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Lot 1059 - A190 Decorative Arts - Donnerstag, 26. September 2019, 10.00 Uhr

KOMMODE "A FLEURS",

sog. "marqueterie au jasmin", Louis XIV/Régence, aus einer Pariser Meisterwerkstatt, um 1720/30.
Ebenholz, Palisander, Ahorn, Amarant, Sykamore und Kirsche allseitig ausserordentlich fein eingelegt mit Blumenbouquets, Sphingen, Fabelwesen, Blättern, Voluten, Kartuschen und Zierfries. Prismierter Korpus mit vorstehendem, in Bronzestab gefasstem Blatt und vorstehenden Eckstollen auf wellig ausgeschnittener Zarge mit kurzen, geschweiften Beinen auf Bocksfüssen. Front leicht "en arbalète" mit 3 Schubladen, die oberste zweigeteilt. Vergoldete, teils ersetzte Bronzebeschläge, -hänger und -sabots. Furnierergänzungen, Blatt mit Riss.
armature cm

Provenienz: Privatbesitz, Schweiz.

Die Marketerie der hier angebotenen Kommode wird auch "peinture en bois" genannt; Einlegearbeiten dieser Art wurden oft nach Vorlagen des französischen Malers Jean Baptiste Monnoyer (1636-1699) gefertigt und waren von hervorragender Qualität. Eine in der Formgebung und Marketerie sehr ähnliche Kommode gehörte zu einer Pariser Sammlung und wurde in unserer Juni-Auktion 2003 (Katalognr. 1095) verkauft. Eine weitere, ebenfalls nahezu identische Kommode ist abgebildet in: P. Ramond, Chefs d'Oeuvre des Marqueteurs, Paris 1994; S. 144f.; sie stammt aus der Sammlung Gismondi. Eine weitere vergleichbare Kommode ist abgebildet in: G. Janneau, Le mobilier français - le meuble d'ébénisterie, Brüssel o.J.; S. 21 (Abb. 20). Weitere, sehr ähnliche Kommoden befinden sich im Victoria & Albert Museum in London, im Musée du Louvre und im Musée des Arts Décoratifs in Paris. Bei all diesen Kommoden wird A. Gaudron als möglicher Ebenist vermutet. Weitere, ähnliche Kommoden mit nahezu identischer Marketerie wurden bei Sotheby's New York am 10.5.1995 (Katalognr. 126) und 20.10.2002 (Katalognr. 115) verkauft. Zwei Kommoden mit praktisch identischer Marketerie, aber unterschiedlicher Formgebung sind bekannt; beide werden dem Ebenisten A. Gaudron zugeschrieben. Über ihn weiss man sehr wenig, auch die Angaben über seine Werkstatt sind spärlich. Man weiss lediglich, dass er in den letzten Dezennien des 17. Jahrhunderts während der Regierungszeit von Louis XIV in Paris tätig war, den "Garde-Meuble de la Couronne", den Königshof, Madame de Maintenon, den Duc d'Anjou und de Chartres und den Prince de Condé belieferte. Für sie fertigte er Schränke, Kabinette, Kommoden, Bureaux und Tische, höchstwahrscheinlich arbeitete er dabei auch mit seinen wichtigsten "confrères" zusammen. Für seine Werke verwendete er kostbare Edelhölzer und legte sie mit Leder, Elfenbein, Ebenholz und Zinn ein. 1671 arbeitete er mit P. Gole und dem Maler Jean-Michel Picart an einer Schätzung des Inventars von Henriette-Anne von England, der Witwe von Charles I und Schwester von Louis XIII, was darauf hinweist, dass er wohl einen bedeutenden Ruf genoss und exzellente Verbindungen hatte. Bei der Schaffung der fantastischen Blumenarrangements für die Marketerie dienten Gaudron höchstwahrscheinlich Stiche als Vorlagen; seine Bekanntschaft mit Picart lässt jedoch vermuten, dass er sich auch von dessen Gemälden inspirieren liess. Seit dem 17. Jahrhundert wurden Edelhölzer, sog. "bois des îles", aus den französischen Kolonien importiert. Die teuren Hölzer und ihre ausserordentlich aufwendige, schwierige Verarbeitung führten dazu, dass sie nur von den bedeutendsten Ebenisten verwendet wurden, wie z.B. von A.C. Boulle, P. Golle, A.J. Oppenordt und A. Gaudron. Vom erstgenannten Ebenisten stammt ein für Château de Versailles gefertigter Prunkschrank und ein Kabinett (heute in der Wallace-Collection, London) die beide eine vergleichbare, teils identische Einlegearbeit aufweisen wie die hier angebotene Kommode.

Lit.: G. Janneau, Le mobilier français - le meuble d'ébénisterie, Lüttich o.J.; S. 27-30 (Abb. 26 und 27, Schränke von A.C. Boulle mit analoger Einlegearbeit). H.D. Malesworth/J. Kenworthy-Browne, Meisterwerk der Möbelkunst aus 3 Jahrhunderten, München 1972; S. 56-58 (mit Abb. vergleichbarer Möbel). P. Ramond, Chefs d'oeuvres de Marqueteurs, Paris 1994; I, S. 133 (mit Abb. einer Kommode mit identischer Marketerie), S. 144f. (Abb. einer Kommode aus der Sammlung Gismondi).

CHF 20 000 / 30 000 | (€ 20 620 / 30 930)


Verkauft für CHF 36 900 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr