Lot 110* - A174 Sammlung italienische Buchmalerei - Freitag, 18. September 2015, 13.30 Uhr
MAESTRO DEI CORALI DI ASSISI, 13. JH.
Provenienz: - London Sam Fogg. - Danach in heutigem Besitz. Bibliographie: - Friedrich G. Zeileis, Più ridon le carte (3.ed.), Rauris 2014, S. 272. Zitierte Literatur: - Ada Labriola in: Miklòs Boskovits (Hrsg) Miniature a Brera 1100-1422, Mailand 1997, S. 108. - Milvia Bollati, in: Frate Francesco. Tracce, parole, immagini, Mailand 2014, S. 122-127. Aufgrund ihrer speziellen Ikonographie, die im unteren Binnenfeld der Initiale zwei bleckende Wölfe über ebenso vielen Schafen zeigt, dürfte die Initiale E mit dem segnenden Christus, der von zwei Aposteln angebetet wird, die Respons der ersten Nokturn des Commune der Apostel eingeleitet haben: Ecce ego mitto vos sicut oves in medio luporum... . Diese Ikonographie findet sich in der umbrischen Buchmalerei auf einer etwas früheren Initiale E des Primo Maestro dei Corali di San Pietro di Gubbio (London Christie's, 8. Juli 2015, Lot Nr. 9) vorgebildet. Damit steht die tiefe Verankerung dieser Bildinitiale in der umbrischen Buchkunst des ausgehenden 13. Jahrhunderts fest. Der Künstler zeichnet sich durch eine intelligente Interpretation der Kunst Cimabues, des ersten florentinischen Protagonisten der Wandmalereien in San Francesco in Assisi, aus. Seine Malkultur ist raffiniert, seine in dominaten Blautönen gehaltenen Miniaturen geben ein leichtes, luftiges Erscheinungsbild ab und gehören zum Besten, was die umbrische Buchmalerei kurz vor 1300 zu bieten hatte. Die vorliegende Bildinitiale gehört zu einer mittlerweile konsistenten Serie, die sich auf verschiedene Sammlungen verteilt. Sie schliesst vier Bildinitialen des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg (40-1-4), eine weitere Bildinitiale E der Sammlung Frascione in Florenz (Abb. 2, Ada Labriola, 1997), einen thronenden Christus in einem weiteren Buchstaben E in der Alana Collection in New York (Abb. 3), und weitere Initialen (vgl. Labriola 1997, Milvia Bollati 2014) ein. Der unbekannte raffinierte Buchmaler lässt, wie die bisherige Literatur mit Recht erkannt hat, Anklänge an die römische Buchkunst im späten 13 Jahrhundert (z. B. Paris Bibliothèque Nationale, ms fr.9082) und an den nach einem aus Deruta stammenden "Missale" benannten Buchmaler, den Meister von Deruta, erkennen. Die hier in Rede stehende Bildinitialen-Folge, einschliesslich die hier angebotene Initiale, stammt aus einem aufgebrochenen Chorbuch, das vermutlich jenes noch immer im Franziskanerkonvent befindliche, wohl etwas frühere, vom selben Meister illuminierte Antiphonar (Assisi, Biblioteca del Sacro Convento di San Francesco, ms 1, Abb.1) komplettierte. Bloss eine kodikologische Analyse mag Aufschluss geben über die Abfolge der einzelnen Bildinitialen innerhalb der Serie.
CHF 14 000 / 18 000 | (€ 14 430 / 18 560)
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