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Lot 3029 - A209 Schweizer Kunst - Freitag, 21. Juni 2024, 14.00 Uhr

CUNO AMIET

(Solothurn 1868–1961 Oschwand)
Bildnis Ferdinand Hodler vor seinem Marignano-Bild. 1898. (1. Fassung).
Tempera und Öl auf Leinwand.
Unten links signiert: C. Amiet.
76 × 52,5 cm.


Provenienz:
- Besitz des Künstlers, 1898–1902.
- Sammlung Oscar Miller-Sieber, Biberist, 1902 (im Tausch mit der 2. Fassung, die Miller Amiet zurückgibt).
- Sammlung Willy Russ-Young, Neuenburg, 1921 von Obigem erworben.
- Schweizer Privatsammlung, vor 1970.

Ausstellungen:
- München 1901, VIII. Internationale Kunstausstellung im Kgl. Glaspalast zu München 1901. Veranstaltet von der "Münchener Künstlergenossenschaft" im Verein mit der "Münchener Secession", Könglicher Glaspalast, 1.6.–30.10.1901, Nr. 238, als "Bildnis des Malers Ferd. Hodler".
- Wien 1901/02, XII. Kunst-Ausstellung der Vereinigung Bildender Künstler Österreichs, Secession, 21.11.1901–8.1.1902, Nr. 36, als "Bildnis des Malers Hodler".
- Bern 1921, Hodler-Gedächtnis-Ausstellung, Kunstmuseum Bern, 20.8.–23.10.1921, Nr. 877, als "Bildnis Ferdinand Hodlers" (verso mit Etikett).
- Bern 1928, Cuno Amiet und seine Schüler, Kunstmuseum Bern, 12.5.–22.7.1928, Nr. 70.
- Zofingen 1970, Von Agasse bis Welti, Galerie zur alten Kanzlei, März 1970, Nr. 50 (verso mit Etikett).
- Cambridge 1970, Cuno Amiet – Giovanni Giacometti. Two Swiss Painters of the Hodler Circle, Kettle's Yard Gallery, University of Cambridge, 25.7.–15.8.1971, Nr. 1, als "Portrait of Ferdinand Hodler".
- Roggwil 2018, Cuno Amiet. Retrospektive zum 150. Geburtstag, Bromer Art Collection, 29.3.–1.7.2018.

Literatur:
- Ausst.-Kat. VIII. Internationale Kunstausstellung im Kgl. Glaspalast zu München 1901. Veranstaltet von der "Münchener Künstlergenossenschaft" im Verein mit der "Münchener Secession", München 1901, S. 46, Nr. 238.
- Franz Servaes: Secession, in: Neue freie Presse, Wien, 30.11.1901.
- Ludwig Hevesi: Aus der Sezession, in: Fremden-Blatt, 23.11.1901, S. 13 f., Nr. 322.
- Ludwig Hevesi: Acht Jahre Sezession. März 1897–Juni 1905. Kritik. Polemik. Chronik, Wien 1906, S. 352 f.
- Oscar Miller: Von Stoff zu Form, Frauenfeld 1913, S. 52.
- Conrad von Mandach: Cuno Amiet, Bern 1925, Tafel 16.
- Cuno Amiet: Über Kunst und Künstler, Bern 1948, S. 61 f.
- Willy Russ: Mes peintures et mes sculptures préférées, 1956, S. 14 (mit Abb.).
- Eduard Plüss: Amiet, Cuno. Maler, Aquarellist, Zeichner, Graphiker, Plastiker, 1958/61, Bd. I, S. 15.
- George Mauner: Cuno Amiet, Solothurn 1981, Nr. 3.
- George L. Mauner: Cuno Amiet, Zürich 1984, S. 36 (mit Abb.).
- Cuno Amiet: Die Freude meines Lebens. Prosa und Poesie, Stäfa 1987, S. 51 (mit Abb.).
- Geneviève Sandoz-Keller: Cuno Amiet. Les années symbolistes. 1897–1903, Neuchâtel 1988, S. 235.
- Urs Zaugg: Hodler-Zwang und Amiet-Lust, Langenthal 1992, S. 46.
- Franz Müller und Viola Radlach: Cuno Amiet. Die Gemälde 1883–1919, Hrsg. Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, Zürich 2014, Bd. I, S. 166, Nr. 1898.04 (mit Abb.).
- Ausst.-Kat. Cuno Amiet. Retrospektive zum 150. Geburtstag, Roggwil 2018, S. 92, Nr. 1, als "Bildnis Ferdinand Hodler vor seinem Marignano-Bild".

1888 sieht Amiet in der "Turnus"-Ausstellung des Schweizerischen Kunstvereins in Solothurn erstmals ein Gemälde von Hodler: der "Lebensmüde" von 1887. Amiet ist zu dieser Zeit 20 Jahre alt und eben erst von München zurückgekehrt, wo er an der dortigen Akademie studiert hatte. Im Herbst desselben Jahres reist Amiet nach Paris, um sich dort an der Académie Julian weiterzubilden. Paul Sérusier, der an derselben Schule lehrt, macht Amiet mit der Malerei und den künstlerischen Ideen von Paul Gauguin bekannt. Im Mai 1892 geht Amiet nach Pont-Aven, wo er u.a. die Bekanntschaft von Emile Bernard und Roderic O’Conor macht. Dort sieht er Werke von van Gogh und Gauguin. Im Juni des darauffolgenden Jahres kehrt Amiet aus finanziellen Gründen in die Schweiz zurück. Im Herbst 1893 lernt Amiet an der Generalversammlung der Gesellschaft Schweizerischer Maler und Bildhauer in Bern Ferdinand Hodler kennen. Amiet schlägt die Einladung Hodlers, zusammen mit ihm in Genf eine Ateliergemeinschaft einzugehen zwar aus, dennoch beeindruckt der fünfzehn Jahre ältere Hodler den jungen Künstler. Amiet bleibt in Solothurn, wo er sich im Elternhaus ein Atelier einrichtet.

Die finanzielle Situation ändert sich, als Cuno Amiet 1897 Oscar Miller kennenlernt. Der Direktor der Papierfabrik Biberist, der zu einem der wichtigsten Förderer Amiets werden wird, ist nicht nur ein passionierter Sammler zeitgenössischer Kunst, sondern sucht auch den persönlichen Kontakt zu "seinen" Künstlern. Ein Jahr zuvor hat Miller an der Schweizerischen Landesausstellung in Genf die "Winterlandschaft bei Winistorf" von Cuno Amiet gesehen und wurde so auf diesen aufmerksam.

Auch Ferdinand Hodler war ins Blickfeld von Oscar Miller geraten. Nachdem Miller anfänglich Hodlers symbolistischen Gemälden eher ablehnend gegenübersteht, änderte er seine Meinung angesichts einer Reproduktion des Gemäldes "die Nacht", die er 1897 im Katalog der VII. Internationalen Kunstausstellung München sieht.

Fritz Widmann vermittelt darauf den Kontakt zu Ferdinand Hodler. Im September 1897 trifft Oscar Miller Ferdinand Hodler erstmals persönlich. Miller lädt Hodler zu sich nach Biberist ein. Im gleichen Monat lernt Miller auch Cuno Amiet persönlich kennen und besucht ihn eine Woche später in dessen Atelier zusammen mit Ferdinand Hodler.

Die Begegnungen mit den beiden Künstlern veranlasste Miller kurze Zeit später bei Cuno Amiet ein Bildnis Ferdinand Hodlers in Auftrag zu geben.

Hodler arbeitet in dieser Zeit gerade an seinen Kartons zu "Rückzug bei Marignano" für den Waffensaal des neu errichteten Landesmuseums in Zürich (siehe Abb.). Er hatte den dafür ausgeschriebenen Wettbewerb klar gewonnen. Seine monumentale, auf wenige grosse Figuren beschränkte Bildfindung stiess aber auf Widerstand bei konservativen Kreisen, die sich ein Historienbild dieser Bedeutung anders vorgestellt hatten. Der monatelang andauernde und in der Presse ausgetragene Disput ging als "Freskenstreit" in die Schweizer Kunstgeschichte ein.

Als Atelier für seine Arbeit an den grossformatigen Kartons darf Hodler das Berner Zeughaus benutzen. Hier portraitiert ihn Amiet jeweils am Abend nach der Arbeit. In seinen Erinnerungen erwähnt Amiet, dass Hodler sich wenig Zeit liess, Modell zu sitzen und immer wieder auf seiner Mundharmonika gespielt habe. Amiet entschliesst sich, das Portrait von Hodler, das er in wenigen Sitzungen in spontanem Pinselduktus fertigstellt, später in eine zweite, akkurater ausgeführte Fassung zu übertragen. Diese zweite Fassung erhält Oscar Miller 1998. Die erste Fassung behält Cuno Amiet bis Miller ihn wenige Jahre später bittet, diese mit der zweiten, ihm überlassenen Fassung zu tauschen. Amiet gibt Miller die erste Fassung und verkauft die zweite, die er von Miller zurückerhält, später an die Sammlerin Gertrud Dübi-Müller, von wo sie mit deren Nachlass ins Kunstmuseum Solothurn gelangt und wo sie sich noch heute befindet. Die erste Fassung geht 1921 von Miller an den Kunstsammler Willy Russ-Young und danach in Schweizer Privatbesitz bis sie nun in dieser Auktion angeboten wird.

Das hier angebotene Gemälde vereint in sich mehrere Momente, welche für die Schweizer Kunst- und Kulturgeschichte von entscheidender Bedeutung sind: die wichtige Förderung und Unterstützung zwei der bedeutendsten Schweizer Künstler durch den passionierten Sammler Oscar Miller; die Arbeit Hodlers am "Rückzug bei Marignano", welche entscheidend war für Hodlers Wandmalerei und den Künstler auch durch den in der Presse ausgetragenen "Freskenstreit" zu einer nationalen Berühmtheit machte; die freundschaftliche, aber auch spannungsvolle Beziehung zwischen dem noch jungen Cuno Amiet und dem bereits berühmten Vorbild Ferdinand Hodler; und schliesslich die modernen künstlerischen Strömungen der Zeit, welche Amiet in Paris, Pont-Aven und bei seinen Schweizer Kollegen Giovanni Segantini und Ferdinand Hodler kennengelernt und in diesem Portrait verarbeitet hat.

Das Gemälde ist ein bedeutendes Dokument schweizerischer Kunstgeschichte.

CUNO UND FERDINAND


EIN FASZINIERENDES PORTRÄT VON FERDINAND HODLER

Zum ersten Mal konnten zwei Versionen eines historischen Porträts von Ferdinand Hodler von Cuno Amiet nebeneinander verglichen werden.

Bildnachweise >>


CHF 250 000 / 400 000 | (€ 257 730 / 412 370)

Verkauft für CHF 1 347 000 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr