Lot 3002 - A190 Gemälde Alter Meister - Freitag, 27. September 2019, 14.00 Uhr
NICCOLÒ DA VOLTRI, Umkreis
(vor 1370 Genua 1417)
Madonna mit Kind mit den Heiligen Petrus, Paulus, Johannes d. Täufer und Antonius Abbas.
Tempera und Goldgrund auf Holz.
46,4 × 33,4 cm.
Provenienz:
- Sammlung Shiff, Paris (verso Etikett).
- Auktion Drouot, Paris, Sammlung Shiff, 4.4.1905, als Ugolino da Siena zugeschrieben (verso Etikett).
- Sammlung Dr. Thibault, Paris.
- Kunsthandel Heim-Gairac, Paris, 1962.
- Kunsthandel Herner Wengraf, London.
- Kunsthandel Frederick Mont, New York, 1974.
- Auktion Sotheby's, London, 1.11.1978, Los 1.
- Galerie Piero Corsini, New York, 9.1.1984 (als Barnaba da Modena).
- Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung.
Ausstellung:
Arte Sacra dal XIV al XVII Secolo, Museo d`arte Sacra, Mendrisio, 17.3.1984–17.6.1984 (als Barnaba da Modena).
Literatur:
- Ausst. Kat. Arte Sacra dal XIV al XVII Secolo, hrsg. von Silvano Colombo, Mendrisio 1984, S. 1–19, Abb. 2 (als Barnaba da Modena).
- Giuliana Algeri / Anna De Floriani: La Pittura in Liguria. Il Quattrocento, Genua 1991, S. 53–55 und 97, Anm. 66, Abb. 47.
- Giuliana Algeri / Anna De Floriani: La Pittura in Liguria. Il Medioevo, secoli XII-XIV, Genua 2011, S. 216 und 222, Abb. 10.
Vorliegende Tafel zeigt die thronende Madonna mit dem sich an ihrer Brust stillenden Jesuskind. Zeugen dieses stillen Geschehens sind vier um den Thron gescharte Heilige: Petrus, Paulus, Johannes der Täufer und der Heilige Antonius Abbas. Zwei Engel halten den goldgewirkten Thronbehang empor und verleihen der Szene zusätzlich eine prunkvolle und festliche Atmosphäre.
Diese anmutige Tafel wurde einst durch Piero Corsini als eigenhändiges Werk des Barnaba da Modena (um 1328–um 1386) gepriesen. Eine Zuschreibung, die sich aus heutiger Sicht jedoch nicht länger aufrecht halten lässt. Zwar liegt dem Bild stilistisch unverkennbar das Formenrepertoire des Barnaba da Modena zugrunde, insbesondere dessen Archaismen, wie die mit goldenen neo-hellenistischen Chrysiographien besetzten Gewänder und Mäntel der Madonna sowie die Figurentypik. Jedoch stehen die insgesamt schlankeren Figuren sowie die etwas graphisch aufgefassten, leicht knöchern wirkenden Gesichter in Gegensatz zu jenen der Gemälde von Barnaba da Modena, die eine andere Körperlichkeit erkennen lassen.
Wie Giuliana Algeri richtig festgestellt hat, lässt unser Maler auch klare Bezüge zur sienesischen Malerei erkennen (siehe Algeri 1991 und 2011). Dies verwundert kaum, wenn wir uns den hybriden Charakter der spättrecentesken Malerei in Ligurien vor Augen halten, wo vorliegendes Bild offenkundig entstanden sein muss. In der Tat wurde die Malerei Liguriens, zunächst durch Barnaba da Modena geprägt, der sich dort seit circa 1360 für fast drei Jahrzehnte als höchst gefragter Maler etablierte (siehe Algeri 2011). Seine Vormachtstellung wurde im letzten Jahrzehnt des 14. Jahrhundert vom Sienesen Taddeo di Bartolo (um 1362–1422) durchbrochen, der ab circa 1390 wiederholt in Ligurien in Erscheinung tritt. Zu dieser Zeit gab auch der florentinische Maler Francesco di Michele (früher bekannt als Meister von Ponte a Mensola, tätig Ende 14. / Anfang 15. Jahrhundert) in Genua ein kurzes Gastspiel. Im Lichte dieser multikulturellen Situation der ligurischen Kunstproduktion muss auch vorliegende Tafel betrachtet werden. Wie erwähnt, ist diese aus dem künstlerischen Substrat des Barnaba da Modena hervorgegangen. Gleichzeitig jedoch weist es in der Komposition florentinische Bildideen auf und rezipiert solche des Taddeo di Bartolo: So entspricht der Bildaufbau der thronenden Madonna hinter einem von zwei Engel emporgehaltenen Throntuch den Bildideen wie sie in Florenz im Umfeld der Brüder Cione (tätig im 14. Jahrhundert) und anderen gängig waren (vgl. die an Cenni di Francesco di ser Cenni (tätig um 1369–1415) zugeschriebene Tafel, die am 21.7.1971 bei Sotheby's London als Los 106 veräussert wurde). Doch sind auch Bildideen Taddeo di Bartolos deutlich lesbar, wie man sie etwa von der Interpretation der Madonna dell' Umiltà in der Sammlung Crespi in Mailand kennt.
Folglich erweist sich das vorliegende Tafelbild in seinem hybriden Charakter als typisches Beispiel der spättrecentesken Malerei in Ligurien, die zu Beginn des 15. Jahrhunderts von Niccolò da Voltri bestimmt wird. Es erscheint als Prélude zu seiner Kunst und dürfte im letzten Jahrzehnt um 1390 und 1395 entstanden sein.
Wir danken Prof. Dr. Gaudenz Freuler für diesen Katalogeintrag.
- Sammlung Shiff, Paris (verso Etikett).
- Auktion Drouot, Paris, Sammlung Shiff, 4.4.1905, als Ugolino da Siena zugeschrieben (verso Etikett).
- Sammlung Dr. Thibault, Paris.
- Kunsthandel Heim-Gairac, Paris, 1962.
- Kunsthandel Herner Wengraf, London.
- Kunsthandel Frederick Mont, New York, 1974.
- Auktion Sotheby's, London, 1.11.1978, Los 1.
- Galerie Piero Corsini, New York, 9.1.1984 (als Barnaba da Modena).
- Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung.
Ausstellung:
Arte Sacra dal XIV al XVII Secolo, Museo d`arte Sacra, Mendrisio, 17.3.1984–17.6.1984 (als Barnaba da Modena).
Literatur:
- Ausst. Kat. Arte Sacra dal XIV al XVII Secolo, hrsg. von Silvano Colombo, Mendrisio 1984, S. 1–19, Abb. 2 (als Barnaba da Modena).
- Giuliana Algeri / Anna De Floriani: La Pittura in Liguria. Il Quattrocento, Genua 1991, S. 53–55 und 97, Anm. 66, Abb. 47.
- Giuliana Algeri / Anna De Floriani: La Pittura in Liguria. Il Medioevo, secoli XII-XIV, Genua 2011, S. 216 und 222, Abb. 10.
Vorliegende Tafel zeigt die thronende Madonna mit dem sich an ihrer Brust stillenden Jesuskind. Zeugen dieses stillen Geschehens sind vier um den Thron gescharte Heilige: Petrus, Paulus, Johannes der Täufer und der Heilige Antonius Abbas. Zwei Engel halten den goldgewirkten Thronbehang empor und verleihen der Szene zusätzlich eine prunkvolle und festliche Atmosphäre.
Diese anmutige Tafel wurde einst durch Piero Corsini als eigenhändiges Werk des Barnaba da Modena (um 1328–um 1386) gepriesen. Eine Zuschreibung, die sich aus heutiger Sicht jedoch nicht länger aufrecht halten lässt. Zwar liegt dem Bild stilistisch unverkennbar das Formenrepertoire des Barnaba da Modena zugrunde, insbesondere dessen Archaismen, wie die mit goldenen neo-hellenistischen Chrysiographien besetzten Gewänder und Mäntel der Madonna sowie die Figurentypik. Jedoch stehen die insgesamt schlankeren Figuren sowie die etwas graphisch aufgefassten, leicht knöchern wirkenden Gesichter in Gegensatz zu jenen der Gemälde von Barnaba da Modena, die eine andere Körperlichkeit erkennen lassen.
Wie Giuliana Algeri richtig festgestellt hat, lässt unser Maler auch klare Bezüge zur sienesischen Malerei erkennen (siehe Algeri 1991 und 2011). Dies verwundert kaum, wenn wir uns den hybriden Charakter der spättrecentesken Malerei in Ligurien vor Augen halten, wo vorliegendes Bild offenkundig entstanden sein muss. In der Tat wurde die Malerei Liguriens, zunächst durch Barnaba da Modena geprägt, der sich dort seit circa 1360 für fast drei Jahrzehnte als höchst gefragter Maler etablierte (siehe Algeri 2011). Seine Vormachtstellung wurde im letzten Jahrzehnt des 14. Jahrhundert vom Sienesen Taddeo di Bartolo (um 1362–1422) durchbrochen, der ab circa 1390 wiederholt in Ligurien in Erscheinung tritt. Zu dieser Zeit gab auch der florentinische Maler Francesco di Michele (früher bekannt als Meister von Ponte a Mensola, tätig Ende 14. / Anfang 15. Jahrhundert) in Genua ein kurzes Gastspiel. Im Lichte dieser multikulturellen Situation der ligurischen Kunstproduktion muss auch vorliegende Tafel betrachtet werden. Wie erwähnt, ist diese aus dem künstlerischen Substrat des Barnaba da Modena hervorgegangen. Gleichzeitig jedoch weist es in der Komposition florentinische Bildideen auf und rezipiert solche des Taddeo di Bartolo: So entspricht der Bildaufbau der thronenden Madonna hinter einem von zwei Engel emporgehaltenen Throntuch den Bildideen wie sie in Florenz im Umfeld der Brüder Cione (tätig im 14. Jahrhundert) und anderen gängig waren (vgl. die an Cenni di Francesco di ser Cenni (tätig um 1369–1415) zugeschriebene Tafel, die am 21.7.1971 bei Sotheby's London als Los 106 veräussert wurde). Doch sind auch Bildideen Taddeo di Bartolos deutlich lesbar, wie man sie etwa von der Interpretation der Madonna dell' Umiltà in der Sammlung Crespi in Mailand kennt.
Folglich erweist sich das vorliegende Tafelbild in seinem hybriden Charakter als typisches Beispiel der spättrecentesken Malerei in Ligurien, die zu Beginn des 15. Jahrhunderts von Niccolò da Voltri bestimmt wird. Es erscheint als Prélude zu seiner Kunst und dürfte im letzten Jahrzehnt um 1390 und 1395 entstanden sein.
Wir danken Prof. Dr. Gaudenz Freuler für diesen Katalogeintrag.
CHF 30 000 / 50 000 | (€ 30 930 / 51 550)
Verkauft für CHF 30 800 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr