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Lot 3012* - A210 Gemälde Alter Meister - Freitag, 20. September 2024, 14.00 Uhr

MARTEN VAN CLEVE d. Ä.

(1527 Antwerpen 1581)
Sankt Georgs-Kirmes in einem Dorf.
Öl auf Holz.
76 × 107 cm.


Provenienz:
- Galerie Terry-Engell, London, vor 1987.
- Auktion Christie's, New York, 12.1.1996, Los 58.
- Europäische Privatsammlung.

Literatur:
- Georges Marlier: Pierre Brueghel le Jeune, Brüssel 1969, S. 455.
- Jan Briels: Vlaamse schilders in de Noordelijke Nederlanden in het begin van de Gouden Eeuw, Antwerpen 1987, S. 118, Ft. 134 (als Hans Bol).
- Georges G. de Jonckheere: Le paysage dans la peinture Flamande de 1500 à 1750, Paris 1996, Ft. S. 179 (als Hans Bol).
- Klaus Ertz und Christa Nitze-Ertz: Marten van Cleve 1524-1581, Lingen 2014, S. 148–149, Kat.-Nr. 36.

Mitten in einem Dorf hat sich eine kunterbunt gemischte Gesellschaft zur Feier einer Kirmes im Freien versammelt. Die Feier ist in vollem Gange: Links tanzt eine Gruppe ausgelassen auf der Wiese bei Dudelsackmusik, während sich andere mit Speis und Trank vergnügen und weitere Figuren im Mittelgrund sich heissblütig streiten. Mit sogenannten "Mallewagen" kommen Bauern der Nachbargemeinden und Narrengilden angefahren. Ein Narr in Gestalt Till Eulenspiegels mit gelbem Schellengewand und der Narrenkappe mit Eselsohren versucht etwa in der Bildmitte ein Kind mit einem Holzreif einzufangen. Rechts im Vordergrund schaut eine edle Gesellschaft dem fröhlichen Geschehen flanierend zu. Die Kirmesfahne mit dem Heiligen Georg in Rüstung weht prominent über dem Haus zur Rechten.

Das Thema der Georgs-Kirmes war eines der beliebtesten Sujets in der flämischen Malerei des 16. Jahrhunderts. Es bezeichnete ursprünglich ein Patronatsfest, das am Jahrestag der Gründung einer Kirche und zu Ehren des Schutzpatrons abgehalten und von Festessen, Tanz und Wettbewerben aller Art begleitet wurde. In der niederländischen und flämischen Renaissance-Malerei entwickelte dieses Genre ein Thema weiter, das in kleinerem Umfang in den Kalendern von illuminierten Handschriften des späten Mittelalters zu finden war.

Pieter Bruegel d. Ä. (um 1525–1569) war der Hauptvorläufer der grossen gemalten Kirmes, etwa mit seinem 1566 datierten "Hochzeitstanz", der sich im Detroit Institute of Arts in Michigan befindet (Inv.-Nr. 30.374, um 1566, Öl auf Holz, 119,4 × 157,5 cm). Die meisten späteren Werke von Bruegel und seiner Nachfahren übernahmen die leichte Aufsicht von etwas weiter oben, die Bruegel für andere Motive entwickelt hatte und die auch in diesem Gemälde Verwendung findet. Die Werke von Marten van Cleve spielten eine tragende Rolle in der Verbreitung der Bildideen von Pieter Bruegel d. Ä. und seines Sohnes Pieter Brueghel d. J. (1564–1636). Während Brueghels Darstellungen des bäuerlichen Lebens Marten van Cleve sichtlich inspirierte, schuf er hier eine eigenständige Komposition.

Marten van Cleve griff das zu seiner Zeit sehr beliebte Sujet in mehreren Werken ab 1551 und in Wimmelbild-Kompositionen, wie dieser, vermehrt in den 1570er-Jahren bis zu seinem Todesjahr 1581 auf (siehe Ertz und Nitze-Ertz 2014, S. 35). Die frühere Zuschreibung an Hans Bol für dieses und drei weitere Werke basiert auf einem Gutachten von Max J. Friedländer von 1950, die jedoch in der Folge von Kostyshyn und Ertz abgelehnt wurde (siehe Ertz und Nitze-Ertz 2014, S. 151, Kat.-Nr. 39). Ertz geht bei allen vier Gemälden davon aus, dass sie in der Werkstatt von Marten van Cleve entstanden.

Marten van Cleve wurde zwischen 1551 und 1552 Meister in der St. Lukas-Gilde in Antwerpen, zeitgleich wie Pieter Bruegel d. Ä. Er war von 1553 bis 1555 bei Frans Floris (1519–1570) tätig, bevor er 1556 sein eigenes Atelier eröffnete. Er spezialisierte sich auf Genre- und Landschaftsdarstellungen, wobei er vor allem ländliche Hochzeitsszenen, Kirmesfeste und Raufereien mit Bauern und Soldaten thematisierte. In diesen zeigt sich auch seine Verbundenheit zu Pieter Bruegel d. Ä., wobei er sich allerdings durch einen eigenständigen Malstil hervorhebt.

Diese ausserordentlich eindrückliche Darstellung des Themas der Dorfkirmes stellt in ihrer Fülle an Details ein seltenes Exemplar der Kunst des Bruegel-Zeitgenossen Marten van Cleve dar.

CHF 250 000 / 350 000 | (€ 257 730 / 360 820)