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Lot 3076* - A200 Gemälde Alter Meister - Freitag, 01. April 2022, 14.00 Uhr

FRANCESCO GUARDI

(1712 Venedig 1796)
Porträt einer jungen Dame aus der Tiepolo Familie, möglicherweise Elena (1726–1776).
Öl auf Leinwand.
86,5 × 75,5 cm.

Gutachten:
Dario Succi, 10.1.2015 (in Kopie vorhanden).

Mit einer schriftlichen Untersuchung von Dr. Sabrina Norlander Eliasson, Dozentin der Universität Stockholm, zur Ikonographie der Porträtierten (Januar 2015).

Provenienz:
- Auktion Christie's, London, 5.12.2012, Los 249 als Zuccarelli.
- Auktion Koller, Zürich, 27.3.2015, Los 3083.
- Belgische Privatsammlung.

Literatur:
Dario Succi: Guardi. Catalogo dei dipinti e disegni inediti. Azzano Decimo 2021, Nr. 57, S. 42–43, Farbabb. S. 41.

Dieses in fein abgestimmten pastellfarbenen Tönen gemalte Bildnis einer jungen Frau, welches Dario Succi in seinem Nachtragswerk zum Œuvre von Francesco Guardi 2021 publiziert und ganzseitig in Farbe ablichtet, ist eines der schönsten Beispiele der Malkunst Guardis als Porträtist. Die auf einem Balkon sitzende junge Dame blickt dem Betrachter entschlossen entgegen. Das von vorne links auf sie herabfallende Licht lässt ihre blauen Augen und helle Haut erstrahlen und kontrastiert mit der durch den Sonnenuntergang einbrechenden Dunkelheit im Hintergrund. Die Komposition greift die lange Tradition weiblicher Porträtkunst seit der Renaissance auf, in der die Porträtierte in einem von einem Baluster getrennten Raum mit Blick nach aussen dargestellt ist. Guardi kombiniert hier geschickt ein fein observiertes, intimes Familienbildnis mit der Darstellungsart eines prachtvollen, offiziellen Porträts einer hochrangigen Person.

Tatsächlich war der Maler mit der Porträtierten verwandt. Der in Venedig geborene Francesco Guardi war über seine Schwester Cecilia (1702–1779) mit der Malerfamilie der Tiepolo verbunden. 1719 heiratete Cecilia Giovanni Battista Tiepolo (1696–1770), den sie einige Jahre zuvor an der Internatsschule von Santa Maria dei Derelitti kennenlernte, als Tiepolo die fünf Bögen der Kirche bemalte. Die Hochzeit wurde insgeheim abgehalten, denn die Familie Guardi befand sich zu dieser Zeit in finanziellen Schwierigkeiten und konnte keine Mitgift beisteuern. Von Cecililas und Giambattistas zehn Söhnen folgten zwei, Giandomenico (1727–1804) und Lorenzo (1736–1776) dem Beruf des Vaters. 1757 porträtierte der damals 21-jährige Lorenzo seine Mutter Cecilia in einem wunderschönen Pastelbildnis, das sich heute im Museo del Settecento Veneziano, Ca'Rezzonico, in Venedig befindet (Inv.-Nr. 1211). Die Ähnlichkeit der Gesichtszüge der in unserem Bildnis dargestellten jungen Frau mit Cecilia lässt vermuten, dass es sich hierbei um eine ihrer Töchter handeln könnte, also um eine Nichte Francesco Guardis.

Das elegante, bestickte Kleid der Porträtierten entspricht ganz der damaligen venezianischen Mode. Die sorgfältig ausgeführten Nelken, Glycinen und Mimosen auf dem silbernen Kleid der Porträtierten sowie die Rose in ihrer Hand und das Vergissmeinnicht in ihrem Haar sind stilistisch vergleichbar mit den Blumenkompositionen Francesco Guardis im Palazzo Barbaro, Venedig (siehe Dario Succi: Il fiore di Venezia. Dipinti dal Seicento all'Ottocento in collezioni private, Azzano Decimo 2014, Nr. 163–164). Dario Succi geht von einer Entstehung unseres Porträts gegen Ende der 1760er-Jahre aus. Dr. Sabrina Norlander Eliasson, die beabsichtigt das hier angebotene Gemälde in einem Artikel über italienische Porträtkunst des 18. Jahrhunderts zu publizieren, weist darauf hin, dass die Rose in der Hand der Porträtierten sowie die Orangenblüten auf ihrem Kleid auf einen Entstehungskontext unseres Gemäldes im Rahmen einer bevorstehenden oder kürzlich zelebrierten Hochzeit hindeuten. Unter den vier Töchtern Cecilia und Giambattista Tiepolos heirateten nur zwei, Elena (1726–1776) 1745 im Alter von 19 und Orsola Maria (1734–1791) 1774 im Alter von 40. Mit Rücksicht auf das Alter der Porträtierten und auf den Malstil Guardis in der Mitte der 1740er-Jahren vermutet Dr. Norlander Eliasson, dass es sich bei unserer Porträtierten um Elena handelt, die Nichte Francesco Guardis, und datiert unser Gemälde dementsprechend um 1745.

CHF 50 000 / 70 000 | (€ 51 550 / 72 160)


Verkauft für CHF 55 200 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr