von einer lebendig konservativen Gesinnung. Das heisst: sie hat sich bemüht zusammenzubringen, was dauernde Gültigkeit hat.” (Karl Scheffler: Die Sammlung Oscar Schmitz in Dresden, in: Kunst und Künstler, XIX/1921, S. 190).
Aufgrund steuerlicher Schikanen verlässt Schmitz 1931 Deutschland und zieht mit seiner Sammlung in die Schweiz. Ein grosser Teil der Werke, vor allem die wichtigen Gemälde der französischen Meister, übergibt er dem Kunsthaus Zürich als Leihgabe. "Le bassin d’Argenteuil" ist eines von fünf Werken Claude Monets, die Schmitz für seine Sammlung angekauft hat. Das Werk wird 1932 zusammen mit weiteren Werken Schmitz’ im Kunsthaus ausgestellt. Als der Sammler 1933 unerwartet verstirbt, werden alle Werke von den Erben an das Kunstmuseum Basel weitergeschickt, wo die Sammlung bis etwa 1936 bleibt. Danach übernimmt Wildenstein 62 der Werke und organisiert eine Sammlungsauktion. In diesem Zuge wird auch das vorliegende Gemälde an eine Privatsammlung in England verkauft.
Das Städtchen Argenteuil, welches elf Kilometer westlich von Paris am rechten Ufer der Seine liegt und in dem Claude Monet dieses lebhafte Gemälde malt, wird heute fast immer mit den Anfängen des Impressionismus in Verbindung gebracht.
Anfang der 1870er-Jahre ist der Ort eine blühende Vorstadt mit rund 8000 Einwohnern. In einheimischem Munde "agréable petite ville" genannt, ist es für viele Pariser und Pariserinnen eine beliebte sonntägliche Zuflucht aus der hektischen Stadt heraus. Trotz der rasch fortschreitenden Industrialisierung, deren Anfänge im Bau der Eisenbahnbrücke ein paar Jahre zuvor liegen, hat sich die Stadt immer noch den Charme eines Postkartenidylls bewahrt. Besonders populär ist der Vorort bei Erholungssuchenden, die der neu in Mode gekommenen Leidenschaft für den Segelsport frönen.
Durch Kontakte seines Künstlerfreundes Édouard Manet hat Monet die Möglichkeit, gegen Ende des Jahres 1971 ein Häuschen für sich und seine Familie in Argenteuil zu mieten. Er richtet sich im weitläufigen Glasanbau seines Hauses ein Atelier ein, welches nur ein paar Gehminuten von der Seine entfernt ist. „In letzter Zeit habe ich Monet oft getroffen”, schreibt Boudin im Januar 1872 an seinen Kunsthändler. „Er hat sich gut eingelebt und scheint fest entschlossen zu sein, sich einen Namen zu machen. Ich glaube, er ist dazu berufen, eine der führenden Positionen in unserer Malschule einzunehmen.” (Paul Hayes Tucker, Yale University Press (Hrsg.), 1992, S. 53).
„Die fruchtbare Periode von Argenteuil, die zum goldenen Zeitalter der impressionistischen Malerei werden sollte” (Daniel Wildenstein, 1996, S. 93) wird durch den Zuzug Monets eingeleitet, und als später andere Maler wie Manet, Renoir, Sisley und Caillebotte dem Ruf Monets folgen, wird die Stadt endgültig zum Hauptzentrum der "Neuen Malerei", die mit ihren radikalen Bruchlinien die traditionellen Normen der Pariser Salons herausfordert.
In den folgenden Jahren – Monet bleibt bis 1878 in Argenteuil – entwickelt er rasch das neue innovative Vokabular des Impressionismus. Er verzichtet dabei auf herkömmliche Techniken der Modellierung und aufwändige Ausarbeitung von Details und schafft Werke mit der Lebendigkeit und Energie von Skizzen. Seine schnellen, lockeren Pinselstriche erfassen bewusst den flüchtigen Moment der Natur und die sich schnell ändernden Lichtverhältnisse, die er mit leuchtender Farbpalette atmosphärisch auf seine Leinwände zaubert.
Während seiner Zeit in Argenteuil findet Monet viele unterschiedliche Motive, aber der Fluss bleibt seine grösste Inspirationsquelle. Zwischen 1872 und 1875 malt er über fünfzig Bilder von verschiedenen Abschnitten der Seine. Obwohl die Stimmungen dieser Werke von ruhig bis lebhaft reichen, haben alle eines gemeinsam: Sie bieten ihm die Gelegenheit, das Thema einer modernen Vorstadt zu erkunden, in der Mensch und Natur harmonisch miteinander verschmelzen.
"Le bassin d'Argenteuil" entsteht im späten Frühjahr oder Sommer 1875, nur ein Jahr nach der bahnbrechenden ersten Impressionisten-Ausstellung, die die revolutionäre plein-air-Malerei der Impressionisten erstmals einem breiten Publikum präsentiert. An diesem warmen Tag spaziert Monet der Seine entlang, wo er einen ruhigen Ort wählt, um die Atmosphäre des Nachmittags festzuhalten. Er entscheidet sich für eine interessante Ansicht flussabwärts auf das Hafenbecken von Argenteuil. Auf der linken Seite erkennt man das sattgrüne Ufer von Petit-Gennevilliers und rechts im Bild das Gebäude, in dem die Bootsvermietung untergebracht ist. Frontal verbindet eine kleine Brücke die beiden Ufer, und die Segelboote liegen, die Mäste in die Höhe ragend, im Hafenbecken still. Mit beeindruckend beherrschter Pinselführung kreiert Monet hier eine ruhige und gleichzeitig dynamische Landschaft, die durch die Farbvielfalt der Pinselstriche ein wunderbares Gesamtbild ergibt. Die gelblich-rosafarbenen Sonnenstrahlen, die durch den leicht bewölkten Himmel drücken und sich glitzernd im Wasser spiegeln, der hinter dem Gebäude im Schatten liegende rechte Bildteil und das von der Sonne beschienene grüne Ufer zeugen von Monets meisterhaftem Umgang mit dem Licht.
DER SAMMLER OSKAR SCHMITZ
Neben den künstlerischen Besonderheiten und der Wichtigkeit dieses Gemäldes für den Impressionismus kann das Werk auch mit einer starken Provenienz aufwarten. "Le bassin d'Argenteuil" wurde über den Pariser Händler Bernheim-Jeune an den bedeutenden Dresdner Sammler Oskar Schmitz verkauft.
„Man kam nach Dresden, um die alte Galerie und um die Sammlung Schmitz in der Emser Allee zu sehen, die bei weitem qualitätsreichste Sammlung französischer Meister in Deutschland.” (Julius Meier-Graefe: Die Sammlung Schmitz ausser Landes, in: Frankfurter Zeitung, 8.1.1932). Zuerst aus anlagetechnischen Gründen, später aus Leidenschaft, die sich in grosse Kennerschaft verwandelte, beginnt Oscar Schmitz Ende der 1890er-Jahre während eines Zeitfensters von ungefähr 20 Jahren eine bedeutende Kunstsammlung aufzubauen. Der Fokus liegt dabei auf der französischen Kunst aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Beginnend mit Boudin, Courbet und Delacroix, über Monet, Renoir und Sisley bis hin zu van Gogh, Cézanne und Gauguin vereint seine Sammlung alle grossen Namen dieser Epoche. Später erweitert er seine Sammlung auch mit deutschen Künstlern, wobei vor allem Liebermann einen wichtigen Platz einnimmt. Die 96 Kunstwerke umfassende Sammlung wird in seiner persönlichen Villa präsentiert und kann von der Öffentlichkeit besichtigt werden. Bereits zu Lebzeiten des Mäzens wird viel über die Sammlung geschrieben und sie gilt national sowie international als besonders qualitätsvoll. „Es sind nicht tastende Versuche unternommen worden, es ist nicht experimentiert, und es weht nicht revolutionärer Geist. Vielmehr wird die Sammlung beherrscht von einer lebendig konservativen Gesinnung. Das heisst: sie hat sich bemüht zusammenzubringen, was dauernde Gültigkeit hat.” (Karl Scheffler: Die Sammlung Oscar Schmitz in Dresden, in: Kunst und Künstler, XIX/1921, S. 190).
Aufgrund steuerlicher Schikanen verlässt Schmitz 1931 Deutschland und zieht mit seiner Sammlung in die Schweiz. Ein grosser Teil der Werke, vor allem die wichtigen Gemälde der französischen Meister, übergibt er dem Kunsthaus Zürich als Leihgabe. "Le bassin d’Argenteuil" ist eines von fünf Werken Claude Monets, die Schmitz für seine Sammlung angekauft hat. Das Werk wird 1932 zusammen mit weiteren Werken Schmitz’ im Kunsthaus ausgestellt. Als der Sammler 1933 unerwartet verstirbt, werden alle Werke von den Erben an das Kunstmuseum Basel weitergeschickt, wo die Sammlung bis etwa 1936 bleibt. Danach übernimmt Wildenstein 62 der Werke und organisiert eine Sammlungsauktion. In diesem Zuge wird auch das vorliegende Gemälde an eine Privatsammlung in England verkauft.
CLAUDE MONET
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