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Lot 3701* - A185 Grafik & Multiples - Samstag, 30. Juni 2018, 10.30 Uhr

FRANZ GERTSCH

(Mörigen 1930–2022 Riggisberg)
Dominique. 1988.
Farbiger Holzschnitt. 7/18. Verso mit Bleistift signiert: Franz Gertsch. Darstellung 234 x 181 cm auf Japanpapier von Heizoburo 275 x 219 cm. Erschienen beim Künstler und Turske & Turske, Zürich. Gedruckt vom Künstler und Nik Hausmann.

Provenienz:
- Atelier des Künstlers.
- Direkt beim Künstler vom heutigen Besitzer erworben, seitdem Privatsammlung Süddeutschland.

Werkverzeichnis: Mason, Nr. 8c.

Literatur:
- Ausst.Kat.: Franz Gertsch. Holzschnitte. Aus der Natur gerissen, Museum Sinclair-Haus, Bad Homburg, 10. März - 26. Mai 2013, Nr. 8 (anderes Exemplar).
- Ausst.Kat.: Franz Gertsch. Holzschnitte und Malerie auf Papier, Kunstmuseum Bern, September/November 1994 (anderes Exemplar).


“Dominique“ ist für mich von grosser Bedeutung, weil hier die landschaftliche Auffassung des Porträts, die reine Idee des Holzschnitts und das Einbetten in einen monochromen Farbraum erstmals zusammenkommen“ Franz Gertsch

Der Schweizer Franz Gertsch gehört mit seinen monumentalen Holzschnitten zu den bedeutendsten und einflussreichsten Druckgrafikern der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. „Die Absicht bei den Holzschnitten war von Anfang an, mir einen alten Traum zu erfüllen – den von einem monochrom realistischen Bild“ (zit. Franz Gertsch, in: Ausst.Kat.: „Franz Gertsch. Holzschnitte und Malerei auf Papier, Kunstmuseum Bern, September – November 1994, S. 56). So beschliesst er 1986 sich ausschliesslich dem Holzschnitt zu widmen. Dabei will er aber nicht auf Grossformate, wie er sie von den Gemälden gewohnt gewesen ist, verzichten und steht vor der Herausforderung, zunächst den technischen Ablauf des Holzschnitts anzupassen.

Er grundiert sein Langholz blau, stellt es senkrecht auf und beginnt mit unterschiedlichen Hohleisen den Holzstock zu punktieren. Wie er selbst sagt, hebt er so die Lichtflächen aus; gedruckt werden dann später die Schattenflächen. Je nach Anordnung und Intensität der geschnittenen Punkte und Striche schafft er unterschiedliche Lichteinfälle und Lichtintensität; „er baut ein zeichnerisches System durch Hell-Dunkelkontraste auf“ (zit. Helmut Friedel, in: Mason, Rainer Michael: Franz Gertsch. Holzschnitte, München 1991, S. 115). Die Grundierung hilft dem Künstler dabei, die Schnittarbeit einfacher zu überprüfen. Auch die immer wieder eingeschaltete Projektion des Fotos, das als Grundlage der Komposition dient, ist eine Orientierungshilfe und dient der Kontrolle während des Schaffensprozess, denn Gertsch macht während des Schneidens keine Zustandsdrucke. Erst wenn der gesamte Holzschnitt fertig ist, beginnt der Druckvorgang. Dafür wird der fertige Druckstock waagerecht hingelegt, von seinem Drucker der Breite nach vollkommen gleichmässig mit Farbe eingewalzt, mit Stützbrettern rund um die Platte geschützt und dann das zu bedruckende Papier darauf ausgerollt. Mit einer starken Konvexlinse (anstelle eines Falzbeins) beginnt das Abreiben, für das meistens vier Personen gebraucht werden, die regelmässig ihren Standort wechseln, um die Gleichmässigkeit des Abreibens zu gewähren. Jeder Abzug ist also ein Handabzug. Während die Erstellung des Druckstocks bis zu einem halben Jahr dauern kann, benötigt das eingespielte Team für den Abzug eines grossen Blattes etwa einen Tag. Das Papier ist eine handgeschöpfte Spezialanfertigung, die Gertsch von Iwano Heizoburo aus Japan bezieht; auch die verwendeten Farbpigmente stammen aus Japan. Jedes Motiv wird in unterschiedlichen Farben gedruckt, die vom Künstler bewusst gewählt werden und deren Helligkeits- und Farbfolgen eine Bildidee zu Grunde legen.

Sowohl in seinen Gemälden als auch in seinen Holzschnitten widmet er sich ausschliesslich den traditionellen Motiven des Porträts und der Landschaft, wobei auch die Porträts für Gertsch eine landschaftliche Auffassung haben. Als er sich entschliesst ausschliesslich Holzschnitte zu machen, widmet er sich zunächst den Porträts. Während er bei „Natascha“ noch mit unterschiedlichen Druckstöcken, damit auch unterschiedlichen Farben experimentiert, und das Motiv noch seitenrichtig auf dem Druckstock ist, schneidet er „Dominique“ schon seitenverkehrt (wie es für den Holzschnitt typisch ist) und beschränkt sich auf einen Stock.

Franz Gertsch verfolgt mit seinen Porträts ein klares Schema: Es sind immer Frauenporträts in Frontalansicht und Bruststücke. Sie bestechen durch ihre unglaubliche Detailliertheit und Monumentalität. „Aus der Nähe betrachtet entwickelt Gertsch eine Struktur aus millimetergrossen Aushüben, die in dichter Folge in der homogenen Fläche stehen. Im Detail betrachtet ergibt sich ein klares Verhältnis von nebeneinander liegenden hellen und dunklen Flächen. Aus der Entfernung hingegen, und diese fordert die Grösse seiner Holzschnitte unweigerlich heraus, verdichten sich die einzelnen „Lichtpunkte“ zu Helligkeiten, die in Kontrast zu den farbigen, dunkleren Partien als Beleuchtungen des Gegenstandes gesehen werden.“ (zit. Helmut Friedel, in: ebenda, S. 115).
Neben der Lichtführung, stellt der Ausdruck der Portärtierten eine Herausfoderung da, wie Gertsch selbst erzählt: „Sobald man ein Mädchen, eine june Frau, photographiert, will sie sich darstellen, charmiert irgendwie. Das zu brechen ist auch beim Photographieren die Aufgabe. Sie müssen nur sein, nur schauen. Mein Bestreben geht dahin, Wesenheiten darzustellen.“ (zit. Franz Gertsch, ebenda S. 32)

CHF 120 000 / 180 000 | (€ 123 710 / 185 570)


Verkauft für CHF 168 500 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr