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Lot 139* - A174 Sammlung italienische Buchmalerei - Freitag, 18. September 2015, 13.30 Uhr

3. MEISTER DER CHORBÜCHER VON SAN DOMENICO IN BOLOGNA (MAESTRO DELLA NATIVITÀ)



Provenienz: - San Domenico, Corale 18 fol.96 (?). - London, Kunsthandel. - Seit ca. 1992 im heutigen Besitz. Bibliographie: - Friedrich G. Zeileis, Più ridon le carte (3.ed.), Rauris 2014, S. 90-91. Weitere zitierte Literatur: - P.V. Alce O. P., P.A. D'Amato, La Biblioteca di San Domenico in Bologna, Florenz 1961, S. 139 ff. - Emanuela D'Agostino, Patrizia Alunni, I corali di San Domenico a Bologna, Bologna 2005. - Gaudenz Freuler, Italian Miniatures from the Twelfth to the Sixteenth Centuries, Milan 2013, S. 228-247. Die drei in eine Zackenfriesrahmung gefassten Tondi sind - durch Palemettenranken getrennt- horizontal angeordnet und bildeten die Bas-de-Page eines, wie die dominikanische Ikonographie erkennen lässt, dominikanischen Chorbuchs. Derartige Ausweitungen des Bildprogramms auf den unteren Bildrand blieb den bedeutende Feiertage betreffenden Chorbuchblättern vorbehalten und finden sich in analoger Art auf verschiedenen Seiten der berühmten Chorbuchserie von San Domenico in Bologna, so beispielsweise im Corale 12 auf fol. 58v., um nur eine der unzähligen Seiten dieses Typus zu erwähnen. Vieles deutet darauf hin, dass das in Rede stehende Fragment tatsächlich aus einem der Bände der berühmten und noch fast vollständig an Ort befindlichen Chorbuchserie von San Domenico in Bologna stammt. Trotzdem wurden die einzelnen Bände während des Säkularisierungsprozesses unter Napoleon erheblich geplündert, weshalb heute viele Seiten fehlen. Seit Alces grundlegender Analyse der San Domenico Serie (Alce 1961) wurden in den letzten Jahren grosse Fortschritte gemacht in der virtuellen Rekonstruktion der einzelnen Chorbücher, wobei zahlreiche in alle bedeutenden Sammlungen der Welt verstreute Seiten aus dieser Serie wieder identifiziert werden konnten (für eine jüngste Übersicht vgl. E D'Agostino P. Alunni 2005, G. Freuler, 2013, S. 228-247). Wenngleich es sich hier bloss um eine Bas-de Page-Illustration handelt und die dazugehörende Hauptportion der Seite verschollen ist, lässt das Bildprogramm eine klare Logik erkennen. Die zentral dargestellte thronende Madonna mit Kind, die sich frontal und repräsentativ an den Bildbetrachter richtet, ist nach dem Vorbild der hieratischen byzantinischen Apsisfresken (z.B. Istanbul, Hagia Sophia) konzipiert. Die Muttergottes präsentiert den segnenden Erlöserknaben und richtet sich mit dem Gestus ihrer rechten Hand sprechend an den Betrachter. Einer der Dominikaner betet sie unterwürfig an, während der andere mit dem Zeigegestus in der Art der Illustrationen der iuristischen Codices mit dem Verweis auf den Text des offenen Buches in seinen Händen offenbar die auf der verlorenen Seitenportion figurierende Szene glossiert. Dieser liest sich (Surge) illuminare, Jerusalem, quia venit lumen tuum ... und betrifft den Anfang des 60 Kapitels des Buches Jesaias (Jesaias 60, 1 ff). Dieser Text gehörte zur Lesung der Messe der Epiphanie und bildete zugleich die Respons der Nokturn eben dieses Festes. Daraus folgt, dass dieses Bruchstück als Bas-de Page zu einer Seite mit der Messe der Epiphanie (6. Januar) gehört haben muss. Die dieses Fest betreffenden Chorbücher der San Domenico Serie sind entweder seit dem 15. Jahrhundert verschollen (Corale 2, ein Antiphonar mit dem Proprio de tempore von Weihnachten bis zur Epiphanie, vgl. Alce 1961) oder bloss fragmentarisch erhalten (Corale 18, ein Graduale mit den Messen vom ersten Adventssonntag bis zum ersten Fastensonntag). Es ist letzteres, das Graduale (Corale 18), das bloss noch eine Seite mit einer grossen historisierten Initiale mit der Geburt Christi (fol.80v) birgt, aus dem unser Fragment vermutlich stammt. Tatsächlich fehlt in diesem Band das die Epiphanie betreffende Blatt (fol. 96), zudem lässt unser Illustrator stilistische Gemeinsamkeiten mit dem Buchmaler der einzigen in Corale 18 noch vorhandenen historisierten Initiale erkennen. Der nach der Geburt Christi dieses Graduales genannte Maestro della Natività oder auch Terzo Maestro di San Domenico genannte Buchmaler zeichnet sich aus durch sich voluminös ausbreitende Figuren, wie sie auch auf die beiden sich fast pyramidenartig auftürmenden heiligen Dominikaner unserer Tondi zutreffen, die wir eben diesem Künstler zuweisen. Sein Stil scheint sich aus der Buchkunst des Seneca Meisters entwickelt zu haben und zeigt auch Anklänge an die Malereien des zweiten Meisters von San Domenico (Maestro del B 18). Damit erhält die vermeintlich untergeordnete Bas-de-Page eine nicht nebensächliche Bedeutung als Glosse der Bedeutung der Epiphanie, als Präsentation und Manifestation des Erlösers an alle Welt. Zudem ist der Nachweis erbracht, dass das hier angebotene Fragment Teil einer der berühmtesten Chorbuch Serien des italienischen 14. Jahrhunderts war, deren Entstehung zwischen 1307 und 1324/26 erfolgt ist.

CHF 8 000 / 12 000 | (€ 8 250 / 12 370)

Verkauft für CHF 9 375 (inkl. Aufgeld)
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