Lot 128* - A174 Sammlung italienische Buchmalerei - Freitag, 18. September 2015, 13.30 Uhr
ANDREA DI BARTOLO
Provenienz: - Siena, San Martino (?). - Seit ca. 1830-40 Edinburgh, Collection of Lord James Dennistoun of Dennistoun (1805-55). - Danach in Familienbesitz und nachfolgend in der Sammlung des Bischofs von Durham Castle Bishop Auckland (Durham). - Seit 1933 Saltwood Castle (Kent), Collection of Lord Kenneth Clark (1903-1983), Lord of Saltwood Castle. - London Sotheby's 1984, 3.Juli, lot 91. - 1985 New York, H.P. Kraus. - Londoner Kunsthandel. - Seit ca.1990 im heutigen Besitz. Bibliographie: - Gaudenz Freuler, Manifestatori dell cose mircolose. Arte Italiana del 300 e del 400 da collezioni in Svizzera e Liechtenstein (Ausstellungskatalog Lugano, Fondazione Thyssen) Einsiedeln 1991, S. 84. - Ders., in: Ada Labriola, Cristina De Benedictis, Gaudenz Freuler, La miniatura senese.1270-1420, Milan 2002, S. 188-197. - Ders., Studi recenti sulla miniatura medievale: Emilia, Veneto, Toscana. Appunti su una mostra americana (parte II), in: Arte Cristiana XCII, 2004, S. 157- 170. - Ders., Ancora sulla miniatura senese dei secoli XIII-XV. Postille ad un libro (parte I), in: Arte Cristiana, XCVII 2009, pp. 279-289, 232-233. - Gaudenz Freuler, in: L' Arte di Francesco. Capolavori d'Arte Italiana e Terre d'Asia dal XII al XV secolo (Ausstellungskatalog, Florenz, Galleria dell'Accademia, 31.3-11.Okt.2015), Florenz 2015, S. 226-233. Vorliegendes Blattfragment aus der berühmten ehemaligen Sammlung Dennistoun, das in lebhafter Erzählfreude die Almosenvergabe des jungen Laurentius im Kerker des Hyppolitus schildert, konnte unlängst als Werk des sienesischen Malers Andrea di Bartolo identifiziert werden, der seit dem letzten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts auch als führender Buchmaler nachzuweisen ist (Freuler, 2002). Seine Bildminiatur besticht durch einen ornamentalen Reichtum der bunten Initialen und Bordüren und eine feinste Zeichnung der feingliedrigen, auf dem Typenrepertoire seines Vaters Bartolo di Fredi fussenden Figuren. Inspirationsquelle für dieses Bild war denn auch Andrea di Bartolos Vater, Bartolo di Fredi, von dem sich in der Pinacoteca Nazionale in Siena eine ähnlich konzipierte Darstellung von Laurentius im Kerker des Hyppolitus erhalten hat, die nun aber den Akzent auf die Taufe des Lucillus setzt. In einer erst vor einigen Jahren erschienenen Studie konnte Schreibender seine Studien zur Buchkunst Andrea di Bartolos verfeinern und vorliegendes Fragment als Element von sechs weiteren (meist aus der Sammlung Dennistoun stammenden) zusammenhängenden Fragmenten in europäischen und amerikanischen Museen und in Schweizer Privatbesitz (Abb.1) erfassen und als Teile einer aufgebrochenen Antiphonarserie für die Augustiner Kanoniker von San Martino in Siena identifizieren (Freuler 2009, S. 328-332). Zur Zeit der Entstehung dieser Miniaturen, die vermutlich in die ersten Jahre des 15. Jahrhundert fällt, stand Andrea di Bartolo als Buchmaler im Zenit seines Könnens, weshalb er, wie ich jüngst detailliert dargestellt habe (Freuler 2015, S. 326-333), über Verbindungen seines Stifter- und Gönnerkreises in Siena und Venedig den bedeutenden Auftrag des englischen Königshauses von Henry IV für sich gewinnen konnte, ca. 1401-1404 für die franziskanische Custodia des Heiligen Landes eine vielbändige Antiphonarserie zu illuminieren, die noch heute im Museum des Studium Biblicum Franciscanum (Mss. 5-7) aufbewahrt wird. Vorliegende, höchst raffinert gemalte Bildminiatur dürfte wohl im gleichen Zeitraum oder nur unwesentlich früher illuminiert worden sein als die Chorbücher für Henry IV und offenbart den Illustrator als führenden Buchmaler Sienas zur Wende zum 15. Jahrhundert.
CHF 18 000 / 25 000 | (€ 18 560 / 25 770)
Verkauft für CHF 36 500 (inkl. Aufgeld)
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