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Lot 3057* - A189 Schweizer Kunst - Freitag, 28. Juni 2019, 14.00 Uhr

FERDINAND HODLER

(Bern 1853–1918 Genf)
Schreitende. Um 1910.
Öl auf Leinwand.
Unten rechts signiert: F. Hodler.
46,5 × 40 cm.

Provenienz:
- Moderne Galerie Heinrich Thannhauser, München.
- Emilie und Erwin Stiebel, Ascona, erworben durch Siegfried Rhonheimer Ende der 20er-Jahre direkt bei Thannhauser.
- Durch Erbgang in heutigen Privatbesitz, Schweiz.

Literatur:
Oskar Bätschmann und Paul Müller: Ferdinand Hodler. Catalogue raisonné der Gemälde, Bd. III-2, Die Figurenbilder, Zürich 2017, S. 412, Nr. 1461 (mit Abb.).

Ferdinand Hodler malte um 1910 eine Reihe von zehn Frauenfiguren mit tänzerisch ausschreitender Beinstellung und über die Schulter zurückgeworfenem Blick, die heute als Gruppe unter dem Titel „Schreitendes Weib“ zusammengefasst werden (WV Nrn. 1459-1468). Der zurückgewandte Blick findet sind in der gleichen Zeit auch auf anderen Portraits und ganzfigurigen Frauendarstellungen wieder. Verschiedentlich wurde fälschlicherweise angenommen, die „schreitenden Weiber“ seien in Zusammenhang mit Hodlers Vorbereitungen zu „Blick ins Unendliche“ entstanden. Eine Frauendarstellung der Serie (WV Nr. 1463), deren Beinbewegung bereits eine Weiterentwicklung aus den ersten Bildern dieser Gruppe zeigt, war aber bereits im Juli 1910 öffentlich zu sehen. Mit den Skizzen zu „Blick ins Unendliche“ begann Hodler dagegen erst im Herbst desselben Jahres. (vgl. Regula Bolleter in: Hodler, Catalogue raisonné der Gemälde, Bd. 3, SIK 2017, S 411).

Unser Werk gehört zu den ersten Bildern der Gruppe, auf denen die (im angebotenen Bild sogar ganz von Stoff bedeckte) Schrittstellung noch zurückhaltend ausfällt und die Hände vor der Brust aufeinandergelegt sind. Als einzige steht unsere Figur zudem auf einer beinahe den gesamten Bildraum einnehmenden Wiese, deren Grüntöne die Schreitende ganz umfangen.

Vorbild für die Figur war die italienische Tänzerin Giulia Leonardi, der Ferdinand Hodler 1910 zum ersten Mal begegnete und die in den folgenden drei Jahren für zahlreiche Bildnisse und ganzfigurige Kompositionen Modell stand.

Die in leuchtendem Blau gekleidete Tänzerin lässt an die würdevolle Ausstrahlung klassisch-antiker Skulpturen denken und bringt in ihrer Haltung ausserdem grosse Empfindsamkeit und Verinnerlichung zum Ausdruck. Hodlers Komposition mit hoch angesetzter Horizontlinie, abstrahiertem Landschaftshintergrund und reduzierter Vegetation schafft eine eindrückliche Monumentalisierung der Figur. Das leuchtende Kolorit des Gemäldes – insbesondere die Behandlung der Schatten als opalgrüne Flächen und der Lichthöhungen als zinkgelbe Streifen und Schimmer auf den Hautpartien sowie die Betonung der übereinandergelegten Hände mittels roter Konturen – erweist sich als gewagt und in seiner Expressivität der internationalen zeitgenössischen Avantgarde in nichts nachstehend.

Das hier vorgestellte Werk ist seit seinem Ankauf bei Thannhauser erstmals öffentlich zu sehen und war seit den 20er Jahren nie mehr auf dem Markt.

CHF 280 000 / 360 000 | (€ 288 660 / 371 130)


Verkauft für CHF 350 000 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr