Lot 3031* - A174 Gemälde Alter Meister - Freitag, 18. September 2015, 15.00 Uhr
JAN VAN KESSEL d. Ä.
(1626 Antwerpen 1679)
Blick in eine Gemäldegalerie mit Allegorie des Gesichts. Um 1660.
Öl auf Leinwand.
64,8 × 94 cm.
Gutachten:
Dr. Klaus Ertz, 15.2.1999.
Provenienz:
- Galerie Asenbaum, Wien, 1966 (als Schule von Antwerpen).
- Auktion Christie's, London, 13.12.1991, Los 156 (als Schule von Antwerpen, um 1660).
- Privatsammlung.
- Auktion Sotheby's, London, 17.12.1998, Los 116 (als Schule von Antwerpen, um 1660).
- Galerie d'Art St. Honoré, Paris.
- Europäische Privatsammlung.
Literatur:
- Kurt Wettengl und Ekkehard Mai (Hg.): Wettstreit der Künste. Malerei und Skulptur von Dürer bis Daumier, München / Köln 2002, Kat. Nr. 168, S. 385. - Weltkunst 9, 2004, S. 26 mit Abb.
- Klaus Ertz und Christa Nitze-Ertz, Christa: Die Maler Jan van Kessel, Lingen 2012, Kat. Nr. 686, Text S. 121, Abb. 122.
In einem mit Gemälden, Plastiken und Kunstgegenständen reich ausgestatteten Galerieraum sitzt eine weibliche Figur, die gleichsam als Venus oder Juno zu deuten ist, mit einem Spiegel bei der Toilette, rechts daneben hält ein Amor oder Putto ihr ebenfalls einen Spiegel vor. Weiter rechts öffnet sich der Blick auf eine weite Flusslandschaft mit der Stadt Antwerpen im Hintergrund. Die so angeordneten Kunstgegenstände und Kuriositäten sind in Zusammenhang mit der auf Eitelkeit hindeutenden Figur im Zentrum als Allegorie des Sehsinns zu verstehen. Tatsächlich galt "der Sehsinn (...) seit der frühen Neuzeit als wichtigstes Organ der Erkenntnis und wurde unter den fünf Sinnen am höchsten bewertet. Gleichzeitig galt er Theologen als Quelle der Verführung durch die sinnlich-materiellen Verlockungen des Lebens. Die in der Kunstkammer ausgebreiteten Sammlungsgegenstände führen die positiven wie negativen Aspekte des Gesichts in ihrer Ambivalenz vor" (Wettengl 2002, S. 385-386). Die wissenschaftlichen Instrumente spielen auf die Leistungen der wissenschaftlichen Erforschung der Welt und deren Entdeckung an, in deren Folge Antwerpen zur Handelsstadt aufstieg und zu jenem Reichtum gelangte, der die Künste und Wissenschaften förderte. Die in der Mitte liegenden Münzen und Muscheln deuten auf Exotik, Erkenntnis aber auch auf Eitelkeiten hin. Sie liegen zwischen einem Stillleben mit Früchten und Austern und dem Gemälde "Christus heilt einen Blinden". Das Stillleben, insbesondere die darin dargestellten Austern, steht dabei für die Verführbarkeit des Menschen durch den Sehsinn und die damit verbundene Oberflächlichkeit seines Daseins. Diese Aussage wird durch den Affen, der zwar mit Brille vor dem Gemälde sitzt, aber dennoch zu keiner höheren Einsicht gelangen wird, nochmals hervorgehoben. Das geistige Sehen und die Rolle der Malerei als Medium der Erkenntnis sind somit das zentrale Thema dieses Kunstkammerbildes, das von Jan van Kessel mit feinstem Pinselstrich umgesetzt wurde und einen hohen ästhetischen Reiz bietet.
Wie sein Onkel, Jan Brueghel d. J., und viele Maler seiner Zeit, knüpft van Kessel mit dem hier angebotenen Gemälde an das malerische Werk Jan Brueghels d. Ä. an. So orientiert sich die Komposition an der "Allegorie des Gesichts" und der "Allegorie des Gehörs" von Jan Brueghel d. Ä. und Peter Paul Rubens aus dem Jahr 1617, heute im Museo del Prado in Madrid (Inv. Nr. 1394 und 1395, siehe Ertz, Klaus: Jan Brueghel d. Ä. (1568-1625), Lingen 1979, S. 332, Kat. Nr. 327 und S. 350, Kat. Nr. 329, Abb. 399 und 420). Noch deutlicher ist der Vergleich zu "Venus und Amor in einem Galerieraum" von Jan Brueghel. d. J., heute im Philadelphia Museum of Art (um 1660, Öl auf Kupfer, 58 x 90 cm, Inv. Nr. 656).
In seinem Gutachten datiert Klaus Ertz das hier angebotene Gemälde zwischen 1650 und 1670, Kurt Wettengl um 1650-60 (siehe Literatur). Stilistisch vergleichbare Kompositionen Jan van Kessels d. Ä. sind etwa die Gegenstücke "Kabinett mit Putten" von 1664 aus dem Palazzo Pitti in Florenz (Inv. 1890 Nr. 1216 und 1199, Öl auf Kupfer, 19 x 25 cm) oder die "Kunstkammer mit Allegorie des Gesichts" aus Antwerpener Privatbesitz, das 1659 datiert ist (siehe Bernt, Walther: Die niederländischen Maler und Zeichner des 17. Jahrhunderts, München 1969, Bd. II, Nr. 658). Die zentrale Figur der Juno oder Venus und des Putto bzw. Amor sowie die antiken Skulpturen vor der Rückwand in unserem Gemälde könnten dabei von Abraham Willemsens (tätig um 1627-1672 in Antwerpen) gemalt worden sein, so die Vermutung im Auktionskatalog von 1991, deren sich Klaus Ertz in seinem Gutachten anschliesst.
Dr. Klaus Ertz, 15.2.1999.
Provenienz:
- Galerie Asenbaum, Wien, 1966 (als Schule von Antwerpen).
- Auktion Christie's, London, 13.12.1991, Los 156 (als Schule von Antwerpen, um 1660).
- Privatsammlung.
- Auktion Sotheby's, London, 17.12.1998, Los 116 (als Schule von Antwerpen, um 1660).
- Galerie d'Art St. Honoré, Paris.
- Europäische Privatsammlung.
Literatur:
- Kurt Wettengl und Ekkehard Mai (Hg.): Wettstreit der Künste. Malerei und Skulptur von Dürer bis Daumier, München / Köln 2002, Kat. Nr. 168, S. 385. - Weltkunst 9, 2004, S. 26 mit Abb.
- Klaus Ertz und Christa Nitze-Ertz, Christa: Die Maler Jan van Kessel, Lingen 2012, Kat. Nr. 686, Text S. 121, Abb. 122.
In einem mit Gemälden, Plastiken und Kunstgegenständen reich ausgestatteten Galerieraum sitzt eine weibliche Figur, die gleichsam als Venus oder Juno zu deuten ist, mit einem Spiegel bei der Toilette, rechts daneben hält ein Amor oder Putto ihr ebenfalls einen Spiegel vor. Weiter rechts öffnet sich der Blick auf eine weite Flusslandschaft mit der Stadt Antwerpen im Hintergrund. Die so angeordneten Kunstgegenstände und Kuriositäten sind in Zusammenhang mit der auf Eitelkeit hindeutenden Figur im Zentrum als Allegorie des Sehsinns zu verstehen. Tatsächlich galt "der Sehsinn (...) seit der frühen Neuzeit als wichtigstes Organ der Erkenntnis und wurde unter den fünf Sinnen am höchsten bewertet. Gleichzeitig galt er Theologen als Quelle der Verführung durch die sinnlich-materiellen Verlockungen des Lebens. Die in der Kunstkammer ausgebreiteten Sammlungsgegenstände führen die positiven wie negativen Aspekte des Gesichts in ihrer Ambivalenz vor" (Wettengl 2002, S. 385-386). Die wissenschaftlichen Instrumente spielen auf die Leistungen der wissenschaftlichen Erforschung der Welt und deren Entdeckung an, in deren Folge Antwerpen zur Handelsstadt aufstieg und zu jenem Reichtum gelangte, der die Künste und Wissenschaften förderte. Die in der Mitte liegenden Münzen und Muscheln deuten auf Exotik, Erkenntnis aber auch auf Eitelkeiten hin. Sie liegen zwischen einem Stillleben mit Früchten und Austern und dem Gemälde "Christus heilt einen Blinden". Das Stillleben, insbesondere die darin dargestellten Austern, steht dabei für die Verführbarkeit des Menschen durch den Sehsinn und die damit verbundene Oberflächlichkeit seines Daseins. Diese Aussage wird durch den Affen, der zwar mit Brille vor dem Gemälde sitzt, aber dennoch zu keiner höheren Einsicht gelangen wird, nochmals hervorgehoben. Das geistige Sehen und die Rolle der Malerei als Medium der Erkenntnis sind somit das zentrale Thema dieses Kunstkammerbildes, das von Jan van Kessel mit feinstem Pinselstrich umgesetzt wurde und einen hohen ästhetischen Reiz bietet.
Wie sein Onkel, Jan Brueghel d. J., und viele Maler seiner Zeit, knüpft van Kessel mit dem hier angebotenen Gemälde an das malerische Werk Jan Brueghels d. Ä. an. So orientiert sich die Komposition an der "Allegorie des Gesichts" und der "Allegorie des Gehörs" von Jan Brueghel d. Ä. und Peter Paul Rubens aus dem Jahr 1617, heute im Museo del Prado in Madrid (Inv. Nr. 1394 und 1395, siehe Ertz, Klaus: Jan Brueghel d. Ä. (1568-1625), Lingen 1979, S. 332, Kat. Nr. 327 und S. 350, Kat. Nr. 329, Abb. 399 und 420). Noch deutlicher ist der Vergleich zu "Venus und Amor in einem Galerieraum" von Jan Brueghel. d. J., heute im Philadelphia Museum of Art (um 1660, Öl auf Kupfer, 58 x 90 cm, Inv. Nr. 656).
In seinem Gutachten datiert Klaus Ertz das hier angebotene Gemälde zwischen 1650 und 1670, Kurt Wettengl um 1650-60 (siehe Literatur). Stilistisch vergleichbare Kompositionen Jan van Kessels d. Ä. sind etwa die Gegenstücke "Kabinett mit Putten" von 1664 aus dem Palazzo Pitti in Florenz (Inv. 1890 Nr. 1216 und 1199, Öl auf Kupfer, 19 x 25 cm) oder die "Kunstkammer mit Allegorie des Gesichts" aus Antwerpener Privatbesitz, das 1659 datiert ist (siehe Bernt, Walther: Die niederländischen Maler und Zeichner des 17. Jahrhunderts, München 1969, Bd. II, Nr. 658). Die zentrale Figur der Juno oder Venus und des Putto bzw. Amor sowie die antiken Skulpturen vor der Rückwand in unserem Gemälde könnten dabei von Abraham Willemsens (tätig um 1627-1672 in Antwerpen) gemalt worden sein, so die Vermutung im Auktionskatalog von 1991, deren sich Klaus Ertz in seinem Gutachten anschliesst.
CHF 40 000 / 60 000 | (€ 41 240 / 61 860)
Verkauft für CHF 90 500 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr