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Lot 1067 ♣ - A204 Decorative Arts - Donnerstag, 30. März 2023, 10.00 Uhr

PRUNK-AUFSATZSEKRETÄR

Barock, von L.H. ROHDE (Ludwig Heinrich Rohde, 1673–1755), Mainz um 1725/26.
Nussbaum, -wurzelmaser und diverse Edelhölzer gefriest sowie mit graviertem Elfenbein ausserordentlich fein eingelegt mit Insekten, Blumen, Blattwerk, Kartuschen, Voluten und Zierfries. Rechteckiger Korpus mit mehrfach gestuftem Kranz auf gerader Zarge mit wellig ausgeschnittener Knieaussparung und sich nach unten verjüngenden, durch bewegten H-Steg verbundenen Sechskantbeinen auf profilierten, gequetschten Kugelfüssen. Schräge, aufklappbare Schreibplatte über Zentralschublade, flankiert von je 2 übereinander liegenden Schubladen. Inneneinteilung mit 4 Zentralschubladen auf zwei Reihen, flankiert von je zwei stufenmässig angeordneten Schubladen. Geheimfach mit 4 Schubladen. Zurückgesetzter Aufsatz mit verspiegelter Zentraltüre über breiter Schublade, flankiert von schräg gestellten vier Schubladen. Zentralverriegelung. Inneneinteilung mit zwei Tablaren. Vergoldete Bronzebeschläge und -hänger. Mit Inventarstempel PH 197 unter Krone. 1 Schlüssel.
108 × 61 (offen 89) × 193 cm.
Für den Export dieses Objekts ist eine CITES-Bescheinigung notwendig. Bitte informieren Sie sich vor der Auktion über die Importbestimmungen des Ziellandes. Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte die Fach-Abteilung.


In gutem restauriertem Zustand, alte Änderungen im Bereich des Schreibkastens.

Provenienz:
- Sammlung Prinzessin Dorothea zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1872-1954).
- Sammlung Gräfin Maria von Lamberg.
- Sammlung R. Kremayr, Wien.

Seltenes und bedeutendes Prunkmöbel von bestechender Qualität Es ist abgebildet und ausführlich beschrieben in: F. Windisch-Graetz, Neues zum Werk von Ludwig Heinrich Rohde, in: Alte und moderne Kunst 177 (1981); S. 20-23. Ein nahezu identisches, von L.H. Rohde signiertes Gegenstück ist Bestand der fürstlichen Sammlungen von Liechtenstein in Wien und im oben erwähnten Artikel ebenfalls abgebildet und ausführlich beschrieben. Der Hauptunterschied dieser beiden Aufsatzsekretäre liegt in der Positionierung der Schreibplatte, welche beim Liechtensteiner Möbel gerade ausgeführt ist während sie bei unserem Möbel schräg gestellt und abklappbar ist. Man darf davon ausgehen, dass diese Differenz auf einen späteren, aus praktischen Überlegungen erfolgten alten Umbau des Schreibschrankes zurückzuführen ist. Die nach aussen aufschwingende Schreibplatte ergab in geöffnetem Zustand eine wesentlich grössere und besser nutzbare Arbeitsfläche. Diese Neupositionierung der Arbeitsplatte zog Änderungen der Inneneinrichtung sowie am Aufsatz nach sich.

Innerhalb der Mainzer Schreiner nahm Heinrich Ludwig Rohde eine gesonderte Stellung ein. Er war Hofschreiner unter Lothar Franz von Schönborn und damit nicht der Zunft, sondern einzig dem Kurfürsten unterstellt. So arbeitete Rohde auf Bestellung eines höfischen Kundenkreises. Damit erklären sich auch seine relativ aufwendigen und kostbaren Möbel. Seine Werke gelten als die frühesten, von einem Mainzer Hofschreiner gefertigten Stücke, die bis heute bekannt sind. Ohne Frage darf er zu den herausragendsten Persönlichkeiten der Mainzer Schreiner des 18. Jahrhunderts gezählt werden. Rohde stammte aus Halberstadt und ist ab 1715 in Mainz nachweisbar. Von 1724 überliefern die Akten von Schloss Pommersfelden in Franken seine Tätigkeit für den Mainzer Kurfürsten Lothar Franz von Schönborn. Von den Schlossmöbeln kann Rohde bislang keines sicher zugeschrieben werden. Ganz offensichtlich war der fränkische Schreiner Ferdinand Plitzner der leitende Kunstschreiner am dortigen Hof. Gesichert ist, dass Rohde an einigen Prunkmöbeln Plitzners mitarbeitete. Grundlage für die stilistische Zuordnung bilden seine Einlegearbeiten. Bereits vor seiner Zeit in Pommersfelden hatte Rohde an anderen Höfen gearbeitet, was eine gewisse Fertigkeit voraussetzte. Er war seit 1701 am Ehrenbreitsteiner Hof in Koblenz für Kurfürst Hugo von Orsbeck und nach dessen Tod für Herzog Karl Joseph von Lothringen tätig. In den Akten von Pommersfelden wird er stets als "Hofschreiner" bezeichnet - dieser Titel setzte die Meisterwürde voraus. Auch die Qualität eines für 1725 nachgewiesenen signierten Möbels lässt eher darauf schliessen, dass er schon Meister war, bevor er nach Pommersfelden ging. Das früheste überlieferte Rohde-Möbel ist der eingangs erwähnte signierte Kabinettschrank von 1725/26. Ihm kommt wegen seiner Signatur und der reichen Einlagen eine Schlüsselstellung zu. Aus der Signatur geht hervor, dass Rohde das Möbel "in zwei Jahren Arbeit" für den Hofkammerrat Nietscheke fertigte. Bei diesem Meisterwerk handelt es sich um einen schmalen, zurückgesetzten Kabinettschrank auf einem tischartigen Untergestell mit hohen, kegelförmigen und verstrebten Beinen.

Lit.: H. Zinnkann, Meisterstücke Mainzer Möbel des 18. Jahrhunderts, Frankfurt am Main 1988; S. 33f. (biogr. Angaben). H. Kreisel, Die Kunst des deutschen Möbels, Spätbarock und Rokoko, München 1970; II, S. 111 (biogr. Angaben).

CHF 35 000 / 60 000 | (€ 36 080 / 61 860)

Verkauft für CHF 49 100 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr