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Lot 3003 - A198 Gemälde Alter Meister - Freitag, 01. Oktober 2021, 14.00 Uhr

ANTONIO MARINONI

(tätig um 1470 Val Seriana 1542)
Gegenstücke: Heiliger Hieronymus und Heilige Apollina. Um 1525–30.
Öl auf Holz.
Je 124,5 × 44 cm.

Provenienz:
- Auktion Fischer, Luzern, 1943 (als B. Vivarini).
- Schweizer Privatbesitz.

Literatur:
Chiara Paratico: La bottega Marinoni, XV-XVI secolo, Albino 2008, S. 101.

Der heilige Hieronymus, einer der Kirchenväter, trägt hier den roten Mantel des Kardinalats und hält in seinen Händen das Modell einer Kirche. Die weibliche Figur hingegen stellt die heilige Apollina dar, die durch die Palme des Martyriums und der Jungfräulichkeit, das Gebetbuch und die große Zange gekennzeichnet ist, mit der ihr der Legende nach die Henker die Zähne gezogen haben (siehe G. Kaftal: Iconography of the Saints in the Painting of North West Italy, Florenz 1985, coll. 94–97).

Die beiden Heiligen, von denen der eine nach rechts und der andere nach links blickt, müssen den oberen Teil eines wohl zweistöckigen Altarwerks gebildet haben, wobei sich in der Mitte ein geschnitztes oder gemaltes Element befand. Die monumentale Struktur solcher Altarwerke war im Nordwesten Italiens zwischen dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts und der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts sehr beliebt: das grosse Polyptychon, das Vincenzo Foppa um 1490–1500 für die Kirche Santa Maria delle Grazie in Bergamo malte und das heute in der Pinacoteca di Brera in Mailand aufbewahrt wird, war das Vorbild für diese reiche regionale Produktion.

Unsere Tafeln lassen sich dabei stilistisch mit dem Altarwerk der Heiligen Petruskirche in Desenzano al Serio (Bergamo) vergleichen, das im frühen 16. Jahrhundert in der Werkstatt Marinonis entstanden ist (siehe C. Paratico: La bottega Marinoni, XV-XVI secolo, Albino 2008, S. 154–161).

Sechs weitere Tafeln könnten zu demselben Altarwerk gehört haben: eine Heilige Katharina von Alexandrien und eine Heilige Magdalena, die sich in der Sakristei der Kirche S. Alessandro della Croce in Bergamo befinden; ein Heiliger Sebastian (123 × 53 cm) und ein Heiliger Franz von Assisi (123 × 53 cm), die von Christie's in New York am 31.6.1989 (Los 111) als Schule von Bartolomeo Vivarini verkauft wurden; schliesslich ein Heiliger Rochus (110 × 54 cm) und ein Heiliger Bernhard von Siena (110 × 54 cm), die sich in einer Privatsammlung in Bergamo befinden (siehe F. Rossi: Pittura anonima bergamasca del primo Cinquecento, in: I pittori bergamaschi dal XIII al XIX secolo. Il Cinquecento, Bd. III, Bergamo 1979, S. 49, Abb. S. 69; C. Paratico, ebd. S. 193–197). Sollte diese Hypothese zutreffen, wäre der grösste Teil eines von den Marinonis um 1525–1530 gemalten Polyptychons rekonstruiert, das laut Ikonographie für eine franziskanische Kirche bestimmt war; seine Zerstückelung wäre kurz nach 1798 erfolgt, dem Jahr, in dem die klösterlichen Orden und kirchlichen Besitztümer in den Gebieten der Cisalpinen Republik aufgehoben wurden.

Der aus Desenzano al Serio bei Albino (Bergamo) stammende Giovanni Marinoni (urkundlich belegt ab 1455–gestorben vor 1508) war der eigentliche Gründer der Werkstatt, die er dann an seine beiden Söhne Bernardino (urkundlich belegt ab 1490–gestorben um 1530) und Antonio (um 1470–um 1542), der Maler unserer Tafel, weitergab. Dokumente belegen, dass letzterer in der ersten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts eine führende Rolle spielte, bevor er die Leitung an seine eigenen Söhne Ambrogio und Francesco übergab.

Wir danken Prof. Mauro Natale für seine wissenschaftliche Unterstützung bei der Katalogisierung dieses Loses.

CHF 20 000 / 30 000 | (€ 20 620 / 30 930)


Verkauft für CHF 22 260 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr