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Lot 1224 - A200 Decorative Arts - Donnerstag, 31. März 2022, 10.00 Uhr

IMPOSANTER KAMINSPIEGEL "À PALMES" MIT MYTHOLOGISCHEM OBERBILD

Transition, Bern, um 1770/75, Johann Samuel Diwy (1744–1790) und Werkstatt.
Holz reich geschnitzt mit Blumen- und Lorbeergirlanden, Rocaillen und Vasen. Hochrechteckiger Rahmen mit geschweiftem Abschluss und durchbrochenem Aufsatz in Form von Köcher, Pfeil und Bogen, einer brennenden Fackel sowie Blumenkranz. Die Seiten mit plastischen Palmetten geschnitzt. Oberbild in Öl auf Leinwand, Darstellung von vier dösenden Bacchantinnen, heimlich beobachtet von zwei Satyrn.
100 × 220 cm.

Restauriert in Bern 1892. Bestossungen an der Vergoldung.

Provenienz:
- Berner Patrizierbesitz.
- Als Leihgabe im ehemaligen Landgut der von Steiger in Tschugg bei Erlach.
- Auktion Stuker, Herbst 2012, Lot 1240.
- Sammlung Wehrli, bei obiger Auktion erworben.

Der Berner Bildhauer Johann Samuel Diwy stand in direkter Konkurrenz zur Werkstatt des Johann Friedrich Funk und seines gleichnamigen Sohnes. Für Diwy und dessen Witwe, die 1790 nach seinem Ableben die Werkstatt weitergeführt hatte, sind einige hervorragende Werke für bernische Gesellschaften quellenmässig belegt. Mehrere Rahmen aus dem Atelier der Diwy sind dem Transition-Stil zuzuordnen, einem Stil, der Elemente des Rokoko und des Klassizismus vereint. Die Nähe der Werkstätten Diwy und Funk zueinander wurde 1861 durch eine Ehe besiegelt. Johann Samuel Diwys Enkel Karl Rudolf verheiratete 1861 Maria Magdalena Funk‏‎, Enkelin des Bildhauers Johann Friedrich Funk II.

Unser Oberbild zeigt eine intime Gruppe von vier schlafenden Bacchantinnen, ganz im Gout niederländischer und flämischer Spätbarock- und Rokokokünstlern. Die geröteten Gesichter, die unordentliche Bettstatt, die gekippte Schenkkanne, das Tamburin und die üppigen Weintrauben zeugen vom vorangehenden dionysischen Freudenfest. Die Situation wird von zwei neugierigen Satyrn im Hintergrund ausgenutzt, die heimlich die nackten Nymphen beobachten. Die Betrachter des Trumeau-Spiegels werden unwillentlich in die intim-erotische Situation hineingezogen und gesellen sich somit auf die Seite der beobachtenden Satyrn. Das Spiegelfeld im Zusammenhang mit der suggestiven Bildkomposition öffnet ein Spannungsfeld, das zwischen dem Akt des Erwischtwerdens, dem eigentlichen Verbot des Hinschauens und dem erotischen Moment oszilliert.

Vergleichbar ist der prunkvolle Kaminspiegel mit einem Paar Rahmen aus der Werkstatt der Witwe Johanna Diwy-Gruner (1750-1803), welche diese 1794 nachweislich für die Räumlichkeiten der 1759 gegründeten Grande Société in Bern geliefert hatte (Vgl. Manuel Kehrli: Mobiliar und Raumausstattungen der Grande Société von 1766 bis 1834. In: Hôtel de Musique und Grande Société in Bern. 1759–2009. Murten 2009, S. 181). Weitere erhaltene Rahmen der Werkstatt Diwy sind für die Gesellschaften zu Kaufleuten und zum Affen in Bern gesichert, quellenmässig belegte Arbeiten erfolgten auch für die Gesellschaft zu Mittellöwen und die städtische Münzstätte in Bern.

CHF 20 000 / 30 000 | (€ 20 620 / 30 930)


Verkauft für CHF 21 040 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr