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Lot 3499 - A189 PostWar & Contemporary - Samstag, 29. Juni 2019, 14.00 Uhr

LOUISE NEVELSON

(Perejaslaw 1899 - 1988 New York)
Cloud II. 1984.
Holz, bemalt.
84 x 115 x 6,5 cm.

Provenienz:
- Galerie Alice Pauli, Lausanne (verso mit dem Etikett).
- Bei obiger Galerie 1986 vom heutigen Besitzer erworben, seitdem Privatsammlung Schweiz.

Ausstellung:
- Lausanne 1986, Louise Nevelson. Galerie Alice Pauli, April - Mai.
- Zürich 2010, Sammlung Sanduhr. J&P Fine Art, 10. März - 14. Mai 2010.

Literatur: Ausst.-Broschüre: Louise Nevelson. Sculptures and Reliefs, Galerie Alice Pauli, Lausanne 1986, Nr. 5 (mit Abb.).

„Louise Nevelson has a grandfarther, probably without even knowing it: Kurt Schwitters.“ Hans Arp

1899 wird Louise Nevelson als Leah Berliawsky in Kiew geboren und emigriert mit ihren Eltern 1905 nach Rockland/Maine. 1920 heiratet sie und nimmt den Namen ihres Mannes an, mit dem sie nach New York geht. 1929/30 studiert sie an der Art Students League in New York und beginnt 1931 ihr Studium bei Hans Hofmann, zunächst in München, dann in New York. Während ihres Europaaufenthaltes lernt sie im Pariser Musée de l’Homme afrikanische Skulpturen kennen, die sie nachhaltig beeinflussen. Zurück in New York arbeitet sie als Assistentin von Diego Rivera. Früh hat sie Ausstellungen, z.B. in der Galerie Nierendorf in New York. 1962 nimmt sie an der Biennale in Venedig teil, 1964 und 1968 an der documenta in Kassel. Das Whitney Museum of American Art in New York richtet ihr 1967 die erste umfassende Retrospektive aus. 1983 wird Nevelson die „Gold Medal Sculpture“ der American Academy of Arts and Letters verliehen. 1988 stirbt sie in New York.

Louise Nevelson widmet ihr gesamtes künstlerisches Oeuvre der Skulptur. Zunächst experimentiert sie mit Terrakotta und Bronze, bis sie dann zu Beginn der 1940er das Holz für sich entdeckt. Nicht die Formbarkeit von Holz ist für die Künstlerin von Interesse, sondern seine „life experience“, und so verwundert es nicht, dass sie weggeworfenes Holz in den Strassen New Yorks sammelt und in ihren Reliefs verwendet. Immer arbeitet sie monochrom und fast immer bemalt sie ihre Skulpturen schwarz: „I don’t think I chose for black. I think it chose me for saying something. You see, it says more for me than anything else. In the academic world, they used to say black and white were no color, but I’m twisting that to tell you that for me it is the total color. It means totality. It means: contains all.“ (Louise Nevelson)

Die absolute Hingabe zum Monochromen beweist Nevelsons Souveranität im Umgang mit der Skulptur, denn um ihren Werken Leben ein zu hauchen, benötigt sie keine Farbe, sondern nur den meisterlichen Umgang mit Holz. Zu Beginn erforscht sie freistehende, dreidimensionale Skulpturen. Da sie jedoch streng genommen nur eine Vorderseite und vielleicht eine Rückseite bearbeitet, und ihnen somit aber die Allansicht einer dreidimensionalen Arbeit fehlt, wendet sich Nevelson schnell den Wandreliefs zu. Die Idee dieser so prägnanten Wandreliefs hat ihre Wurzeln in Nevelsons Studium bei Hans Hofmann. So hat sie ein profundes Wissen über die europäische Kunst, und wir finden unterschiedlichste Anleihen. Am prägendsten ist wohl der Kubismus eines Pablo Picasso gewesen, aber die methaphysische Malerei de Chiricos und Morandis findet sich in ihrem Werk ebenso wieder. Letztendlich spielen auch Marcel Duchamp und der Dadaismus eine grosse Rolle. Aus all diesen Einflüssen zieht Nevelson für ihr Oeuvre Erkenntnisse, entwickelt ihre Skulpturen und beschreitet ihren eigenen, unverkennbaren Weg in der Kunst des 20. Jahrhunderts.

Die zwei hier angebotenen Arbeiten von 1984/85 sind typische Beispiele für ihr reifes Werk. Die Arbeiten sind immer streng frontal, die Gliederung geschieht durch Kästen, die jedoch mit immer komplexeren Kompositionen präsent sind, aber ein wenig in den Hintergrund treten. Die einzelnen Objekte werden effektvoll neben- und übereinander platziert, wobei die Auswahl und Zusammensetzung etwas Intimes und Geheimnisvolles hat.

„The City“ (Los 3501) besticht durch seine Tiefe, die auf den ersten Blick erstaunen mag, sobald der Betrachter aber die kleinen zu öffnenden Fächer und Türen findet, erklärt sie sich. Auch der Titel scheint sich mit diesen Entdeckungen zu erschliessen – wie in einer unbekannten Stadt, erkundet der Betrachter Nevelsons Werk und findet verborgene Türen und Räume.

„Clouds II“ zeichnet sich durch flachere, aber aufwendiger kombinierte Einzelstücke aus. Fast scheint es, als würde die Künstlerin einzelne Wolkenformationen darstellen. Schon immer unbewusst, aber in ihrem reifen Werk ganz bewusst erschafft sie mit ihren Reliefs „Environments“. Sie selbst erläutert:“ Because art, sculpture in particular, is so lively, so full of life, you naturally want everything from life, so you create an environment, but even that environment becomes a sculpture. It is not really created for a public but for your own eyes. It is a party for myself.“ Der Betrachter wird in diese „Umgebung“ hineingezogen – für ihn gibt es viele Objekte und Details zu entdecken, Bekanntes, aber auch Objekte, die er nicht sofort zuordnen kann. Mit der Zeit beginnt er, Zusammenhänge und Verbindungen zwischen den Elementen herzustellen und erschliesst sich das Kunstwerk mit seiner eigenen Assoziationskraft.

Mit ihren Wandreliefs schafft Louise Nevelson in einer bis dahin und noch heute fast ausschliesslich männlichen Kunstgattung ein beeindruckendes, autarkes Oeuvre, das die Monumentalität nicht scheut, und sie zu einer der bedeutendsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts macht.

CHF 50 000 / 70 000 | (€ 51 550 / 72 160)


Verkauft für CHF 73 500 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr