Lot 3222* - A187 Impressionismus & Moderne - Freitag, 07. Dezember 2018, 16.00 Uhr
EMIL NOLDE
(Nolde 1867–1956 Seebüll)
Doppelbild (Sie seltsames Licht). 1918.
Öl auf Leinwand.
Unten rechts signiert: Emil Nolde.
60,6 x 56,2 cm.
Provenienz:
- Urban Kraut, Braunschweig.
- Albrecht Haselbach, München (um 1925).
- Richard L. Feigen & Co., New York, 1957.
- Galerie Grosshenning, Düsseldorf.
- Franz Heinrich Ulrich, Düsseldorf, bei obiger Galerie erworben.
- Christie's, London, 23. Juni 2015, Los 49.
- Privatsammlung Schweiz, an obiger Auktion erworben.
Ausstellungen:
- Frankfurt a. M. 1957, Emil Nolde, Kunstkabinett Hanna Bekker vom Rath, Juli - August 1957, Nr. 3 (mit Abb., „Doppelbildnis (Paar) um 1920“).
- New York 1958, Emil Nolde, The New Gallery, September - Oktober 1958, Nr. 6 (“Old Man with Wife 1915").
Literatur:
- Urban, Martin: Emil Nolde. Werkverzeichnis der Gemälde, Bd. II (1915-1951), München 1987, S. 175, Nr. 810 (mit Abb.).
- Heuser, Margret: Ein Leben mit der Kunst. Wilhelm Grosshenning, Düsseldorf 1986, S. 52 (mit Abb.).
Neben den Landschaften seiner norddeutschen, respektive dänischen Heimat sind Bildnisse das zweite grosse Thema in Emil Noldes Kunst. Im Gesamtwerk nehmen sie nicht nur grossen Raum ein, in ihnen spiegelt sich zugleich das besondere Interesse des Malers an der menschlichen Seele wider. Denn Nolde ist kein Porträtist im eigentlichen Sinn, sondern vielmehr auf der Suche nach dem psychologischen Abbild seines Gegenübers, oft sind es Freunde und nahe Verwandte. Darüber hinaus interessieren ihn auch biblische und mythische Themen. Ein wichtiger Teil von Noldes Figurenbildern sind Paardarstellungen. Die Kunsthalle in Emden widmete 2006/07 dem Thema die Ausstellung "Emil Nolde - Paare", welche viele bedeutende Werke aus der Nolde Stiftung zeigte, wie zum Beispiel das ebenfalls 1918 gemalte Werk "Bruder und Schwester".
Im Frühwerk Noldes sind die Paare noch als Figuren in einer Landschaft angelegt. Ab 1910 jedoch vollzieht Nolde den entscheidenden Schritt hin zur Fokussierung auf Oberkörper und Gesicht der Dargestellten. Seit dem ausgehenden Mittelalter ist das halbfigürliche Doppelporträt die übliche Darstellungsform von verheirateten Paaren. Nolde geht es aber in seinen Versionen um die Darstellung einer grundsätzlichen Natur von verschiedenen menschlichen Bindungen.
Nolde zeigt uns dieses Doppelporträt von Mann und Frau in warmen und ausdrucksstarken Tönen, gemalt mit dicken und großzügigen Pinselstrichen. Der Maler gibt uns keine Hinweise wer das Paar ist, und wie sie zueinander in Beziehung stehen. Die Individuen spielen wie bei seinen Maskenbildern oder den Dokumentationen seiner 1913/14 mit seiner Frau Ada unternommenen Südseereise keine oder nur eine untergeordnete Rolle. Es geht ihm vielmehr um die Typisierung der Beziehung der beiden.
Die Dargestellten sind sich sehr nahe und fügen sich kompositorisch durch die unterschiedlichen Profilansichten ineinander. Der Farbmagier Nolde malt die Augen beider Protagonisten tiefblau leuchtend, die Lippen in starkem Rot, die Gesichter in gelblichen Farbschlieren. Dadurch soll die Wesenseinheit der beiden farblich betont werden.
Aber auch ihre Verschiedenheit kommt zum Ausdruck: Der Mann ist im Seitenprofil gezeigt, die Frau davor im Dreiviertelprofil. Sie blicken in verschiedene Richtungen. Sie trägt Blau, er Rot. Wie bei den meisten von Noldes Paarbildern fällt auf, dass sich dieser bewusst und sehr gekonnt mit der den Doppelporträts zugrundeliegenden Ambivalenz auseinandersetzt.
Nolde selbst sagt in seinen Erinnerungen über seine Werke, sehr passend auch zu diesem „Doppelbild“:
„Umschreiben kann ich meine Bilder nicht. Im Gemalten selbst ist gesagt, was ich sagen konnte. Nur im allgemeinen vielleicht kann ich ein wenig anfügen. Die Zweiheit hatte in meinen Bildern und auch in der Graphik einen weiten Platz erhalten. Mit- oder gegeneinander: Mann und Weib, Lust und Leid, Gottheit und Teufel. Auch die Farben wurden einander entgegengestellt: kalt und warm, hell und dunkel, matt und stark. Meistens aber doch, nachdem eine Farbe oder ein Akkord wie selbstverständlich angeschlagen war, bestimmte eine Farbe die andere, ganz gefühlsmässig und gedankenlos tastend in der ganzen herrlichen Farbenreihe der Palette, in reiner sinnlicher Hingabe und Gestaltungsfreude. Die Form war fast in wenigen struktiven Linien festgelegt, bevor die Farbe weiterbildend in sicherer Empfindung gestaltend sich auswirkte. Farben, das Material des Malers: Farben in ihrem Eigenleben, weinend und lachend, Traum und Glück, heiss und heilig, wie Liebeslieder und Erotik, wie Gesänge und Choräle!“ (Nolde, Emil: Jahre der Kämpfe, Köln 2002, S. 200).
- Urban Kraut, Braunschweig.
- Albrecht Haselbach, München (um 1925).
- Richard L. Feigen & Co., New York, 1957.
- Galerie Grosshenning, Düsseldorf.
- Franz Heinrich Ulrich, Düsseldorf, bei obiger Galerie erworben.
- Christie's, London, 23. Juni 2015, Los 49.
- Privatsammlung Schweiz, an obiger Auktion erworben.
Ausstellungen:
- Frankfurt a. M. 1957, Emil Nolde, Kunstkabinett Hanna Bekker vom Rath, Juli - August 1957, Nr. 3 (mit Abb., „Doppelbildnis (Paar) um 1920“).
- New York 1958, Emil Nolde, The New Gallery, September - Oktober 1958, Nr. 6 (“Old Man with Wife 1915").
Literatur:
- Urban, Martin: Emil Nolde. Werkverzeichnis der Gemälde, Bd. II (1915-1951), München 1987, S. 175, Nr. 810 (mit Abb.).
- Heuser, Margret: Ein Leben mit der Kunst. Wilhelm Grosshenning, Düsseldorf 1986, S. 52 (mit Abb.).
Neben den Landschaften seiner norddeutschen, respektive dänischen Heimat sind Bildnisse das zweite grosse Thema in Emil Noldes Kunst. Im Gesamtwerk nehmen sie nicht nur grossen Raum ein, in ihnen spiegelt sich zugleich das besondere Interesse des Malers an der menschlichen Seele wider. Denn Nolde ist kein Porträtist im eigentlichen Sinn, sondern vielmehr auf der Suche nach dem psychologischen Abbild seines Gegenübers, oft sind es Freunde und nahe Verwandte. Darüber hinaus interessieren ihn auch biblische und mythische Themen. Ein wichtiger Teil von Noldes Figurenbildern sind Paardarstellungen. Die Kunsthalle in Emden widmete 2006/07 dem Thema die Ausstellung "Emil Nolde - Paare", welche viele bedeutende Werke aus der Nolde Stiftung zeigte, wie zum Beispiel das ebenfalls 1918 gemalte Werk "Bruder und Schwester".
Im Frühwerk Noldes sind die Paare noch als Figuren in einer Landschaft angelegt. Ab 1910 jedoch vollzieht Nolde den entscheidenden Schritt hin zur Fokussierung auf Oberkörper und Gesicht der Dargestellten. Seit dem ausgehenden Mittelalter ist das halbfigürliche Doppelporträt die übliche Darstellungsform von verheirateten Paaren. Nolde geht es aber in seinen Versionen um die Darstellung einer grundsätzlichen Natur von verschiedenen menschlichen Bindungen.
Nolde zeigt uns dieses Doppelporträt von Mann und Frau in warmen und ausdrucksstarken Tönen, gemalt mit dicken und großzügigen Pinselstrichen. Der Maler gibt uns keine Hinweise wer das Paar ist, und wie sie zueinander in Beziehung stehen. Die Individuen spielen wie bei seinen Maskenbildern oder den Dokumentationen seiner 1913/14 mit seiner Frau Ada unternommenen Südseereise keine oder nur eine untergeordnete Rolle. Es geht ihm vielmehr um die Typisierung der Beziehung der beiden.
Die Dargestellten sind sich sehr nahe und fügen sich kompositorisch durch die unterschiedlichen Profilansichten ineinander. Der Farbmagier Nolde malt die Augen beider Protagonisten tiefblau leuchtend, die Lippen in starkem Rot, die Gesichter in gelblichen Farbschlieren. Dadurch soll die Wesenseinheit der beiden farblich betont werden.
Aber auch ihre Verschiedenheit kommt zum Ausdruck: Der Mann ist im Seitenprofil gezeigt, die Frau davor im Dreiviertelprofil. Sie blicken in verschiedene Richtungen. Sie trägt Blau, er Rot. Wie bei den meisten von Noldes Paarbildern fällt auf, dass sich dieser bewusst und sehr gekonnt mit der den Doppelporträts zugrundeliegenden Ambivalenz auseinandersetzt.
Nolde selbst sagt in seinen Erinnerungen über seine Werke, sehr passend auch zu diesem „Doppelbild“:
„Umschreiben kann ich meine Bilder nicht. Im Gemalten selbst ist gesagt, was ich sagen konnte. Nur im allgemeinen vielleicht kann ich ein wenig anfügen. Die Zweiheit hatte in meinen Bildern und auch in der Graphik einen weiten Platz erhalten. Mit- oder gegeneinander: Mann und Weib, Lust und Leid, Gottheit und Teufel. Auch die Farben wurden einander entgegengestellt: kalt und warm, hell und dunkel, matt und stark. Meistens aber doch, nachdem eine Farbe oder ein Akkord wie selbstverständlich angeschlagen war, bestimmte eine Farbe die andere, ganz gefühlsmässig und gedankenlos tastend in der ganzen herrlichen Farbenreihe der Palette, in reiner sinnlicher Hingabe und Gestaltungsfreude. Die Form war fast in wenigen struktiven Linien festgelegt, bevor die Farbe weiterbildend in sicherer Empfindung gestaltend sich auswirkte. Farben, das Material des Malers: Farben in ihrem Eigenleben, weinend und lachend, Traum und Glück, heiss und heilig, wie Liebeslieder und Erotik, wie Gesänge und Choräle!“ (Nolde, Emil: Jahre der Kämpfe, Köln 2002, S. 200).
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Verkauft für CHF 1 000 000 (inkl. Aufgeld)
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