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Lot 3429* - A183 PostWar & Contemporary - Samstag, 09. Dezember 2017, 14.00 Uhr

JOHANNES ITTEN

(Wachseldorn 1888–1967 Zürich)
Zweiklang. 1964.
Öl auf Leinwand.
Verso signiert und datiert: Itten 1964.
60 x 60 cm.

Provenienz: Ehemals Sammlung Dr. W. Rotzler, Zürich.

Literatur: Rotzler, Willy/Itten, Anneliese: Johannes Itten. Werke und Schriften, Zürich 1978, Kat.Nr. 1146.

Ausstellungen:
- Venedig 1966, Johannes Itten, Walter Link. 33. Biennale, Schweizer Pavillon, Juni-Oktober (verso mit dem Etikett).
- Bern 1971, Gesamtausstellung. Kunsthalle Bern, September - Oktober, Kat.Nr. 194 (verso mit dem Etikett).
- Unterengstringen 1976, Johannes Itten, Bilder und Studien. Schulhaus Büel, 24. April - 13. Mai (verso mit dem Etikett).
- Ulm 1976, Johannes Itten, Bilder und Studien. Kunstverein, 30. Mai - 4. Juli (Kat.Umschlag) (verso mit dem Etikett).
- Münster 1980, Johannes Itten. Gemälde, Gouachen, Aquarelle, Tuschen, Zeichnungen. Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, 24. August - 5. Oktober, Kat.Nr. 59 (verso mit dem Etikett).

„Jedes künstlerische schöpferische Werk beginnt mit einer Liebesregung des Herzens, wächst, tritt in das Bewusstsein des Künstlers, wird durch den Verstand konstruktiv gefestigt, durch die Sinne an der Aussenwelt und den Darstellungsmitteln kontrolliert und gemessen, schliesslich in der Stunde der Geburt ausgestossen, durch liebevolle und verständige Pflege bis zur selbstständigen Gestalt zur Reifung gebracht.“ Johannes Itten

Johannes Itten gehört zu den faszinierendsten Künstlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Er setzt nicht nur Massstäbe in der Malerei, sondern auch in der Kunsttheorie und –pädagogik. Kaum ein anderer Künstler erkennt und lebt Kunst allumfassend so konsequent wie Itten.

1888 im Berner Oberland in eine Bauernfamilie geboren, tritt Johannes Itten 1904 in die Fussstapfen seines Vaters und beginnt eine Ausbildung als Lehrer am Kantonal-Bernischen Lehrerseminar. Schon 1909 trifft er den Entschluss, Maler zu werden, ist aber mit dem Kunststudium in Genf nicht zufrieden. Neben Künstlern und Musikern lernt er dort zu dieser Zeit aber Eugène Gillard kennen, dessen Buch zu den Grundlagen der Gestaltung für den jungen Künstler massgeblich für seine eigene Kunsttherorie sein wird. 1913 zieht er dann als Schüler von Adolf Hölzel nach Stuttgart, was den Beginn seiner künstlerischen Karriere bedeutet. Bei Hölzel lernt er die farb-formale Analyse und wird bald zu seinem Meisterschüler. Schnell wendet sich Itten der abstrakten Malerei zu und entwickelt in kürzester Zeit seinen eigenen, unabhängigen Stil. Sozusagen als Abschied von seinem Lehrer Hölzel organisiert dieser ihm eine Ausstellung bei Herwarth Walden, was den grossen Respekt und die Zuneigung zwischen Lehrer und Schüler belegt. 1916 zieht es den jungen Künstler nach Wien, wo er als Lehrer einer privaten Kunstschule erstmals sein pädagogisches Konzept, an dem er über Jahre gearbeitet hat, an einer Institution austesten und weiterentwickeln kann. Hier lernt er Alma Mahler kennen, die ihn mit Walter Gropius bekannt macht.

Mit der Gründung der Bauhaus-Schule 1919 in Weimar erschafft Gropius etwas Einmaliges und noch nie Dagewesenes: erstmals werden die bildenden Künste, die darstellenden Künste und die angewandten Künste gleichgestellt unterrichtet mit dem gemeinsamen Ziel der Entstehung eines Gesamtkunstwerkes unter dem Primat der Funktionalität. Itten wird Lehrer des sognannten Vorkurses, in dem die Studenten die Grundlagen für Form- und Farbgestaltung und Form- und Farbgesetze lernen, aber nach Ittens Vorstellung auch die Selbsterkenntnis erlangen sollen, in welchem Bereich der Künste ihre Stärken liegen. Schnell geraten Johannes Itten, der in seiner Lehrtätigkeit auch einen missionarischen Auftrag sieht, den er emotional verfolgt und verteidigt, und der eher rationale, vernunftgesteuerte Walter Gropius aneinander und trennen sich bereits 1922 wieder. 1929 eröffnet Itten seine eigene Schule in Berlin und wird 1932 auch Lehrer an der neugegründeten Fachschule für Textile Flächenkunst in Krefeld. Als ehemaliger Bauhauslehrer zählt Itten nach der Machtergreifung 1933 zu den „entarteten Künstler“, was in den 1930er Jahren zu der Schliessung beider Kunstschulen führt. 1938 entschliesst er sich zur Rückkehr in seine Heimat und tritt die Direktorenstelle der Kunstgewerbeschule und des Kunstgewerbemuseums in Zürich an. Sein schon seit langer Zeit bestehendes grosses Interesse für asiatische Kunst und Philosphie gipfelt dann 1952 in der Gründung des Museums Rietberg in Zürich, das er bis 1956 auch leitet.

Seit dem Abschluss seines Studiums bei Adolf Hölzel 1916 bis zu seiner Rückkehr in die Schweiz liegt Johannes Ittens Fokus auf der Lehre und ihrer Weiterentwicklung. Er hat zahlreiche Lehrtätigkeiten inne und hält weltweit unzählige Vorträge. Das Schaffen von Kunst ist in dieser Zeit aber auch ein wichtiger Bestandteil, wobei es eher dem Ausprobieren seiner Theorien dient, und er schöpft Energie aus dem kreativen Arbeiten.

In seiner letzten Lebensphase liegt sein Augenmerk dann wieder auf der Malerei, und er schafft ein herausragendes Spätwerk, aus dem auch das hier angebotene Werk „Zweiklang“ stammt. Die streng quadratische Form des Gemäldes wird durch kleine, aber nicht gleichgrosse Rechtecke unterteilt, die wiederum durch Halb- bzw. Vollkreise unterbrochen werden. Verschiedene Schattierungen von Blau und Rot verleihen der Komposition eine warme Strahlkraft, die den Betrachter in ihren Bann zieht. Das Werk beweist deutlich Ittens Bekanntschaft mit den Zürcher Konkreten, die in den 1960er Jahren die avantgardistische Kunst in der Schweiz dominieren. Dennoch dokumentieren die kleinen Unregelmässigkeiten und Verstösse gegen die Geometrie seinen eigenen, unabhängigen Stil.

CHF 30 000 / 50 000 | (€ 30 930 / 51 550)


Verkauft für CHF 102 500 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr